Zwei Redakteurinnen befragten den FDP-Chef zum Thema „Hass“. Der Vizekanzler antwortete zwar, autorisierte das Interview dann aber nicht.
Berlin. Philipp Rösler führte mit zwei taz-Redakteurinnen ein einstündiges Interview. Soweit nichts Ungewöhnliches. Anschließend gab der Vizekanzler das Interview allerdings nicht zur Veröffentlichung frei. Darauf reagiert die taz jetzt: Sie druckt das Interview trotzdem – allerdings ohne die Antworten. Im hauseigenen Blog der taz äußert sich Chefredakteurin Ines Pohl zum Verhalten der FDP folgendermaßen: „Das ist ein grober Bruch der gängigen Spielregeln.“
Dass Interviews zur Autorisierung noch einmal vorgelegt werden, ist in vielen Redaktionen gängige Praxis. Eigentlich solle eine Autorisierung aber lediglich sicherstellen, dass Antworten sachlich richtig und nicht missverständlich wiedergegeben werden, so Pohl. Es sollten im Nachhinein jedoch nicht unliebsame Antworten gestrichen werden.
Es ist nicht das erste Mal, dass die taz bei Problemen mit der Autorisierung von Interviews mit Politikern an die Öffentlichkeit geht. Vor Zehn Jahren war es ein Interview mit dem jetzigen Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz, damals noch SPD-Generalsekretär. Nach Auffassung der taz habe die SPD damals zu viele Passagen aus den Antworten gestrichen. Damals wurde das komplette Interview abgedruckt – allerdings mit geschwärzten Antworten, die einen großen Teil des Interviews einnahmen. Für die Ausgabe am Dienstag wird die taz vermutlich nur die gestellten Fragen sowie Platzhalter (“...“) und Satzzeichen der Antworten abdrucken. So jedenfalls wird das Interview im Blog der taz vorempfunden. Er wird darin gefragt, ob und warum er gehasst wird und ob seine asiatischen Wurzeln dabei eine Rolle spielen. In dem Blog heißt es, dass Rösler während des Interviews die Fragen beantwortet habe. Später hieß es dann jedoch, dass er sein asiatisches Äußeres im Wahlkampf nicht zum Thema machen wolle. Das Interview gehört zu einer Serie der taz, in der bestimmte Themen mit Spitzenpolitikern besprochen werden. Bei Rösler war dies das Thema „Hass“.
Das Abendblatt hatte im Juni eine ähnliche Situation: Bei einem Konzert in der Laeiszhalle sollten die Fotografen in der Konzertpause ihre Bilder zur Auswahl vorlegen. Doch statt der vom Management ausgesuchten Bilder druckte das Abendblatt einen weißen Kasten und löste damit eine bundesweite Mediendebatte aus.