Generalsekretärin Nahles: Sarrazin hat sich von Thesen distanziert. Dennoch üben zahlreiche SPD-Politiker Kritik an der Entscheidung.
Berlin. Die einen sprechen von einem taktischen "Deal", andere sehen in der Entscheidung der Schiedskommission eine faires Verfahren. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat die Entscheidung zum Verbleib des umstrittenen Politikers Thilo Sarrazin in der Partei gegen innerparteiliche Kritik nun noch einmal verteidigt. Der frühere Berliner Finanzsenator habe sich vor der Schiedskommission, die über seinen Parteiausschluss entscheiden sollte, von seinen umstrittenen Thesen zur Integration muslimischer Zuwanderer distanziert, sagte Nahles dem Deutschlandfunk. Sarrazin habe in der Sitzung am Gründonnerstag „seine sozialdarwinistischen Äußerungen relativiert, Missverständnisse klargestellt und sich von diskriminierenden Äußerungen distanziert“, sagte sie.
Nahles bestritt, dass taktische Überlegungen bei der Entscheidung über Sarrazins Verbleib in der SPD eine Rolle gespielt hätten. „Es handelt sich auch nicht um einen Deal, um das klar zu sagen, sondern um ein Schiedsverfahren“, das sich an den einschlägigen Rechtsvorschriften orientiert habe, sagte die SPD-Politikerin. Sarrazin habe in der Sitzung eine „weit reichende Erklärung“ abgegeben, die eine Abkehr von seinen zuvor vertretenen Positionen habe erkennen lassen. Es sei „einiges passiert“ in der fünfstündigen Sitzung, sagte Nahles dazu.
Mit seinen distanzierenden Äußerungen habe sich Sarrazin „wieder auf den Boden der Meinungsfreiheit in der Partei begeben“. Zwar mache sich die SPD-Führung Sarrazins Ansichten nicht zu eigen, doch müsse eine demokratische Partei abweichende Meinungen aushalten. Nahles wies zudem darauf hin, dass die rechtlichen Hürden für einen Parteiausschluss hoch seien: „Man kann nicht einfach jemanden rauswerfen, auch wenn er sich noch so kontrovers verhält.“
Die SPD-Spitze hatte am Gründonnerstag überraschend ihren Ausschlussantrg gegen Sarrazin zurückgezogen. Zuvor hatte dieser in einer persönlichen Erklärung versichert, er habe weder Migranten diskriminieren noch sozialdemokratische Grundsätze verletzen wollen. Nahles hatte in dem Ausschlussverfahren die Parteispitze vertreten. Zahlreiche SPD-Politiker hatten Sarrazins Verbleib in der Partei kritisiert. (AFP)