Neue Bedrohungsanalyse: Der Süden verschärft den Ton. Seoul spricht von Nordkoreas Diktator Kim nicht mehr als Bedrohung, sondern als „Feind“.
Seoul. Die nordkoreanischen Streitkräfte haben laut einer südkoreanischen Studie entlang der demilitarisierten Zone neue Panzer stationiert sowie die Stärke ihrer Spezialeinheiten auf 200.000 erhöht. Eine vom südkoreanischen Verteidigungsministerium veröffentlichte, alle zwei Jahre erscheinende Analyse der militärischen Kapazitäten Nordkoreas sieht darin eine gestiegene Bedrohung.
Nach der Torpedierung eines südkoreanischen Kriegsschiffs und dem tödlichen Artillerieangriff im vergangenen Monat sind die Spannungen zwischen den beiden Ländern gewachsen. In der Analyse findet dieser Umstand unter anderem darin Ausdruck, dass Nordkorea dort als Feind bezeichnet wird und nicht mehr wie im 2008 erschienenen Bericht als „direkte und ernst zu nehmende Bedrohung“.
Laut der südkoreanischen Analyse plant Nordkorea seine Unterlegenheit bei konventionellen High-Tech-Waffensystemen durch sein Atomwaffenprogramm, seine Spezialeinheiten, Artillerie mit hoher Reichweite, seine U-Boot-Waffe und Cyberkriegseinheiten auszugleichen. So soll Nordkorea seine Spezialeinheiten in den vergangenen zwei Jahren um 20.000 Mann aufgestockt haben. Diese Spezialeinheiten sollen demnach im Konfliktfall gezielte Tötungen und Sabotageakte in Südkorea ausführen.
Der nordkoreanische Herrscher Kim Jong-il habe es zur Priorität gemacht, eine Streitmacht aufzubauen, die der des Südens überlegen sei, schreiben die Autoren der südkoreanischen Analyse. Allerdings sei es nicht sehr wahrscheinlich, dass Nordkorea einen Krieg beginnen werde. Immerhin sind noch fast 30.000 amerikanische Soldaten in Südkorea stationiert und die USA haben wiederholt bekräftigt, dass Südkorea unter ihrem Atomwaffenschirm stehe.
Bis 2004 wurde Nordkorea in den Analysen stets als „Hauptfeind“ bezeichnet. Im Zuge der sich verbessernden Beziehungen wurde diese Formulierung in den folgenden Jahren fallen gelassen. In dem diesjährigen Bericht habe man nur deshalb nicht mehr auf diesen Ausdruck zurückgegriffen, weil sich die übrigen Nachbarnationen hätten wundern können, wer Südkoreas andere Feinde seien, teilte das Verteidigungsministerium in Seoul mit. So ist Nordkorea nur noch der „Feind“.