Auf Deutschland wächst der Druck, Notkredite an Griechenland zu gewähren. Doch Außenminister Westerwelle hält von zu raschen Zusagen wenig.
Berlin. Deutschland hält sich die Gewährung von Notkrediten an Griechenland weiter offen. „Die Bundesregierung hat noch nicht entschieden. Das heißt, dass eine Entscheidung auch in verschiedene Richtungen ausfallen kann“, sagte Außenminister Guido Westerwelle am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens. EU-Finanzkommissar Olli Rehn hatte angedeutet, das Hilfspaket von Eurogruppe und Internationalem Währungsfonds (IWF) im Volumen von bis zu 45 Millionen Euro könne schon bis zum kommenden Freitag auf den Weg gebracht werden.
Westerwelle sprach sich klar dagegen aus. „Die konkreten Pakete mit dem IWF müssen erst mal vereinbart sein, erst dann kann es eine weitergehende Diskussion geben.“ Es könne nicht sein, dass „der europäische Steuerzahler selbstverständlich für das Fehlverhalten von einzelnen Ländern geradesteht“. Wer „zu früh Geld ins Schaufenster legt, wird nur sehen, dass dann die Hausaufgaben in Griechenland nicht mit dem nötigen Fleiß und der nötigen Disziplin erledigt werden“, so Westerwelle.
„Ich bin besorgt über die Härte, die Deutschland an den Tag gelegt hat“, sagte der italienische Außenminister Franco Frattini zum Beginn der Beratungen der EU-Außenminister. Er verstehe, dass Deutschland darauf bestehe, dass Griechenland die den Euro-Ländern versprochenen Haushaltskürzungen auch tatsächlich vornehme. Europa müsse jedoch „einen Schritt nach vorn machen“, um Griechenland zu helfen. Sollte die Billigung der Finanzhilfe für Athen länger dauern als erwartet, so halte er es für möglich, dass ein Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs entscheiden müsse. „Wir können es nicht vermeiden, Solidarität gegenüber Griechenland zu zeigen“, sagte der italienische Minister. „Selbst falls jemand Zweifel haben sollte: Solidarität ist in diesem Moment wichtig, denn sie ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch in unserem Interesse.“
Von den rund 30 Milliarden Euro, die die EU-Länder Athen für dieses Jahr zur Abwendung einer Staatspleite in Aussicht gestellt haben, soll Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro übernehmen. Die Bundesregierung beabsichtigt, dass die Staatsbank KfW die Gelder dem hoch verschuldeten Land als Kredite zur Verfügung stellt. Dafür will der Bund eine gesetzlich abgesicherte Ausfallbürgerschaft übernehmen. Ob und wann die Zahlungen tatsächlich erfolgen, steht derzeit noch nicht endgültig fest.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dazu für Montagnachmittag ein Statement angekündigt. Am Vormittag hatte bereits Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag über den Stand der Verhandlungen informiert. Dabei geht es um die technischen Voraussetzungen, um kurzfristig den Weg für immer wahrscheinlicher werdende deutsche Finanzhilfen frei zu machen. Die Opposition fordert dafür ein eigenes Gesetz, das von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden muss.
Wie Westerwelle machte auch Unionsfraktionschef Volker Kauder die Finanzhilfe für Griechenland ebenfalls von den Sparbemühungen des Landes abhängig. Nichts werde auf dem Silbertablett präsentiert, sagte Kauder im ARD-Morgenmagazin. Vor den Beratungen mit Finanzminister Schäuble betonte Kauder, bei der Erarbeitung eines Gesetzes zur geplanten Finanzhilfe müsse sorgfältig vorgegangen werden. „Da müssen wir die Formalien sehr beachten, damit da kein Fehler passiert.“ Angedrohte Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht „nehmen wir schon ernst, weil das Bundesverfassungsgericht sich den Lissabon-Vertrag noch einmal ganz genau anschauen wird.“
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann, forderte laut „Bild.de“ ein „handfestes, belastbares Sanierungskonzept“ der Griechen für ihren Haushalt. Dazu gehöre ein späteres Renteneintrittsalter im Öffentlichen Dienst sowie ein Senken der Rentenhöhe. Zweitens brauche es einen Spar-Kommissar, der von der EU eingesetzt werde und die Kontrolle übernehme. Drittens „müssen sich alle Gläubiger von griechischen Staatsanleihen an den Sanierungskosten beteiligen – die deutschen Steuerzahler dürfen nicht schon wieder alleine die Suppe auslöffeln müssen.“