Die Sozialistische Partei (PS) erhielt lediglich 29 Prozent der Stimmen. Die Partei der Sozialdemokratie (PSD) von Pedro Coelho gewann.

Lissabon. Der scheidende portugiesische Ministerpräsident José Sócrates ist nach seiner Schlappe bei den vorgezogenen Parlamentswahlen als Führer der Sozialistischen Partei (PS) zurückgetreten. Die Partei müsse einen neuen Zyklus beginnen, erklärte der 53-Jährige am späten Sonntagabend in Lissabon. Er sei für die Niederlage der PS verantwortlich und werde in Zukunft zunächst überhaupt kein politisches Amt übernehmen, fügte er an.

Nach Auszählung von rund 95 Prozent aller Wahlbezirke kam die PS lediglich auf 28,2 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die liberale Partei der Sozialdemokratie (PSD) von Spitzenkandidat Pedro Passos Coelho gewann mit einem vorläufigen Ergebnis von 39,4 Prozent.

Wahlschlappe für Sócrates - Erdrutschsieg der Opposition

Die Bürger des pleitebedrohten Euro-Landes Portugal haben ihren sozialistischen Regierungschef José Sócrates abgewählt und der konservativen Opposition die Macht übertragen. Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im ärmsten Land Westeuropas erhielt die liberale Partei der Sozialdemokratie (PSD) von Spitzenkandidat Pedro Passos Coelho nach vorläufigen amtlichen Ergebnissen knapp 42 Prozent der Stimmen. Nach Auszählung von rund 70 Prozent aller Stimmen musste sich die seit 2005 regierende Sozialistische Partei (PS) von Sócrates mit rund 29 Prozent begnügen.

Zusammen mit dem rechtskonservativen Demokratischen und Sozialen Zentrum (CDS), das auf ein Ergebnis von rund 10,7 Prozent kam, könnte die PSD von Passos Coelho eine starke Regierung mit absoluter Mehrheit der Parlamentssitze bilden. Eine Koalitionsabsprache zwischen beiden Parteien galt zwar unter Beobachtern als möglich, lag jedoch bis Sonntag noch nicht vor.

Vor dem Hintergrund der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Nelkenrevolution und der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1974 waren rund 9,6 Millionen Stimmberechtigte aufgerufen, die bis zu 230 Mandate der Lissabonner Versammlung der Republik neu zu vergeben.

Der Präsident der Europäischen Kommission, der frühere portugiesische Ministerpräsident José Manuel Durão Barroso sagte am Sonntag nach seiner Stimmabgabe in Lissabon, es handele sich um „die wichtigsten Wahlen seit dem Ende der Diktatur“.

Ins Lissabonner Parlament wurden nach den vorliegenden Ergebnissen auch wieder das Bündnis von Kommunisten und Grünen (CDU) mit 6,6 Prozent sowie der Linksblock (BE) mit 4,4 Prozent gewählt. Beide Gruppierungen erlitten allerdings deutliche Verluste.

Die Neuwahlen waren nötig geworden, weil Sócrates im März das Handtuch geworfen hatte. Zuvor hatte seine Minderheitsregierung im Parlament keine Mehrheit für das vierte Sparpaket innerhalb von elf Monaten finden können. Trotz seines Rücktritts war Sócrates als geschäftsführender Regierungschef im Amt geblieben und auch wieder ins Wahlrennen gegangen.

Der 53-Jährige „Sonnyboy“ Sócrates hatte die Sozialisten 2005 zur absoluten Mehrheit und zum besten Wahlergebnis der Geschichte geführt. Nach mehreren Krisen und Korruptionsaffären in seiner ersten Amtszeit hatten die Sozialisten die Parlamentswahlen von September 2009 nur mit 36,5 Prozent der Stimmen gewinnen können.

Staatspräsident Anibal Cavaco Silva muss den neuen Regierungschef nach den Wahlen gemäß Verfassung nach Besprechungen mit allen ins Parlament eingezogenen Parteien bestimmen. Es gilt aber als sicher, dass Passos Coelho neuer Ministerpräsident wird.

Die neue Regierung wird Anfang Juli die Amtsgeschäfte übernehmen. Sie muss dann sofort die mit dem 78 Milliarden Euro schweren Hilfspaket verbundenen Sparauflagen in Gang bringen, die Anfang Mai mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds ausgehandelt wurden.

Die Gewerkschaften, linksgerichtete Parteien und zahlreiche Bürgerbewegungen kündigten für die nächsten Monaten weitere Proteste gegen die Sparpläne an. In einem Land, in dem das Mindestgehalt bei 475 Euro liegt und die Arbeitslosenrate bereits das Rekordniveau von 12,5 Prozent erreicht hat, könne man den Familien keine Opfer mehr abverlangen, warnte Eugenio Fonseca, Präsident von Caritas Portugal. (dpa/abendblatt.de)