Privatfahrten mit dem Dienstwagen? Zu viele externe Gutachter? Die Minister Ulla Schmidt (SPD) und Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verteidigen sich, die Opposition hat Zweifel. Kanzlerin Angela Merkel hat in der “Dinner-Affäre“ Unterstützung ihres Vorgängers Gerhard Schröder bekommen.
Berlin. Es war kein leichter Tag für Ulla Schmidt (SPD). Erst musste sie fast anderthalb Stunden auf ihren Auftritt vor dem Haushaltsausschuss warten, und dann wurde sie nicht eben freundlich empfangen. "Hartnäckig bis echauffiert" sei sie zur Dienstwagenaffäre befragt worden, berichtete ein Ausschussmitglied später. Die Bundesgesundheitsministerin räumte dann überraschend doch noch einen Fehler ein. "Ich persönlich würde die gleiche Entscheidung nicht mehr treffen", sagte sie, auch wenn die Richtlinien "korrekt angewendet" worden seien - dennoch gebe es eine Debatte. "Ich glaube, jetzt ist alles gesagt", meinte die SPD-Politikerin gestern mit leicht gusseisernem Lächeln und erklärte die Sache für beendet.
Die Opposition zeigte sich sehr unzufrieden und kritisierte, dass selbst die Union keine weitere Befassung des Bundesrechnungshofs wolle. Die Koalition mauere, sagte der FDP-Politiker Jürgen Koppelin. Doch auch er sieht die Aufklärungsarbeit damit vorerst am Ende, sofern der Rechnungshof nicht noch einmal von sich aus prüft. Koppelin erhob den Vorwurf, es gehe nach dem Motto: "Haust du nicht auf meinen Minister Guttenberg, dann haue ich nicht auf deine Ministerin Schmidt." So habe die Ministerin eingestanden, dass bei den Fahrten mit ihrem Dienstwagen in den Urlaub nach Spanien von 2006 bis 2008 nicht alles Leerfahrten gewesen seien.
Bisher hatte Schmidt nur eingeräumt, dass ihr Fahrer in diesem Jahr seinen Sohn nach Spanien mitgenommen habe. Schmidt verweigerte laut Koppelin weitere Informationen mit dem Argument, alles sei korrekt versteuert worden. Weitere Nachfragen seien auch durch die Union abgelehnt worden. Laut FDP soll auch im Jahr 2008 eine weitere Person in dem Dienstwagen mitgefahren sein.
Schmidt selbst sagte: "Ich habe deutlich gemacht, dass es mir leid tut, dass es zu Irritationen gekommen ist." Zugleich sprach sie sich für ein Ende der Diskussionen aus: "Aber ich gehe davon aus, dass wir jetzt zur Sacharbeit zurückkehren können." Die Eutiner Abgeordnete Bettina Hagedorn (SPD), die Mitglied im Haushaltsausschuss ist, wies den Vorwurf zurück, es habe eine Verabredung mit der Union gegeben, sich gegenseitig zu schonen. "Es gibt nur die Einsicht, dass das, was hier gerade passiert, unangemessen ist."
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) war als Erster dran. Vor dem Haushaltsausschuss des Bundestages musste er sich wegen der umstrittenen Vergabe eines Auftrags für einen Gesetzentwurf an eine Anwaltskanzlei verteidigen. Guttenberg war in die Kritik geraten, weil er die Anwaltskanzlei Linklaters mit der Arbeit an dem Gesetz zur Zwangsverwaltung maroder Banken beauftragt hatte.
Er habe für "völlige Transparenz" gesorgt, sagte Guttenberg, nachdem er dem Ausschuss Rede und Antwort gestanden hatte. Sein Auftritt, bei dem es allerdings auch um den aktuellen Stand in Sachen Opel ging, dauerte eine knappe Stunde. Um 16.35 Uhr trat der Minister dann vor die Journalisten und lobte die "gute, die sehr gute Atmosphäre". Für ihn seien alle Fragen geklärt. Er habe seine Sicht der Dinge "sehr nüchtern" dargestellt, und das sei auf "viel Verständnis gestoßen". Die Vertreter der Opposition sahen das erwartungsgemäß etwas anders. Sie meinten, es seien noch einzelne Punkte offen.
