Die Militärjunta hat im westafrikanischen Guinea eine Protestkundgebung blutig niedergeschlagen. Mehr als 150 Menschen starben.
Nairobi/Conakry. Bei der brutalen Niederschlagung einer Demonstration von Oppositionsanhängern im westafrikanischen Guinea sind nach Angaben von Menschenrechtsgruppen und örtlichen Krankenhäusern mindestens 157 Menschen ums Leben gekommen. Schätzungsweise 50 000 Menschen hatten am Montag in der Hauptstadt Conakry gegen die Militärführung des Landes demonstriert. Sicherheitskräfte schossen nach Augenzeugenberichten auf die Menschen und setzten Tränengas und Schlagstöcke ein.
Weltweit wurde das Vorgehen der Sicherheitskräfte scharf kritisiert und verurteilt. Die französische Regierung in Paris sprach am Dienstag von „Massakern und schweren Menschenrechtsverletzungen“ und stoppte jedwede Militärhilfe für die einstige französische Kolonie.
War zunächst von etwa zehn Toten die Rede, berichteten Menschenrechtsgruppen und Krankenhauspersonal am Dienstagnachmittag von deutlich mehr Opfern. Offizielle Angaben über Tote und Verletzte lagen einen Tag nach der Demonstration nicht vor. Die Sicherheitsbehörden hatten die Kundgebung in einem Fußballstadion zuvor verboten.
Seine Notfallstation sehe aus wie ein „Schlachthaus“, sagte ein Arzt in Conakry dem britischen Rundfunksender BBC. Wie Augenzeugen berichteten, stachen Soldaten mit Bajonetten auf Demonstranten ein. Frauen seien von Mitgliedern einer Eliteeinheit auf offener Straße vergewaltigt worden. Die Informationen beruhten auf Angaben aus den Krankenhäusern der Hauptstadt.
„Sie haben direkt auf die Menschen geschossen. Sie haben versucht, uns zu töten“, sagte der ehemalige Ministerpräsident Sidya Toure, der selbst durch Schüsse verletzt wurde, der BBC. Mindestens zwei Oppositionsführer, unter ihnen Cellou Diallo, der Leiter der Union der Demokratischen Kräfte von Guinea, wurden verhaftet.
Der Chef der Militärjunta, Oberst Moussa Camara, war am Dienstag um Ruhe bemüht. „Ich habe die Macht nicht übernommen, um die Nation in eine neue Konfrontation zu führen,“ versicherte er. Für die Übergriffe seien unkontrollierbare Soldaten verantwortlich, sagte er, ohne Angaben über die Zahl der Opfer zu machen.
Die Junta hatte nach dem Tod von Präsident Lansana Conte im vergangenen Jahr in einem unblutigen Putsch die Macht übernommen. In den vergangenen Wochen hatten sich Hinweise gehäuft, dass Camara das Präsidentenamt anstrebt, statt einer Zivilregierung Platz zu machen.
Die französische Regierung stellt die gesamte Hilfe für Guinea auf den Prüfstand, erklärte das Außenministerium am Dienstag in Paris. Auf französischen Antrag werde die Europäische Union am Mittwoch in Brüssel ergänzende Maßnahmen prüfen. „Frankreich stimmt sich mit der Afrikanischen Union und seinen Partnern im UN-Sicherheitsrat ab, um Konsequenzen aus diesen dramatischen Ereignissen ins Auge zu fassen“, heißt es. „Wir prüfen alle Mittel, um den Verletzten schnell medizinische Hilfe zu bringen.“
Die Bundesregierung verurteilte die blutige Niederschlagung der Kundgebung scharf. „Wir fordern die rückhaltlose Aufklärung der Ereignisse sowie eine Bestrafung der Schuldigen“, verlangte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Jens Plötner, am Dienstag in Berlin. Die Militärregierung in Guinea müsse so schnell wie möglich die „Weichen für eine bessere Zukunft“ stellen. Zugleich wurde der Geschäftsträger von Guineas Botschaft in Berlin ins Außenministerium einbestellt. Die EU sprach in einer Stellungnahme von einem brutalen Einsatz der Sicherheitskräfte und verurteilte die unangemessene Gewalt.
Militärherrschaft sei keine Lösung für die Probleme Afrikas, betonte Abdelfatau Musah, politischer Direktor von westafrikanischen Staatengruppe ECOWAS, in einem Rundfunkinterview. ECOWAS hatte nach dem Putsch die Mitgliedschaft Guineas ausgesetzt.