Türkischer Premier Erdogan wirbt um Unterstützung für die Palästinenser
Berlin/Tel Aviv. Charlotte Knobloch wählt starke Worte. Sie ist enttäuscht, sie mahnt. "Israel verteidigt als einzige Demokratie in der Region unsere gemeinsamen Werte und hat wie jeder souveräne Staat das Recht auf Selbstverteidigung", sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Es sei "bedauerlich, wie wenig Verständnis in weiten Teilen der Bevölkerung und der Medien für die einzigartige geopolitische Situation Israels herrscht".
Im Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis hat die radikalislamische Hamas am Freitag Jerusalem und Tel Aviv mit Raketen beschossen. Die israelischen Streitkräfte griffen Stellungen der Hamas aus der Luft an. Wenige Wochen vor einer Parlamentswahl in Israel wird eine Bodenoffensive nicht mehr ausgeschlossen. Beide Seiten beschuldigten sich gegenseitig, die für den Besuch des ägyptischen Regierungschefs Hischam Kandil im Gazastreifen vereinbarte Waffenruhe gebrochen zu haben.
Knobloch verlangte, die internationale Staatengemeinschaft müsse "endlich entschlossen und wirkungsvoll gegen die Hamas und den Iran vorgehen, wenn Frieden im Nahen Osten eine Chance haben soll". Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte Verständnis für die militärische Reaktion Israels auf die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen. Hamas sei eine Terrororganisation, "die mit durch nichts zu rechtfertigenden Angriffen diese Eskalation bewirkt hat", sagte er. Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton forderte die Hamas zum Stopp des Beschusses auf. "Israel hat das Recht, seine Bevölkerung vor solchen Angriffen zu beschützen", sagte Ashton am Freitag in Brüssel.
Doch es gibt auf internationaler Bühne auch scharfe Kritik und Drohungen an Israel. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will angesichts der Eskalation im Nahen Osten um mehr internationale Unterstützung für die Palästinenser werben. Die Türkei stehe an der Seite des Volkes in Gaza, zitierte die türkische Nachrichtenagentur Anadolu den Regierungschef. Erdogan wolle in der Sache noch am Freitag mit US-Präsident Barack Obama telefonieren. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu bezeichnete das Vorgehen Israels als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
Die Eskalation gab dem Ölpreis Auftrieb. Ein Fass der europäischen Sorte Brent wurde um 0,8 Prozent höher bei knapp 109 Dollar gehandelt. "Das Wochenende wird einige Risiken für die Ölmärkte mit sich bringen", sagte Olivier Jakob von Petromatrix GmbH im schweizerischen Zug. "Wenn Ägypten die Hamas nicht davon abhalten kann, Raketen abzufeuern, dann wird der Konflikt definitiv eskalieren. Dabei steht ein großes Fragezeichen hinter der Reaktion der neuen Regierung Ägyptens."