Anfang 2010 blockierten Tausende Menschen einen genehmigten Marsch von Neonazis. Die Polizei hätte den Aufzug ermöglichen müssen.
Dresden. Wie jedes Jahr im Februar wollten sie auch 2010 marschieren. Knapp ein Jahr nach dem Massenaufmarsch von Neonazis am 13. Februar 2010 in Dresden haben Verwaltungsrichter jetzt entschieden, dass die Polizei den Marsch der Rechtsextremen hätte ermöglichen müssen. Über ein entsprechendes Urteil vom Mittwoch informierte das Verwaltungsgericht Dresden am Donnerstag. Ein Urteil, dass für Schlagzeilen und Verwunderung sorgen dürfte. Geklagt hatte die rechtsextreme Junge Landsmannschaft Ostdeutschland gegen den Freistaat Sachsen (6 K 366/10). „Es wird festgestellt, dass der Beklagte es rechtswidrig unterlassen hat, durch Einsatz geeigneter polizeilicher Mittel den Aufzug des Klägers am 13.2.2010 zu gewährleisten“, hieß es wörtlich.
Dresden befindet sich jedes Jahr im Februar im Ausnahmezustand. Neonazis aus ganz Deutschland und dem Ausland erinnert dann an die Bombenangriffe der Alliierten am 13./14. Februar 1945. Der Gedenktag wird regelmäßig zur Negierung deutscher Kriegsschuld benutzt. 2010 stellten sich den rund 6000 Neonazis weit mehr als 10 000 Demonstranten entgegen. Sie blockierten die Straßen rund um den Neustädter Bahnhof und verhinderten damit den von der Justiz genehmigten Aufzug. Die Rechtsextremen mussten sich mit einer Kundgebung am Bahnhof begnügen. „Die Polizei sieht sich außerstande, die Blockade zu räumen“, sagte der aus Bayern stammende Polizei- Einsatzleiter, Ludwig-Gerhard Danzl, damals mit Blick auf die Massen an Gegendemonstranten.
Konsequenzen aus der Entscheidung waren am Donnerstag noch nicht absehbar. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) zeigte sich von dem Urteil enttäuscht, will aber zunächst die schriftliche Stellungnahme abwarten. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa erinnerte daran, dass auch viele Frauen und Kinder damals hinter den Blockaden standen. Es wäre nicht möglich gewesen, die Straßen zu räumen. Ulbig rief die Bürger auf, sich in diesem Jahr zahlreich in die geplanten Menschenketten einzureihen und die Polizei in keine schwierige Situation zu bringen. „Je mehr Menschen bereit sind, sich diesem friedlichen Aufruf anzuschließen und damit ein Zeichen im Herzen der Stadt zu setzen, umso deutlicher werden die Aktivitäten der Rechtsextremen ins Abseits gestellt werden.“
Ulbig geht davon aus, dass die Polizei 2010 verantwortungsbewusst handelte. „Ich kann nur sagen, die Polizeiführung hat am 13. Februar 2010 hochprofessionel gearbeitet und aus meiner Sicht die richtigen Entscheidungen in der damaligen Situation getroffen hat.“ Gegen das Urteil der Verwaltungsrichter kann Berufung am Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen eingelegt werden. Die Einsatzplanung für die neuerlichen Aufmärsche im Februar sei zunächst nicht betroffen, hieß es aus dem Innenministerium. In diesem Jahr wollen Rechtsextreme gleich zwei Mal marschieren – am 13. und 19. Februar. Es sind auch bereits wieder Gegendemonstrationen und rechtlich umstrittene Blockaden angekündigt. (dpa/abendblatt.de)