Die Justizministerin äußerte Zweifel am Willen der katholischen Kirche, Missbrauchsfälle aufzuklären. Nun ist ihr ein Ultimatum gestellt worden.
Freiburg. Die Deutsche Bischofskonferenz hat empört auf Äußerungen von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zum Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsfällen reagiert. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, forderte die FDP-Politikerin auf, ihre Aussagen innerhalb von 24 Stunden klarzustellen und zurückzunehmen. Die Liberale kündigte daraufhin eine schriftliche Antwort an. Der Konferenz-Vorsitzende Erzbischof Robert Zollitsch telefonierte am frühen Abend mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Näheres wurde dazu nicht bekannt. Mehrere Bundesminister und der Regierungssprecher wollten sich auf Anfrage zu dem Vorgang nicht äußern.
Die Justizministerin hatte am Montagabend in den ARD-“Tagesthemen“ zu den in den vergangenen Tagen bekannt gewordenen Fällen von sexuellem Missbrauch gesagt, sie erwarte, „dass die Verantwortlichen der katholischen Kirche endlich konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, Hinweise geben, mitaufklären“. Bisher habe sie nicht den Eindruck, dass die Verantwortlichen „ein aktives Interesse an wirklich rückhaltloser und lückenloser Aufklärung gezeigt haben“.
Zollitsch sprach von der „seit Jahren schwerwiegendsten Attacke“ einer Bundesregierung gegen die katholische Kirche. Die Ministerin habe in dem Interview „maßlos gegen die Kirche polemisiert“. Offenbar wolle sich die Ministerin auf „eine Welle setzen“ und verspreche sich dadurch eigene Vorteile. Die Äußerungen hätten eine Grenze überschritten, die ihn zu dieser Entgegnung zwängen, sagte der Erzbischof. Seine Irritation habe er ihr schriftlich mitgeteilt.
Zum Auftakt der in Freiburg tagenden Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz hatte Zollitsch ausführlich zu den Missbrauchsfällen Stellung genommen und sich erstmals bei den Opfern entschuldigt. Der Freiburger Erzbischof betonte, er wünsche sich, dass die staatlichen Behörden so schnell wie möglich eingeschaltet würden und die Staatsanwaltschaften alle möglichen Einblicke erhielten.
„Wir brauchen in unserer Gesellschaft – und das gilt für uns selbst ganz besonders – eine Kultur des aufmerksamen Hinschauens“, sagte Zollitsch. „Wir müssen wachsam sein für das, was im Verborgenen passiert. Und wir müssen den Mut haben, Unrecht sofort beim Namen zu nennen, da wo es passiert.“ Es dürfe keinen Missbrauch geben, schon gar nicht im Raum der Kirche.