Hamburg. Reisebüros: Es gibt keine Verunsicherung bei Türkei-Touristen. Firmen geben sich gelassen. Was Urlauber wissen müssen.
Hamburger ziehen trotz der Verhaftung des Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner bisher offenbar keine Konsequenzen für ihre Türkei-Reisen. Einen Stornierungswunsch hat es in den vergangenen Tagen bei keinem vom Abendblatt befragten Reisebüro gegeben. Beim Last-Minute-Veranstalter L’Tur am Gänsemarkt habe sich eine Familie gemeldet und gefragt, ob die Lage noch sicher sei, so Filialleiter Oliver Zeh. Nach einem Gespräch mit den Mitarbeitern wollte sie ihren Flug antreten. Viele Hamburger schlössen von vornherein die Türkei aus politischen Gründen aus. Das gehe seit vielen Monaten so. Wenn die Reise erst gebucht sei, spielten politisch motivierte Aktionen von Regierungen keine große Rolle mehr, sagt Zeh.
Tourismus wichtiger wirtschaftlicher Faktor
Anders sei das bei Terroranschlägen. Dann käme häufiger die Frage nach Stornierungsmöglichkeiten. So hatte nach der Messerattacke in Hurghada am vergangenen Freitag ein L`Tur-Kunde gefragt, ob er den Ägypten-Trip kostenfrei absagen könnte. Das ging nicht, weil die Reiseveranstalter es nicht anboten. Das gilt derzeit auch für die Türkei. Da das Auswärtige Amt keine Reisewarnung gegeben habe, sondern nur seine Sicherheitshinweise angepasst habe, finden die Urlaube wie gebucht statt, teilte der Deutsche Reiseverband mit. Somit würde bei einem Reiserücktritt die Storno- und Umbuchungsgebühren anfallen.
Das bedeuten die verschärften Reisehinweise
Beim Reisebüro Sydow in Altona gab es wegen Hurghada zwei Anfragen. Auch Inhaber Klaus-Peter Sydow sagt, dass Anschläge der entscheidende Faktor seien. Viele Urlauber mieden die Türkei ohnehin aus politischen Motiven. Wenn sich die Aussagen von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) herumgesprochen haben, erwartet er aber noch einen erhöhten Informationsbedarf seiner Kunden: „Da werden in den nächsten Tagen Nachfragen kommen.“ Beim First Reisebüro an der Dammtorstraße gab es bisher wegen der Türkei weder Nachfragen noch Stornierungswünsche.
Unisono sagen alle Reisebüros, dass Buchungen in die Türkei nach 2015 eingebrochen sind. Für das Land ein harter Schlag, denn der Tourismus steuert 13 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei.
Zwölftwichtigster Handelspartner
Für Hamburg ist der Staat der zwölftwichtigste Handelspartner. Der Außenhandel habe „sich in der Vergangenheit sehr dynamisch entwickelt“, sagt Jörn Arfs von der Handelskammer. Rund 560 Firmen unterhalten Geschäftsbeziehungen dorthin. Ein Großteil der Firmen ist im Export tätig und lieferte 2015 Waren für knapp eine Milliarde Euro. Flugzeuge machen fast 80 Prozent aus, dann folgen Maschinen. Die Einfuhren, vor allem Bekleidung und Nahrungsmittel, fielen etwas höher aus, so dass das Hamburgs Außenhandelsvolumen mit dem Land bei rund zwei Milliarden Euro liegt.
Wie sich die jüngsten Ereignisse entwickelten, ist unklar. Zu erwarten ist ein Rückgang, weil sich 2016 zu 2015 die Hermes-Bürgschaften für die Türkei halbierten. Sie sollen für die Unternehmen Zahlungsausfälle absichern und werden vom Bund gewährt. Gabriel stellt sie auf den Prüfstand. Die Hamburger Unternehmen Aurubis, Beiersdorf und Jungheinrich teilten auf Anfrage mit, dass sie von einem Ende dieser Bürgschaften nicht betroffen wären.