Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Sabine Leutheusser- Schnarrenberger hält in der Integrations-Debatte nichts von schärferen Gesetzen.
Hamburg. Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat es abgelehnt, die deutsche Sprache im Grundgesetz zu verankern. „Natürlich muss man in Deutschland deutsch sprechen. Deutsch ist Amtssprache“, sagte sie dem „Hamburger Abendblatt“ (Mittwoch-Ausgabe). „Aber dafür eine Grundgesetzänderung? Ich persönlich halte davon wenig.“ Die zuständige Arbeitsgruppe der künftigen Regierungskoalition hatte sich für eine entsprechende Änderung der Verfassung ausgesprochen.
Leutheusser-Schnarrenberger, die als Bundesjustizministerin gehandelt wird, forderte „eine ehrliche Debatte über Integration“. Notwendig seien bessere Sprachkurse für Zuwanderer. Sie lehnte es ab, „einfach nach neuen Gesetzen“ zu rufen. Zuvor hatte der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) gefordert, ausländische Sprachkurs-Verweigerer zu bestrafen.
Leutheusser-Schnarrenberger sprach sich dafür aus, die Zuständigkeit für Integrationspolitik dem Bundesjustizministerium zuzuschlagen. Ein eigenes Ministerium halte sie „nicht für zwingend“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende. „Sinnvoller könnte sein, die Integrationspolitik einem Fachministerium zuzuordnen.“ In einigen Bundesländern sei Integration „eine Aufgabe des Justizministeriums“. Damit seien gute Erfahrungen gemacht worden.
Leutheusser-Schnarrenberger forderte das kommunale Wahlrecht auch für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten. Außerdem brachte sie Änderungen des Ausländerrechts und des Aufenthaltsrechts ins Gespräch, um Zuwanderern besseren Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die FDP-Politikerin stellte auch Korrekturen am Staatsbürgerschaftsrecht in Aussicht. „Wir fordern nicht die generelle doppelte Staatsbürgerschaft. Aber wir wollen das derzeit geltende Optionsmodell prüfen und an der Praxistauglichkeit messen“, sagte sie.
In der Sicherheitspolitik fordert Leutheusser-Schnarrenberger eine Kehrtwende in der Sicherheitspolitik gefordert. Es müsse sichtbar werden, dass die neue Bundesregierung „für einen Neuanfang in der Innen- und Rechtspolitik“ stehe, sagte die Politikerin. Die frühere Bundesjustizministein bekräftigte die Forderung der FDP nach Korrekturen bei der Vorratsdatenspeicherung und der Online-Durchsuchung. „Wir wollen gerade den Kernbereich privater Lebensgestaltung bei allen Überwachungsmaßnahmen besser schützen – wie es das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber mit dem Großen Lauschangriff aufgetragen hat.“
Auch bei den „hoch umstrittenen Internetsperren“ müsse umgesteuert werden, forderte die FDP-Politikerin. „Wir wollen, dass sehr konsequent gegen kinderpornografische Inhalte im Netz vorgegangen wird. Für uns steht an allererster Stelle die Löschung solcher Inhalte. Stoppschilder, die leicht umgangen werden können, bringen nichts.“ Bedenken der bisherigen Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) wies Leutheusser-Schnarrenberger zurück: „Wir wollen bei der Bekämpfung von Kinderpornografie nicht nachlässig sein. Frau von der Leyen wird sehen, dass auch die FDP das Internet nicht als gesetzesfreien Raum ansieht.“
Auf die Frage, ob sie sich vorstellen könne, Innenministerin zu werden, sagte Leutheusser-Schnarrenberger: „Ich spekuliere nicht, aber das Innenministerium ist von großem Gewicht.“ Leutheusser-Schnarrenberger gab sich auch auf anderen Feldern kämpferisch. „Die FDP wird alles versuchen, eine Steuerstrukturreform mit einer echten Entlastung der Bürger durchzusetzen“, sagte sie. „Wir bleiben auch bei unserer Forderung nach Abschaffung des Gesundheitsfonds. Und wollen Hartz IV durch ein Bürgergeld ersetzen. Wir räumen in der zweiten Verhandlungswoche nicht mal eben grundlegende Positionen der FDP.“
Mit Blick auf die Entscheidung der saarländischen Grünen, Koalitionsverhandlungen mit der FDP und der Union aufzunehmen, sagte Leutheusser-Schnarrenberger, eine derartige Koalition sei auch eine mögliches Modell für den Bund. „Wir wollen schwarz-gelbe Mehrheiten erzielen, und im Bund ist es jetzt auch gelungen. Aber wenn es einmal nicht reichen sollte, ist Jamaika allemal besser als eine Große Koalition.“ Jamaika sei „eine gute Antwort auf die Veränderung des Parteiensystems“.
Das gesamte Interview mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger lesen Sie in der Mittwoch-Ausgabe des Hamburger Abendblatt.