Bereits der zweite FDP-Politiker muss den Doktor-Titel nach einer Plagiatsaffäre an den Nagel hängen. Zuvor war Silvana Koch-Mehrin der Titel zum Verhängnis geworden. Die Arbeiten von zwei weiteren FDP-Politikern werden noch gerpüft.
Bonn/Brüssel. Nach der Europa-Abgeordneten Silvana Koch-Mehrin verliert mit Jorgo Chatzimarkakis ein weiterer prominenter FDP-Politiker seinen Doktortitel. In „zahlreichen Fällen“ seien aus anderen wissenschaftlichen Arbeiten entlehnte Passagen gefunden worden, die nicht als wörtliche Übernahmen gekennzeichnet gewesen seien, teilte die Universität Bonn nach einem Beschluss des philosophischen Fakultätsrates am Mittwoch mit. Mehr als die Hälfte des Textes seiner Dissertation stammten aus fremden Federn.
Neben Koch-Mehrin und Chatzimarkakis müssen noch weitere Liberale um ihren Doktortitel bangen. Die Dissertationen der FDP-Beraterin Margarita Mathiopoulos und des FDP-Bundestagsabgeordneten Bijan Djir-Sarai werden noch geprüft.
Chatzimarkakis, der seit Juli 2004 saarländischer Europa-Abgeordneter ist, hatte sich stets vehement gegen die Vorwürfe gewehrt und sich in seiner Ehre gekränkt gesehen. Die Aberkennung des Doktortitels konnte er in einer Stellungnahme nur bedingt nachzuvollziehen. Über die Aufgabe seines Mandats sprach er nicht. Seine Dissertation sei ein „Grenzfall“ gewesen, sagte der 45-Jährige. Seiner Darstellung zufolge hatte er stets die Quellen genannt, „jedoch ohne Gänsefüßchen“.
Diese Vorgehensweise wurde nun von der Hochschule kritisiert. Chatzimarkakis habe Texte anderer Autoren in seine Doktorarbeit eingefügt, deren Anfang und Ende jedoch nicht durch Anführungszeichen gekennzeichnet. Lediglich am Ende der Passagen habe er in einer Fußnote die Belegstelle genannt. Dies verletze die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens.
„Eine solche Praxis vermittelt den Eindruck, dass hier Herr Chatzimarkakis spricht, während in Wirklichkeit Texte anderer Autoren reproduziert werden“, sagte der Dekan der Philosophischen Fakultät, Günther Schulz.
Der in Duisburg geborene Chatzimarkakis hatte seine Doktorarbeit unter dem Titel „Informationeller Globalismus. Kooperationsmodell globaler Ordnungspolitik am Beispiel des elektronischen Geschäftsverkehrs“ im Jahr 2000 vorgelegt. Die Philosophische Fakultät der Universität Bonn hatte die Arbeit damals anerkannt.
Nach ersten Plagiatsvorwürfen Mitte Mai hatte er sich selbst an den Dekan der Fakultät gewandt und um eine Überprüfung gebeten. Auslöser waren die Plagiatsfahnder der Internetplattform „VroniPlag“, die bis Mittwoch auf über 70 Prozent der Seiten der Doktorarbeit abgeschriebene Passagen entdeckt haben wollen.
Er bedauere, dass seine damals gewählte Zitierweise heute als unzureichend angesehen werde, sagte Chatzimarkakis. Er wolle nun beweisen, dass er aus Fehlern lernen könne. „Ich bin bereit, eine erneute Doktorarbeit in Angriff zu nehmen.“
In der ARD-Polittalkshow „Anne Will“ hatte er angekündigt, im Falle einer Aberkennung seines Doktortitels nicht von seinem Posten als Europa-Abgeordneter zurücktreten zu wollen. Er begründete dies damit, dass im Gegensatz zu Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) seine Doktorarbeit vor seiner politischen Karriere entstanden sei. Guttenberg war in Folge seiner Plagiatsaffäre zurückgetreten. Die Universität Bonn kündigte nun strengere Richtlinien für Doktoranden an.