Die Kanzlerin mahnt im Abendblatt-Interview mit Hamburger Schülern einen sorgsameren Umgang mit persönlichen Daten im Internet an.
Hamburg. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zu einem sorgsameren Umgang mit persönlichen Daten im Internet aufgerufen. „Gerade junge Menschen müssen lernen, dass sie nicht sorglos persönliche und intime Daten über sich ins Netz stellen sollten. Die Gefahr, dass diese Daten an Dritte weitergeleitet werden, muss ihnen klar sein“, sagte Merkel im Interview des Hamburger Abendblatts (Mittwoch-Ausgabe), das im Rahmen der Abendblatt-Reihe „Klassenfahrt zu …“ von Schülern des Hamburger Kurt-Körber-Gymnasiums geführt wurde.
„Es ist eine Aufgabe der Schulen, der Familien, der Medien, das Bewusstsein für den Umgang mit persönlichen Daten zu schärfen. Jedem sollte bewusst werden, welche Nachteile es haben kann, wenn er sensible Informationen über sich im Internet preisgibt.“ In diese Verantwortung müssten junge Menschen hineinwachsen.
Merkel bestritt, nach der Sperrung kinderpornografischer Seiten eine weitergehende Überwachung des Internets anzustreben. „Ich sehe zurzeit keine Notwendigkeit, weitere Inhalte im Internet zu sperren“, sagte die CDU-Vorsitzende. „Wir wollen keine Zensur im Internet, auch wenn uns das manche unterstellen.“
Allerdings dürfe das Internet „kein rechtsfreier Raum für Straftäter sein“, betonte die Kanzlerin. „Ich bin gerne bereit, auch mit den Experten der Internetszene zu diskutieren, wie wir dieses Problem angehen können, ohne in einen erbitterten Zensurstreit zu geraten.“
Merkel schloss sich der Forderung von Kanzleramtsminister Thomas de Maizière an, Verkehrsregeln im Internet zu schaffen. „Es geht zum Beispiel darum, den Urheberschutz zu wahren“, sagte sie. „Respekt vor dem geistigen Eigentum muss es auch im Internet geben.“ Rechtsbewusstsein dürfe im Internet nicht aufhören. „Man geht ja auch nicht in einfach in einen Laden und klaut eine CD.“
Zudem bekannte Merkel sich in dem Gespräch klar zu einer schwarz-gelben Regierungskoalition nach der Bundestagswahl. „Man geht mit der Partei zusammen, mit der man die größten Gemeinsamkeiten hat – und das ist für uns auf den wichtigsten Feldern die FDP“, sagte die CDU-Politikerin. „Ich glaube, wir können gemeinsam mit der FDP Deutschland am besten aus der schweren Wirtschaftskrise führen.“
Merkel widersprach der Behauptung, sie ziele insgeheim auf eine Fortsetzung der Großen Koalition: „In unserem Regierungsprogramm, das CDU und CSU im Juni schon beschlossen haben, steht, dass wir mit der FDP regieren wollen. Das weiß Guido Westerwelle auch von mir.“ Zugleich ging Merkel ging auf Distanz zur Strategie der CSU, die FDP als Partei der Kälte darzustellen. „Jeder hat seinen eigenen Stil“, sagte sie. Die Kanzlerin betonte aber auch, die Union habe „keine Stimme zu verschenken“.
Angesichts der Erfahrungen aus der weltweiten Finanzkrise forderte die Bundeskanzlerin eine internationale Regelung zur Begrenzung von Bonuszahlungen an Finanzmanager. „Boni müssen an den langfristigen Erfolg von Unternehmen gekoppelt werden“, sagte Merkel. „Wenn ein Unternehmen Gewinn macht, darf nur ein bestimmter Anteil davon für Bonuszahlungen ausgegeben werden. Aber wenn ein Unternehmen keinen Gewinn macht, darf es keine Bonuszahlungen geben.“
Merkel betonte ferner: „Was kein Mensch versteht, ist doch eine Belohnung für solche Manager, die schlecht gearbeitet haben und dann oft noch den Staat als Retter rufen. Das werden wir ändern. Aber wir können das wirksam nur international erreichen.“ Die Bundeskanzlerin äußerte sich allerdings zurückhaltend zu der Forderung, einheitliche Obergrenzen zu beschließen. „Obergrenzen sind eine Möglichkeit zur Begrenzung von Bonuszahlungen. Die beste Orientierungsgröße ist der nachhaltige und wirkliche Erfolg eines Unternehmens“, sagte Merkel.
Ungewohnt offen sprachen die Kanzlerin in dem Interview mit Hamburger Schülern über ihre persönliche Zukunft. „Meine Arbeit macht mir Freude", sagte sie. "Deshalb bewerbe ich mich für eine zweite Amtszeit und kämpfe dafür, dass ich die Wahl gewinne. Aber ich weiß, dass jedes politische Amt nur auf Zeit verliehen ist und irgendwann ein Ende hat.“ Sie träume davon, einmal mit der Transsibirischen Eisenbahn zu fahren, in die Mongolei und nach China. Außerdem würde sie „mal sehr gerne nach Peru fahren oder mich auf den Spuren Alexander von Humboldts bewegen“. Merkel: „Auf einem alten Inka-Weg zu wandern, das würde mich sehr, sehr reizen.“
In dem Interview sprach Merkel zudem über die Rollenverteilung zu Hause. „Mein Mann achtet auf Gleichberechtigung. Zu Hause bin ich nicht Bundeskanzlerin“, sagte sie. „Wenn im Haushalt etwas zu tun ist, sprechen wir uns ab.“ Zu Hause habe „jeder seine Probleme im Kopf – mein Mann die wissenschaftlichen und ich die politischen“, sagte Merkel. „Das führt dazu, dass wir uns austauschen, welche Schwierigkeiten der andere gerade hat.“ Sie rede mit ihrem Mann aber auch über Musik, Bücher, Mode oder Sport. „Und wir reden über ganz menschliche Dinge: über unsere Eltern, über Freunde und Bekannte“, fügte sie hinzu. „Wir machen Pläne: Wann gehen wir mal wieder ins Konzert? Was wird gekocht? Wen laden wir nach Hause ein?“
Das gesamte Interview können sie heute im Hamburger Abendblatt lesen.