Das Jahr der Rücktritte war auch das der Entgleisungen. Zu den Debatten trugen auch Margot Käßmann und Thilo Sarrazin bei.
Hamburg. 2010 war das Jahr der Wildsau. Und das lag nicht nur an den heiß diskutierten Köpfen wie Thilo Sarrazin, Margot Käßmann, Horst Köhler und etlichen anderen. Die gemeine Spezies Wildsau fand sich in einer politischen Debatte, die wenige verstanden, an der sich das politische Berlin mit all seinen Schattierungen aus den Bundesländern rieb und die am Ende ausging wie das Hornberger Schießen: Die Gesundheitsreform war jedoch nur eines der Streitfelder, das herbe Zitate in die politische Kultur brachte, Beschimpfungen, Übertreibungen, Zuspitzungen und Verdrehungen.
Als Wildsau soll die CSU aufgetreten sein, so der FDP-Staatssekretär (Gesundheit) Daniel Bahr. Die Christsozialen keilten über die FDP zurück: „Gurkentruppe“. Bei Hartz IV ging es um „spätrömische Dekadenz“ (Guido Westerwelle) und erst am Ende um das geharnischte Urteil des Bundesverfassungsgerichtes („intransparente Berechnung der Regelsätze“) – und um soziale Gerechtigkeit beinahe gar nicht.
Die internationale Politik brachte ebenfalls derbe Aussprüche, aber auch Nachdenkliches, Kämpferisches wie die Reden von Barack Obama, der sich seit der Kongresswahl einer neuen parlamentarischen Opposition gegenübersieht – zusätzlich zu der außerhalb des Washingtoner Betriebs, der Tea Party. Und nachdenklich stimmten auch die Worte von Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin nach dem Flugzeugabsturz in Smolensk. Unter den Toten in der polnischen Maschine war auch Präsident Lech Kaczynski.