Der Internetkonzern Amazon hat Wikileaks von seinen Servern verbannt. Die veröffentlichten geheimen Dokumente aus den US-Botschaften in aller Welt bahnen sich nun andere Wege durchs Netz. Dagegen rufen Unterstützer des Enthüllungsportals zum Boykott von Amazon auf.

Washington/Berlin. Der Wikileaks-Chef Julian Assange ist mit seiner Klage gegen den Haftbefehl vor dem Gericht gescheitert. Der Oberste Gerichtshof in Stockholm wies am Donnerstag die Klage des 39- jährigen Australiers ab. Assange wollte vor dem Gericht die Aufhebung eines schwedischen Haftbefehls wegen Verdachts der Vergewaltigung und sexueller Nötigung erreichen.

Die Veröffentlichungen auf der Internetplattform WikiLeaks hat viele Personen geschadet und vorallem verärgert. In den USA gehen unterdessen Wikileaks-Gegner mit technischen Mitteln gegen die Enthüllungsplattform vor: So hat der Internet-Konzern Amazon Wikileaks von seinen Servern verbannt. Um einen möglichst schnellen und stabilen Zugriff auf die Daten zu ermöglichen, hatte das WikiLeaks-Projekt die umstrittenen Dokumente in den Rechenzentren des Amazon-Konzern abgelegt. Die von WikiLeaks veröffentlichten geheimen Dokumente aus den US-Botschaften in aller Welt, sind aber auf anderen Wegen im Internet weiter zugänglich. Über den Kurznachrichtendienst Twitter teilten die Enthüllungs-Aktivisten mit: "Wikileaks von Amazon-Servern verdrängt. Freie Rede im Land der Freien. Prima – unsere Dollars werden nun ausgegeben, um Leute in Europa zu beschäftigen.“ Wenn Amazon solche Problem mit der Redefreiheit habe, „sollten sie aufhören, Bücher zu verkaufen“. Wikileaks nutzt nun europäische Internet-Anbieter. Die Daten mit den geheimen Dokumenten sind auch über den Download-Dienst BitTorrent verfügbar. Wikileaks hatte bereits zu Beginn der Woche mehrfach Hacker- Angriffe gemeldet. Bei solchen DDOS-Attacken (Distributed Denial of Service) werden Unmengen von Daten zu einem Server geschickt, um diesen lahmzulegen. Laut Wikileaks wurde der Server mit Datenmassen im Umfang von zehn Gigabit pro Sekunde überflutet.

Amazon ist mit dem Online-Handel vor allem von Büchern groß gewordenen. Der Konzern bietet auch Dienstleistungen für das sogenannte Cloud Computing an. Bei diesem Modell können Unternehmen ihre IT-Prozesse wie die Speicherung von Daten in verteilten Rechenzentren auslagern. Amazon stoppte die Nutzung seiner Server durch Wikileaks nach amerikanischen Medienberichten nach einer Intervention von US-Senator Joe Lieberman. Der parteilose Vorsitzende des Senatsausschusses für Heimatschutz habe Amazon mit einem Boykott gedroht, berichtete der britische "Guardian“. "Ich hätte mir gewünscht, dass Amazon diese Maßnahme früher ergreift angesichts der vorherigen Veröffentlichungen klassifizierter Informationen durch Wikileaks“, sagte der Senator.

US-Senator Lieberman rief dazu auf, der Plattform auch in anderen Ländern die Nutzung von Servern zu verwehren. „Wikileaks' illegales, ungeheuerliches und rücksichtsloses Vorgehen setzt unsere nationale Sicherheit aufs Spiel und gefährdet rund um den Globus Leben“, hieß es in einer Mitteilung des Senators. "Kein verantwortungsbewusstes Unternehmen – ob amerikanisch oder ausländisch – sollte Wikileaks bei seinen Bemühungen helfen, gestohlenes Material zu verbreiten.“ Nach dem Vorgehen von Amazon wurden im Internet Aufrufe zum Boykott des Online-Händlers laut. Sowohl in den USA als auch in Europa kündigten Internet-Nutzer öffentlich an, nicht mehr bei Amazon einzukaufen. Die Aufrufe fallen in die für Amazon besonders wichtige Zeit des Weihnachtsgeschäfts.

Laut einem Bericht der Londoner Zeitung "The Independent“ hält sich Wikileaks-Gründer Julian Assange in Großbritannien auf. Der genaue Ort sei den britischen Polizeibehörden bekannt. Gegen Assange ermittelt die schwedische Justiz unter dem Vorwurf der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung von zwei Frauen. Assange steht auf einer Fahndungsliste von Interpol – die schwedischen Behörden wollen so erreichen, dass Assange festgenommen wird, damit sie ihn persönlich zu den Vorwürfen vernehmen können. Assange hat die Ermittlungen als Intrige der Wikileaks-Gegner zurückgewiesen. Bei Wikileaks sind bislang mehr als 600 der insgesamt über 250 000 Dokumente aus US-Botschaften veröffentlicht. Zudem haben mehrere Medien wie das Magazin „Der Spiegel“ das Material vorab zur Sichtung erhalten. Die US-Regierung ordnete deswegen eine umfassende Überprüfung der Sicherheit ihrer internen Datenbanken an. Als Sonderbeauftragter dafür wurde der stellvertrende Direktor des Zentrums für Anti-Terror-Maßnahmen, Russell Travers, ernannt, wie das Weiße Haus mitteilte.