Harald Range könnte Monika Harms folgen. Generalbundesanwältin aus Hamburg geht in den Ruhestand. Ihre Nachfolge war umstritten.
Karlsruhe/Hamburg. Nach der gescheiterten Berufung des Stuttgarter Regierungspräsidenten Johannes Schmalzl zum Generalbundesanwalt hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) einem Medienbericht zufolge einen neuen Kandidaten für das Amt. Der bisherige Celler Generalstaatsanwalt Harald Range soll nach dem Willen der Ministerin Chef der obersten deutschen Strafverfolgungsbehörde werden, berichtet die „Financial Times Deutschland“ unter Berufung auf Regierungskreise.
Der 63-jährige Range ist FDP-Mitglied und soll Nachfolger von Generalbundesanwältin Monika Harms werden, die an diesem Freitag in den Ruhestand verabschiedet wird. Die Suche nach einem neuen Kandidaten war nötig geworden, weil die SPD Leutheusser-Schnarrenbergers Favoriten Schmalzl im Bundesrat die Bestätigung verweigert hatte.
Lesen Sie hier ein Porträt von Monika Harms.
65 Jahre ist sie am Donnerstag geworden. Von „alt“ kann man bei Monika Harms kaum sprechen. Die exzellente Hamburger Juristin gilt als einer der klugsten Köpfe im deutschen Rechtswesen. Sie war Staatsanwältin, Richterin und als erste Frau Generalbundesanwältin am Bundesgerichtshof. Nach fünf Jahren im Amt geht Monika Harms nun in den Unruhestand. Die „Generalin“ war eine Nachfolgerin des 1977 ermordeten Siegfried Buback – und auch sie war befasst mit spektakulären Fällen. Ihre Nachfolge ist jedoch noch offen.
Denn nach dem Rückzug des Stuttgarter Regierungspräsidenten und FDP-Mannes Johannes Schmalzl, der nach dem Willen der Bundesregierung neuer Generalbundesanwalt werden sollte, ist der Posten vakant. Ziel von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ist es nun, „schnell“ eine geeignete Persönlichkeit zu finden, wie es am Donnerstag aus dem Ministerium hieß.
Harms wird am Freitag mit einem Festakt in Karlsruhe in den Ruhestand verabschiedet. In der Bundesanwaltschaft wird als einer ihrer Erfolge verbucht, dass es in ihrer Amtszeit keinen Anschlag einer terroristischen Organisation in Deutschland gegeben hat – und alle wichtigen Verfahren gegen Islamisten mit Verurteilungen endeten. Doch machen der Bundesanwaltschaft zugleich Einzeltäter wie der Attentäter vom Frankfurter Flughafen , der durch islamistische Internetpropaganda radikalisiert wurde, zunehmend große Sorgen.
In Harms’ Amtszeit gab es eine Modernisierung der kommunikationstechnischen Vernetzung der Bundesanwaltschaft bei Terror-„Lagen“. Harms wird auch zugute gehalten, beim Steuerstrafrecht, EU-Recht und Völkerstrafrecht die Behörde weiterentwickelt zu haben. Der seit Mai 2011 laufende Prozess gegen zwei mutmaßliche ruandische Kriegsverbrecher ist bundesweit der erste nach dem seit 30. Juni 2002 geltenden Völkerstrafgesetzbuch.
Zudem erhob die Bundesanwaltschaft nach neuen Ermittlungen Anklage gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker wegen Verdachts der Mittäterschaft beim Buback-Attentat von 1977. Harms warnte stets eindringlich davor, einen Schlussstrich unter die Diskussion über den RAF-Terrorismus zu ziehen. „Der Weg zum Versöhnen ist weit“, betonte sie.
Bei ihrem Amtsantritt wurde neben Harms’ „Durchsetzungsfähigkeit“ auch ihre „freundliche Offenheit“ gewürdigt. Die Medien erwarteten nach dem eher zurückhaltenden Behördenleiter Kay Nehm eine größere Präsenz der neuen Generalbundesanwältin in der Öffentlichkeit. Doch nach einigen Interview-Vorstößen zu Beginn ihrer Amtszeit zog sich Harms zunehmend zurück.
Die Chefin war viel unterwegs. Wer dies positiv drehte, sagte dazu: Sie ließ ihre Abteilungsleiter selbstständig arbeiten – flache Hierarchie statt Chef-Attitüde wie zu Kurt Rebmanns Zeiten.
Harms hatte schon als Richterin am BGH mit schwierigen Fällen zu tun. Der frühere DDR-Staatschef Egon Krenz war für den BGH ein „Hintermann“ der Todesschüsse an der deutsch-deutschen Grenze. Harms sagte damals in der Urteilsbegründung: „Eine Grenzsicherung war möglich, ohne dass es zu Toten kommen musste.“ Der BGH bestätigte die Haftstrafe von sechseinhalb Jahren gegen Krenz. Im beinahe endlosen Prozess um den Anschlag auf die Berliner Diskothek La Belle zog sie den Schlussstrich und bestätigte die Urteile gegen drei angeklagte Helfer. Eigentlich, so Harms damals, säßen die Drahtzieher aber in Libyen. (dapd/ryb)