Ein Ranghoher Extremistenführer wurde bei Luftangriffen getötet. Palästinenser melden 96 Tote. Erdogan nennt Israel „terroristischen Staat“.
Gaza. Mit der Ausweitung der israelischen Luftoffensive auf dicht besiedelte Gebiete im Gazastreifen droht der Konflikt dramatisch zu eskalieren. Bis Montag wurden 96 Tote gemeldet, darunter 50 Opfer aus der Zivilbevölkerung sowie rund 720 Verletzte. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete Israel als „terroristischen Staat“, Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich besorgt über die jüngste Entwicklung in Nahost. Außenminister Guido Westerwelle reiste nach Israel, um vor Ort zu vermitteln. Er und seine EU-Kollegen drängten Israelis und Palästinenser in einer gemeinsamen Erklärung zur Waffenruhe.
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Die scheint jedoch noch in weiter Ferne. Die Hamas und Israel hätten ihre jeweils eigenen Bedingungen für einen Waffenstillstand vorgelegt, sagte ein ranghoher ägyptischer Regierungsvertreter. Unter Vermittlung Kairos und mit Hilfe der Türkei und Katars wurden am Wochenende indirekte Gespräche in Gang gebracht. Beide Konfliktparteien würden jedoch Garantien verlangen, mit denen ein langfristiges Ende der Auseinandersetzungen erreicht werden solle, sagte der ägyptische Gewährsmann weiter. Ins Detail ging er nicht.
Die Gewalt ging derweil mit unverminderter Härte weiter. Die Extremistengruppe Islamischer Dschihad meldete am Montag den Tod eines ranghohen Anführers. Rames Harb wurde demnach bei einem israelischen Luftangriff auf ein Gebäude getötet worden, in dem etliche örtliche und ausländische Medien untergebracht sind, darunter der Hamas-eigene TV-Sender Al Aksa. Ein Mensch sei bei dem Angriff getötet und mehrere weitere verwundet worden, berichteten Rettungskräfte. Schwarzer Rauch stieg aus dem Hochhaus in Gaza aus. Es war der zweite Luftangriff auf das Gebäude innerhalb von zwei Tagen.
In der Nacht auf Montag wurden auch Angriffe auf zwei Häuser in Gaza geflogen, bei denen nach palästinensischen Angaben zwei Kinder und zwei Erwachsene getötet und 42 Menschen verletzt wurden. Die dort lebende Großfamilie wies Beziehungen zur Hamas zurück.
Israelische Kampfflugzeuge hätten am Montag auch die Reste einer ehemaligen Anlage der nationalen Sicherheitsbehörden in Gaza bombardiert, sagte ein palästinensischer Sprecher. Dabei sei ein Kind von herumfliegenden Granatsplittern tödlich verletzt worden.
Kritik an Israel nach letzter Offensive
Mit seinen Luftangriffen will Israel den anhaltenden Raketenbeschuss militanter Palästinenser auf sein Gebiet stoppen. Eine Eskalation des Konflikts und eine israelische Offensive vor vier Jahren kostete Hunderte Palästinenser das Leben und brachte Israel internationale Kritik ein. Auch diesmal gab es harsche Kritik - vor allem aus der Türkei. Bei einem Treffen mit religiösen Führern warf Ministerpräsident Erdogan Israel inhumane Akte gegen die Palästinenser vor und fügte hinzu: „Deshalb ist Israel ein terroristischer Staat.“
Auch die Raketenangriffe auf israelisches Territorium setzten sich fort. Am Montag feuerten Kämpfer der Hamas rund 75 Raketen in Richtung Südisrael. Ein Geschoss traf eine leerstehende Schule. 20 Raketen seien indes vom israelischen Abwehrschild abgefangen worden, sagte Polizeisprecher Micky Rosenfeld. Drei Israelis kamen bislang ums Leben, Dutzende wurden verletzt.
Westerwelle appelliert an Ägypten
Die internationalen Rufe nach einem Schweigen der Waffen werden lauter. Die EU-Außenminister drängten am Montag zu einer umgehenden Waffenruhe. „Wir rufen zu einem sofortigen Waffenstillstand auf, in beide Richtungen, sie müssen die Gewalt stoppen“, sagte Schwedens Chef-Diplomat Carl Bildt zum Auftakt der Beratungen mit seinen EU-Amtskollegen in Brüssel. Inzwischen sei „der zweite Gaza-Krieg in wenigen Jahren“ im Gange, sagte er. Es werde „immer dringender, dass wir einen Friedensprozess auf den Weg bringen, der seinen Namen verdient“.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sieht den Schlüssel zur Beendigung der Kämpfe vor allem in Händen der militanten Israel-Gegner im Gazastreifen. „Die wichtigste Voraussetzung für einen Waffenstillstand ist ein Ende der Raketenangriffe von Gaza in Richtung Südisrael“, sagte er zu Beginn des Treffens in Brüssel. Die ägyptische Staatsführung unter Präsident Mohammed Mursi forderte er auf, ihre Einflussmöglichkeiten auf die Hamas zu nutzen. Im Anschluss an das Treffen brach er zu einer Reise nach Israel und in die Palästinensergebiete auf, um dort zu vermitteln. Für den Montagabend war nach Angaben von Außenamtssprecher Andreas Peschke ein Gespräch mit Westerwelles Kollegen Avigdor Lieberman geplant, am Dienstag wollte sich Westerwelle unter anderem mit dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu und dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas treffen. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu wurde gemeinsam mit einer Delegation arabischer Außenminister am Dienstag in Gaza erwartet.
Hamas gibt sich unnachgiebig
Die Hamas gibt sich allerdings weiter unnachgiebig. „Wir akzeptieren Israels Bedingungen nicht, weil es der Aggressor ist“, erklärte Hamas-Chef Chaled Maschaal vor Reportern. „Wir wollen einen Waffenstillstand, der unsere Bedingungen erfüllt.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die jüngste Entwicklung mit großer Sorge. Jedes Blutvergießen und jede Eskalation der Gewalt machten die Lage noch instabiler und gefährlicher, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Ursächlich für die aktuelle Eskalation sei der fortwährende Beschuss von Raketen aus dem Gazastreifen. „Dieser Beschuss durch Raketen ist durch nichts, auch durch die schwierige Lage im Gazastreifen zu rechtfertigen“, betonte Seibert. Israel habe „die Pflicht und das Recht“, seine Bevölkerung „mit angemessenen Maßnahmen“ vor dem Beschuss zu schützen.