Für die Grünen hob Haushaltsexperte Alexander Bonde hervor, Guttenberg habe bei ein paar Fragen "nicht überzeugen können". Entgegen den Angaben des Ministers habe er bei der Auftragsvergabe keinen Zeitdruck erkennen können. Die Linken-Abgeordnete Gesine Lötzsch sagte, Guttenberg rede viel und sage wenig. Sie meinte allerdings auch: "Er ist natürlich sehr gewandt." Aus den Reihen der SPD gab es zunächst keine Stellungnahme.
Guttenberg sagte, er würde "jederzeit" wieder auf externe Berater zurückgreifen. Die Anwaltskanzlei habe auch kein Gesetz geschrieben, sondern sei beratend tätig gewesen - und das im dauernden Austausch mit seinem Ministerium. Er habe vor dem Ausschuss auch deutlich gemacht, dass in eiligen Fällen und wenn nicht auf Kompetenz im eigenen Haus zurückgegriffen werden könne, "es geradezu geboten ist, externen Sachverstand und externen Rat der Besten zu holen".
Der Haushaltsexperte der Unionsfraktion, Steffen Kampeter (CDU), verteidigte den Minister ebenfalls. Guttenberg habe das Problem in erfreulicher Sachlichkeit dargestellt. Auch habe die Vergabe an die Kanzlei die Diskussion im Ausschuss gar nicht dominiert. Guttenberg beendete seinen Auftritt mit den Worten: "Ich muss jetzt los, weil der Wirtschaftsausschuss noch wartet."
Schon vor Beginn der Ausschusssitzung, bei der am Ende das Ackermann-Essen im Kanzleramt auf der Tagesordnung stand, verwahrte sich Angela Merkel (CDU) deutlich gegen die Kritik an ihrer Einladung für den Chef der Deutschen Bank. Die Kanzlerin zeigte allerdings Verständnis für das öffentliche Interesse an dem Essen mit 25 Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur im April 2008. "Ich weiß, dass viele Menschen auf so etwas schauen und sagen, gibt es da zu enge Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft vielleicht? Da muss man sensibel sein", so die Kanzlerin gegenüber dem Fernsehsender N24. "Aber ich glaube, die Distanz ist durchaus gewahrt, wie man auch sieht an mancher kritischen Anmerkung, die ich dann auch zu Herrn Ackermann mache."
Merkel stellte klar, dass es keine Geburtstagsfeier für den Bankchef gegeben habe. "Es gab hier im Umfeld - nicht etwa als Geburtstagsfeier - sondern im Umfeld des 60. Geburtstags von Herrn Ackermann ein Abendessen." Das Ziel sei ausdrücklich das Gespräch mit Vertretern der Wirtschaft, Kultur, Bildung und Forschung gewesen. Schon vorher war von der Bundesregierung mitgeteilt worden, dass bei diesem Essen Schnitzel mit Spargel aufgetischt worden war. Das könne man doch wohl nicht "anstößig" nennen, sagte ein Regierungssprecher.
In der Ausschusssitzung ließ sich die Kanzlerin durch Staatsminister Hermann Gröhe (CDU) vertreten. Er sagte, es habe sich "um einen Meinungsaustausch" zu Wirtschaft, Kultur, Forschung gehandelt. Dies sei selbstverständlich.
Linkspartei und Grüne warfen Merkel nach der Sitzung, dennoch "Distanzlosigkeit" gegenüber dem Bankenmanager vor und pochten weiter auf Aufklärung. "Es gibt eine Nähe, die nicht hinzunehmen ist", sagte Gesine Lötzsch von der Linkspartei. "Dieses Essen ist die Spitze des Eisbergs, der im Lobbyismus-Sumpf in der Bundesrepublik steht." Grünen-Chefin Claudia Roth sagte: "Vorgänge wie die Geburtstagsparty von Josef Ackermann im Kanzleramt und die Ausarbeitung von ganzen Gesetzentwürfen zeigen, wie viel Nebel an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft herrscht." Der Grünen-Haushaltspolitiker Alexander Bonde kritisierte: "Es ist schon in der Nähe zur Kumpanei."
Beistand hat Merkel in dem Streit um das Essen überraschend von ihrem Vorgänger erhalten. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte mit Blick auf die Kritik, die vor allem aus seiner Partei kommt: "Mit der Veranstaltung für Herrn Ackermann habe ich kein Problem." Auch die gestiegenen Ausgaben für außergewöhnliche Aufwendungen der Kanzlerin seien unproblematisch, sagte Schröder "Spiegel Online". "Die Erhöhung ist in Ordnung. Schließlich leben wir nicht in einer Bananenrepublik, und man sollte seine Gäste ordentlich bewirten."