Die Kirche soll die Weihe von verheirateten, bewährten Männern erlauben und damit der „Not“ vieler priesterloser Gemeinden begegnen.
Der Nachwuchs fehlt - woran kann das liegen? Unter der Titel „Wie dem zunehmenden Priestermangel begegnet werden kann“ haben sich acht prominente katholische CDU-Politiker für Änderungen an der Zölibatspraxis ausgesprochen. So solle die Kirche die Weihe von sogenannten viri probati – verheirateten, bewährten Männern – erlauben und damit der „Not“ vieler priesterloser Gemeinden begegnen, heißt es in einem am Freitag in Berlin veröffentlichten Appell.
Unterzeichner sind Bundestagspräsident Norbert Lammert, die früheren Ministerpräsidenten Bernhard Vogel, Erwin Teufel und Dieter Althaus, Bundesbildungsministerin Annette Schavan, Familien-Staatssekretär Hermann Kues, der NRW-Landtagsabgeordnete Thomas Sternberg und Friedrich Kronenberg, früherer Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert den als „Bitte“ formulierten Appell im Wortlaut:
„Wir – ein Kreis politisch engagierter, katholischer Christen, die sich seit mehr als 30 Jahren immer wieder in der öffentlichen Diskussion zu politischen und kirchlichen Grundsatzfragen zu Wort gemeldet haben – halten es für dringend geboten, die deutschen Bischöfe im Lichte der besorgniserregenden Zunahme des Priestermangels zu bitten, die Zulassung von viri probati zur Priesterweihe zu ihrem eigenen Anliegen zu machen und sich dafür in der Gemeinschaft der Bischöfe der Weltkirche und vor allem in Rom mit Nachdruck einzusetzen. Gegebenenfalls sollte auch eine regionale Ausnahmeregelung für Deutschland in Erwägung gezogen werden. Alle, zum Teil durchaus berechtigten Gründe, an der bisherigen traditionsreichen, wenn auch nicht durch ein Gebot Christi unabweisbaren Praxis festzuhalten, wiegen unseres Erachtens nicht so schwer wie die Not vieler priesterloser Gemeinden, in denen die sonntägliche Messfeier nicht mehr möglich ist und die wachsende Gefahr, dass die wenigen, noch zur Verfügung stehenden Priester, denen unsere Achtung und Solidarität gehört, sich in ihrem Bemühen, ständig zunehmender Belastung gerecht zu werden, aufreiben.
Wir erinnern unsere Bischöfe an ihre während der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland, die von 1971 bis 1975 im Dom zu Würzburg tagte, diesbezüglich gegebene Zusage.
Wenn die Kirche „in Zukunft über längere Zeit durch akuten Priestermangel gezwungen sein sollte, die Leitung vieler Gemeinden ... Laien anzuvertrauen“, dann bleibe auf längere Sicht gar nichts anderes übrig, als viele „der Laien, die sich im Gemeindedienst bewährt haben, als viri probati für die Ordination“ zuzulassen. So der heutige Kardinal Kasper vor 40 Jahren in seiner Einleitung zur Beschlussfassung „Pastorale Dienste“ (offizielle Gesamtausgabe, Gemeinsame Synode, Herder, 1976, S. 594).
Wir begrüßen, dass in letzter Zeit einige Bischöfe (Bamberg, Hamburg, Salzburg, Sitten) in mehreren europäischen Ländern öffentlich die Priesterweihe von viri probati zur Diskussion gestellt haben. Auch unter den Dogmatikern und Fundamentaltheologen gibt es seit Jahrzehnten ein vielstimmiges Plädoyer für die Weihe von viri probati zu Priestern, ohne dass daraus bisher praktische Konsequenzen gezogen worden wären. So hat zum Beispiel unser heutiger Papst Benedikt XVI., schon 1969, im Hinblick auf das Jahr 2000 gemeint: „Die Kirche der Zukunft wird klein werden... Sie wird auch gewisse neue Formen des Amtes kennen und bewährte Christen, die im Beruf stehen, zu Priestern weihen“ (J. Ratzinger, Glaube und Zukunft, München, 1970, S. 123).
Ohne Frage ist heute eine außerordentliche pastorale Notsituation gegeben. Die Probleme sind nicht geringer, sondern größer geworden. Die Heilssorge der Kirche ist schwerwiegend gefährdet. Vielen Gläubigen wird ihr Recht auf die sonntägliche Messfeier vorenthalten oder ihr Wunsch unverhältnismäßig erschwert. Eine Reform der Gemeindestrukturen allein kann nicht die einzige Reaktion auf den Priestermangel sein. Die Zahl der jährlich aufgenommenen Priesteramtskandidaten ist seit der Synode rapide zurückgegangen. Und sie nimmt auf niedrigem Niveau weiter ab.
Der jüngste Beschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz, einen breit angelegten Dialogprozess zu beginnen und dadurch verloren gegangenes Vertrauen zurück zu gewinnen und Felder einer Kirchenreform abzustecken, ermutigt uns. Zumal der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Zollitsch, den Wunsch ausgesprochen hat, über die Themen zu sprechen, die für das Leben der Kirche in Deutschland von besonderer Dringlichkeit sind. Er betont, Bistümer, Gemeinden auch Menschen, die nicht in der Kirche aktiv sind, könnten sich beteiligen. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, dem die meisten von uns angehören oder über viele Jahre angehört haben, sei dabei ein besonders wichtiger Kooperationspartner.
Wir wollen uns an diesem Dialog beteiligen und hoffen, dass er bald zu zukunftsweisenden Ergebnissen kommt.
Wir äußern unsere Bitte aus Liebe und tiefer Verbundenheit zu unserer Kirche, aber auch aus wachsender Sorge um ihre Zukunft in Deutschland und Europa.“