Atomkonflikt mit Nordkorea steht zwar nicht offiziell auf der Gipfel-Tagesordnung. Doch die Spannungen werden die Konferenz wohl überlagern.
Seoul. Anschläge mit Atomwaffen durch Terroristen gelten den meisten Regierungen neben einem Atomkrieg als schlimmster Alptraum. Um zu verhindern, dass Nuklearmaterial erst in die Hände von Terrororganisationen gelangt, findet diesen Montag und Dienstag in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul das zweite Gipfeltreffen zur Atomsicherheit mit Teilnehmern aus aller Welt statt.
+++ Obama besucht entmilitarisierte Zone +++
Das erste Treffen hatte es 2010 gegeben. Damit das Nachfolgetreffen ein nachhaltiger Erfolg wird, müssen die Teilnehmer über eine bloße Bekräftigung der Ziele und einzelstaatlichen Absichtserklärungen des ersten Gipfels hinausgehen, fordern Experten.
Zwar stehen die Atomkonflikte mit Nordkorea sowie dem Iran nicht offiziell auf der Tagesordnung. Doch vor dem Gipfel zeichnete sich ab, dass besonders die neuen Spannungen im Streit um das Atom- und Raketenprogramm Nordkoreas die Konferenz überlagern. US-Präsident Barack Obama warnte Nordkorea am Sonntag in Seoul vor Konsequenzen, sollte das Land wie geplant im April einen Satelliten starten. Die USA und Südkorea werten den Start als verdeckten Test einer atomwaffenfähigen strategischen Rakete. Das Thema dürfte neben dem Iran auch die Zweiergespräche Obamas in Seoul mit Chinas Staatschef Hu Jintao und Kremlchef Dimitri Medwedew beherrschen.
Vom Gipfel erwarten Experten eher einen bescheidenen Fortschritt. Der Leiter der Organisation Partnership for Global Security, Kenneth Luongo, rief im US-Senat dazu auf, eine neue Führungsstruktur für die Atomsicherheit zu schaffen – „eine, die umfassend, standardisiert und rechenschaftspflichtig ist“. Das Kommuniqué des ersten Gipfels in Washington habe nur spezifische Aktionen und politische Ziele zusammengefasst, „ohne die Umsetzung verbindlich zu machen“.
Ausgangspunkt des Gipfels war Obamas Prager Rede im April 2009. Damals sagte er, alle „gefährdeten Atommaterialien“ würden weltweit innerhalb von vier Jahren gesichert. Trotz konkreter Fortschritte ist das Ziel noch lange nicht erreicht. Obamas Bemühen, möglichen Nuklearterroristen das Handwerk zu legen sowie spaltbares Material rund um den Globus „wegzuschließen“, ist Teil seiner größeren Vision von einer Welt ohne Atomwaffen. Die Abrüstung von Atomwaffen ist aber kein spezifisches Thema des Gipfels.
Beim Seouler Gipfel mit Teilnehmern aus mehr als 50 Ländern, darunter etwa 30 Staats- und Regierungschefs und Bundesaußenminister Guido Westerwelle, solle der Grundstein dafür gelegt werden, dass mittel- und langfristig Kernziele der Atomsicherheit erreicht würden, sagten Regierungsbeamte in Seoul. Neben der Sicherung waffenfähigen Nuklearmaterials wolle sich Deutschland für Maßnahmen zum Schutz hoch radioaktiver Strahlenquellen einsetzen, darunter Material für Medizin und Forschung, hieß es aus dem Auswärtigen Amt.
Weltweit gibt es schätzungsweise 1600 Tonnen hoch angereichertes Uran (HEU) und 500 Tonnen Plutonium. Die Mengen reichten aus, um rund
126 500 Atombomben zu bauen. „Der Nuklearterrorismus bleibt eine reale Gefahr“, warnte Matthew Bunn von der Harvard Kennedy School am Rande von Vorbereitungsdiskussionen über den Gipfel in Seoul. Es gebe Versuche von Terroristen, an Atomwaffen und -materialien zu gelangen.
Der Gipfel steht auch unter dem Eindruck der Atomkatastrophe von Fukushima vor einem Jahr. Es würden daher auch Diskussionen über die Verbindung von Nuklearsicherheit und dem Schutz von Kernanlagen stattfinden, kündigte Gastgeber Südkorea an. Ein Anschlag auf eine Kernanlage könnte eine ähnliche Auswirkung haben wie der Atomunfall in Japan.
(dpa)