Am Nachmittag hat die Bürgerschaft die Kürzung des Weihnachtsgeldes beschlossen. Tausende Betroffene demonstrieren vor dem Rathaus.
Die Hamburgische Bürgerschaft hat Kürzungen bei den jährlichen Sonderzahlungen an Beamte, dem sogenannten Weihnachtsgeld, gebilligt. Mit der Stimmenmehrheit der SPD wurde das Gesetz über die jährliche Sonderzahlung und die Besoldungs- und Versorgungsanpassung 2011/2012 für Beamte endgültig beschlossen.
Die Neuregelung sieht unter anderem einen jährlichen Festbetrag von 1.000 Euro für aktiv Beschäftigte vor. Kinder erhalten einen zusätzlichen Betrag von 300 Euro und Versorgungsempfänger bis zur Besoldungsgruppe A12 500 Euro. „Damit verlieren die Beschäftigten in den unteren Gruppen relativ wenig, die in den höheren Gruppen verlieren mehr“, erklärte Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD).
Im Vorfeld verteidigte die SPD-Fraktion die Einschnitte. Vor dem Hintergrund der schwierigen Haushaltslage sei eine vollständige Rücknahme der vom schwarz-grünen Vorgängersenat beschlossenen Kürzungen nicht finanzierbar gewesen, sagte der Fachsprecher für Öffentliche Unternehmen, Thomas Völsch.
Entwurf gingen Gespräche mit Gewerkschaften voraus
Die Eckpunkte des Gesetzes Entwurfs seien nicht beliebig festgelegt worden, sondern nach ausführlichen Gesprächen mit Gewerkschaften, sagte Senator Tschentscher. Eine Konsequenz daraus sei die Übernahme der Angestellten-Tarifabschlüsse in die Beamtenbesoldung gewesen.
Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Dora Heyenn, kritisierte indes, dass nur eine einzige Berufsgruppe die Haushaltslöcher stopfen müsse. Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Robert Bläsing, nannte das Gesetz willkürlich. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Beamten des höheren Dienstes in der sogenannten B-Besoldung das Weihnachtsgeld komplett gestrichen werden soll, während die Besoldungsgruppen der vergleichbaren Professoren- und Richterbesoldung weiter 1.000 Euro erhalten.
Gegen das Gesetz hatten am Mittwoch nach Polizeiangaben etwa 4.000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes demonstriert. Die Gewerkschaft ver.di hatte zu der Kundgebung aufgerufen. Sie wirft dem SPD-geführten Senat vor, das Beamtenrecht „zum Zwecke der Haushaltskonsolidierung zu missbrauchen“.
Opposition kritisiert Informationsgebaren des SPD-Senats
Parallel hat die Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft der SPD-Alleinregierung Intransparenz und Geheimniskrämerei vorgeworfen. Der Senat beantworte Anfragen ausweichend, widerwillig oder gar nicht, kritisierte der FDP-Datenschutzexperte Finn-Ole Ritter am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde. Ähnlich äußerten sich Vertreter von CDU, GAL und Linken nach knapp acht Monaten SPD-Regierung. Die SPD-Fraktion verwahrte sich gegen die Vorwürfe, verwies als Zeichen der Transparenz auf die Wiedereinsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Elbphilharmonie. Der kritisierte Senat um Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) äußerte sich in der Debatte nicht.
Sie habe bei der Beantwortung kleiner Anfragen selten eine derartige Missachtung durch die Regierung erlebt, sagte die datenschutzpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Viviane Spethmann. Es sei auch einmalig, wie in den Ausschüssen gemauert werde. „Das hat System bei Ihnen.“ Der netzpolitische Sprecher der GAL-Fraktion Farid Müller verwies wie auch die CDU gleich auf mehrere Anfragen seiner Fraktion, welche vom SPD-Senat ungenau, falsch oder sogar gar nicht beantwortet worden seien. Bei der GAL sei es dabei unter anderem um die Elbvertiefung, den Containerverkehr im Hafen, die Schlickdeponie oder die Hilfen zur Erziehung gegangen. Die CDU reklamierte Anfragen zur Finanzplanung, zum Strafvollzug oder zu Hamburg Energie.
Müller und die Linken-Datenschutzexpertin Christiane Schneider zeigten sich erfreut über eine Initiative für mehr Transparenz der Regierungsbehörden und der Verwaltung durch den Verein „Mehr Demokratie“, Transparency International und den Chaos Computer Club. Das vor zweieinhalb Jahren in Kraft getretene Informationsfreiheitsgesetz sei als Fortschritt zu bewerten, sagte Schneider. Doch es reiche nicht aus, da sich Verwaltungen gerne durch Floskeln und Informationsblockaden aus der Affäre zu ziehen versuchten. Die Mentalität des Amtsgeheimnisses in deutschen Amtstuben sei immer noch nicht gebrochen. „Das gilt gerade für Informationen, die Licht in dunkle Vorgänge bringen sollen, also für unbequeme Informationen“, sagte Schneider.
Der Rechtsexperte der SPD-Fraktion, Urs Tabbert, forderte vor weiteren Debatten über Gesetzesänderungen erst eine Prüfung des bestehenden Informationsfreiheitsgesetzes. Sein netzpolitischer Sprecherkollege Hansjörg Schmidt (SPD) wies darauf hin, dass Hamburg unter dem Stichwort „Open Data“ bereits in Bund-Länder-Arbeitsgruppen an einem Eckpunktepapier arbeite. Dabei gehe es darum, dass die Verwaltung von sich aus Informationen der Öffentlichkeit zugänglich macht. Die CDU-Abgeordnete Spethmann warnte dabei jedoch vor zu viel Transparenz: „Privatpersonen oder – unternehmen, die Verträge mit der Stadt Hamburg eingehen, müssen sich auf ihr Betriebsgeheimnis berufen können, um zu verhindern, dass brisante Informationen an die Öffentlichkeit gelangen.“ Gleiches gelte für die Stadt selbst.