Kuwait ruft seine Bürger zum Verlassen des Landes auf. Aus Hamburg starten weiter Maschinen in die Urlaubsregionen am Roten Meer. In Kairo spitzt sich die Lage um Präsident Mursi dramatisch zu.
Hamburg. Für die Passagiere des Condor-Fluges DE 4084, die morgen um 11.35 Uhr vom Hamburger Flughafen nach Hurghada abheben, wird es eine Reise ins Ungewisse. Denn auch wenn der Badeort am Roten Meer weitab von Kairo oder Alexandria liegt, werden sie doch in ein anderes Ägypten reisen. Das Land ist in Aufruhr, Präsident Mohammed Mursi könnte durch einen Militärputsch gestürzt werden. Und die Proteste der Opposition werden immer heftiger. Bei Auseinandersetzungen an der Universität Kairo kamen in der Nacht zu Mittwoch vermutlich 16 Menschen ums Leben, über 200 sollen verletzt worden sein.
Und Mursi hielt währenddessen eine kämpferische Fernsehansprache. Tenor: Ich trete nicht zurück, einen Machtwechsel gibt es nur über meine Leiche. Er werde unter Einsatz seines Lebens „weiterhin die Verantwortung“ für das Land übernehmen. „Das Volk hat mich in freien und gleichen Wahlen gewählt“, sagte Mursi im Staatsfernsehen. Die Verfassungsmäßigkeit seines Amtes sei „die einzige Garantie, um ein Blutvergießen zu verhindern“. In einem Beitrag in dem Internetportal Twitter hatte die ägyptische Präsidentschaft das Militär aufgefordert, das an ihn gerichtete Ultimatum zur Konfliktlösung zurückzunehmen. Mursi weise jeden Versuch zurück, sich über die Legitimität seines Amtes hinwegzusetzen, hieß es. Der Staatschef fordere daher „die Streitkräfte dazu auf, ihre Warnung zurückzuziehen“.
Die Armee kündigte in der Nacht über das soziale Netzwerk Facebook an, sie kämpfe gegen die, die das Volk verängstigten. Sie werde Terroristen und Extremisten bekämpfen. Damit kann auch Mursi gemeint sein.
Besorgniserregend auch für deutsche Touristen: Angesichts der Unruhen hat die Regierung des Golfemirats Kuwait ihre Bürger zum Verlassen des Landes aufgerufen. Alle kuwaitischen Staatsangehörigen sollten „so schnell wie möglich“ aus Ägypten ausreisen, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Kuna am Mittwoch. Geplante Reisen in das Land sollten wegen der „instabilen Lage“ verschoben werden. Kuwait ist damit der erste arabische Staat, der vor Reisen nach Ägypten warnt.
Der Ölpreis hat am Mittwoch deutlich zugelegt. Händler nannten die Furcht vor einer Eskalation der Krise in Ägypten als Grund. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im August kostete am Morgen 105,08 US-Dollar. Das waren 1,08 Dollar mehr als am Dienstag.
Der katarische Nachrichtensender al-Dschasira berichtete am Mittwochmorgen unter Berufung auf das Gesundheitsministerium in Kairo sogar von 22 Toten. Die großen Demonstrationen der Anhänger Mursis in Nasr City und seiner Gegner auf den Tahrir-Platz in Kairo bleiben weitgehend friedlich. Die Armeeführung hatte Mursi und seinen Gegnern bis Mittwochnachmittag Zeit gegeben, einen Kompromiss zu schließen. Ansonsten wolle sie einen eigenen Plan für die Zukunft Ägyptens vorlegen und entsprechende Maßnahmen einleiten. Die Muslimbrüder, denen auch Mursi bis zu seiner Wahl angehörte, hatten bereits angekündigt, sich gegen eine Entmachtung des Präsidenten zu wehren.
Mursi machte die Korruption und „Überbleibsel des alten Regimes“ von Langzeitherrscher Husni Mubarak für die Missstände im Land verantwortlich. Diese würden den Zorn der ägyptischen Jugend für ihre Ziele missbrauchen. „Diese alte kriminelle Gruppe will keine Demokratie“, warnte Mursi. Sie wolle nur „Chaos und Gewalt säen“.