Arbeitnehmer können zum 1. Januar mit einer höheren Entlastung bei den Beiträgen zur Rentenversicherung rechnen als geplant.
Berlin. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können sich ab dem nächsten Jahr auf eine höhere Entlastung bei den Rentenbeiträgen einstellen als bislang geplant. Anstelle der bisher angepeilten Reduzierung um 0,6 Prozentpunkte auf 19 Prozent des Bruttolohns laufe es nun auf eine Absenkung des Beitragssatzes auf 18,9 Prozent zu, sagte der Sprecher des Bundesarbeitsministeriums, Jens Flosdorff, am Freitag in Berlin. Dies ergebe sich aus aktuellen Berechnungen des Schätzerkreises der Rentenversicherung.
Der Sprecher von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen verwies darauf, dass sich die Daten zur Finanzlage der Rentenversicherung im Vergleich zum Sommer positiv entwickelt hätten. Zudem hätten die neuen Annahmen der Bundesregierung zur Wirtschaftsentwicklung zu dieser Einschätzung beigetragen.
Von der Absenkung um 0,7 Prozentpunkte profitieren Unternehmen und Beschäftigte je zur Hälfte. Laut Flosdorff entspricht die Entlastung für beide Seiten jeweils rund drei Milliarden Euro.
Die Rentenkassen sind gut gefüllt, weil die Einnahmen dank der guten Arbeitsmarktlage stärker als erwartet sprudeln. Nach geltendem Recht muss der Beitragssatz gesenkt werden, wenn die Rücklagen das 1,5-Fache einer Monatsausgabe überschreiten. Das sind rund 25 Milliarden Euro. Schätzungen vom Juni waren davon ausgegangen, dass die Nachhaltigkeitsrücklage bis Jahresende auf 28,8 Milliarden anschwillt, was rund 1,66 Monatsausgaben entspricht.
Wollte man auf die Senkung verzichten, müsste das Gesetz geändert werden. Gewerkschaften und Oppositionspolitiker aber auch einzelne Koalitionsabgeordnete treten dafür ein, anstelle niedrigerer Beiträge lieber eine Demografiereserve aufzubauen.
Das Bundeskabinett hat der Beitragssenkung schon zugestimmt. Der neue Umfang kann in dem Beschluss einfach ergänzt werden. Auch der Bundesrat hat trotz weit verbreiteter Bedenken grünes Licht gegeben.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte, die Senkung des Rentenbeitrags werde wie ein Bumerang als drastische Beitragserhöhung zurückkommen. Wenn die schwarz-gelbe Koalition die Arbeitnehmer ernsthaft entlasten und wirksam gegen Altersarmut vorgehen wolle, müsse sie die Praxisgebühr abschaffen und auf die Beitragssenkung in der Rentenversicherung verzichten, forderte Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Eine Senkung des Satzes in der geplanten Größenordnung trage „autistische Züge“ und widerspreche den demografischen Herausforderungen.
Wie der DGB betonte auch der Sozialverband VdK, die Reserven der Rentenkasse würden dringend gebraucht, um Altersarmut zu bekämpfen. „Es ist ein völlig falsches Signal, bei ständig sinkenden Renten und drohender Altersarmut durch eine Absenkung des Beitragssatzes die bestehenden Rücklagen bis auf die Mindestrücklage aufzulösen“, monierte Präsidentin Ulrike Mascher. Die Volkssolidarität forderte, die bis zum Jahr 2030 geplante Absenkung des Rentenniveaus von 51 Prozent auf 43 Prozent müsse gestoppt werden.