In der Düsseldorfer Bespitzelungsaffäre rückt SPD-Chef Franz Müntefering Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in die Nähe der Wategate-Affäre.
Düsseldorf. In der nordrhein-westfälischen Bespitzelungsaffäre hat die Staatskanzlei dem Eindruck widersprochen, sie sei in Bespitzelungen der SPD-Landesvorsitzenden Hannelore Kraft durch die CDU eingebunden gewesen. „Die Staatskanzlei hat niemanden bespitzelt, weder systematisch, noch im Einzelfall“, erklärte die Staatskanzlei am Donnerstag in Düsseldorf. An der Videobeobachtung sei niemand aus der Staatskanzlei beteiligt gewesen. Unterdessen verlgich SPD-Chef Franz Müntefering die Video-Affäre mit dem „Watergate-Skandal“ des früheren US-Präsidenten Richard Nixon. „Herr Rüttgers erinnert mich weniger an Johannes Rau, sondern eher an Richard Nixon“, sagte der Sozialdemokrat der „Rheinischen Post“. Der nordrhein-westfälische SPD-Generalsekretär Michael Groschek sprach zuvor von einem „Tiefpunkt der politischen Kultur in NRW“.
Der Video-Streit hatte Anfang des Monats begonnen, als Mitglieder der SPD-Jugendorganisation Jusos Videoclips von Wahlkampf-Reden des CDU-Ministerpräsidenten ins Internet stellten. Rüttgers hatte dabei abfälligen Äußerungen über rumänische Arbeiter gemacht. Kurz darauf kritisierte die SPD, die CDU habe professionelle Video-Teams zur Überwachung der SPD-Landeschefin Kraft eingesetzt. Die CDU erklärte damals, es sei seit Jahren gängige Praxis, dass Parteien sich gegenseitig beobachteten.
Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte unter Berufung auf ihr vorliegende E-Mails am Donnerstag berichtet, die Überwachung Krafts sei offenbar aus der Regierungszentrale mitgesteuert worden. Demnach soll der Planungschef der Staatskanzlei, Boris Berger, etwa am 8. September in einer Mail an die CDU-Zentrale geschrieben haben: „Gute Infos, danke. Wie bündeln wir solche Infos, wie organisieren wir die dauerhafte Beobachtung und Archivierung der Infos?“ Zuvor habe er aus der CDU-Zentrale ein Dossier über einen Kraft-Auftritt in Köln erhalten, hieß es in dem Bericht.
Die Staatskanzlei erklärte, aus den wiedergegebenen E-Mails ergebe sich, dass auch Berger sich lediglich an der Diskussion über Berichte von öffentlichen Veranstaltungen beteiligt habe. Maßnahmen der Videoaufzeichnung durch die CDU seien von ihm kritisch kommentiert worden. Kontakte zwischen der Staatskanzlei, der CDU-Landtagsfraktion und der CDU-Landesgeschäftsstelle – aber auch zu anderen Parteien und Fraktionen – seien üblich und entsprächen den Gepflogenheiten und Notwendigkeiten der Parteiendemokratie, hieß es.
Bereits am Mittwoch hatte ein Sprecher der Landesregierung angesichts der Berichte über die Mails von einem ungeheuerlichen Vorgang gesprochen: „Offenbar wird die Staatskanzlei systematisch bespitzelt.“ Vor allem werde offenkundig ein bestimmter Mitarbeiter seit Jahren ausgespäht – und es sei nicht auszuschließen, dass auch Rüttgers Opfer der „Bespitzelungsattacken“ sei. Man habe unmittelbar juristische Schritte eingeleitet, auch das Landeskriminalamt habe Untersuchungen aufgenommen.