Präsidentin Mary McAleese sagte spontan „Wow“. Mit Königin Elizabeth II wirkt das irisch-britische Verhältnis normal – aber nur beinahe.
Dublin. Das ersehnte Wort „Sorry – Entschuldigung“ fiel nicht. Doch Queen Elizabeth II. hat bei ihrer Reise durch die Republik Irland ihren eigenen Weg gefunden, ihr Bedauern über den jahrhundertealten Konflikt zwischen Briten und Iren auszudrücken. Sie tat Dinge, die noch vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen wären: Sie ehrte irische Freiheitskämpfer, besuchte Orte, an denen Briten einst auf Iren schossen, gestand Fehler ein. Sie sprach Irisch, trug die Nationalfarbe Grün und das irische Kleeblatt-Symbol. Von irischer Seite schallte es ebenso positiv zurück. Politiker und Kommentatoren waren sich einig, dass neue Zeiten in der irisch-britischen Geschichte angebrochen sind. Fast schien es, als ob alles normal sei im Verhältnis zwischen den Nachbarn, die eine blutige Geschichte teilen. Aber nur fast.
Großbritannien und die Republik Irland – sie liegen dicht beieinander, sprechen dieselbe Sprache. Rund sechs Millionen Briten haben einen irischen Großvater oder eine Großmutter, Tausende Iren sind in Großbritannien geboren. Doch der Besuch der britischen Königin ist alles andere als selbstverständlich – auch nicht im Jahr
2011. Nur mit einem „Ring aus Stahl“ um sämtliche Auftrittsorte und mehr als 6000 Polizisten und Soldaten im Einsatz konnte die Königin über die grüne Insel reisen. Bombendrohungen und ganz reale Sprengstoff-Funde begleiteten sie dabei. Die Öffentlichkeit bekam die Monarchin so gut wie nicht zu sehen. Zwar beschränkte sich die Zahl der Demonstranten auf wenige Hundert, doch zu hören waren sie. Denn mitten in Europa schwelt auch weiterhin ein Konflikt, der trotz enormer Erfolge im Friedensprozess bis heute Menschenleben fordert.
Erst im April starb ein junger Polizist in Nordirland durch eine Bombe an seinem Auto. Wöchentlich werden im britischen Teil der Insel Sprengstoff und Waffen gefunden. Seitdem die Irisch Republikanische Armee (IRA) 2005 ihre Waffen offiziell niederlegte, übernehmen Splittergruppen den Terror. Alles hat seinen Ursprung in der jahrhundertelangen Herrschaft der Briten über Irland. In den 1920er-Jahren sagte sich der Süden davon los und wurde zur unabhängigen Republik Irland. Nordirland gehört weiterhin zu Großbritannien. Seitdem bekämpfen sich dort pro-britische Protestanten und republikanische Katholiken, wenn auch schon länger nicht mehr in großen Straßenschlachten.
„Mit dem Gewinn der historischen Einsicht können wir alle Dinge sehen, von denen wir wünschten, sie wären anders gemacht worden oder gar nicht passiert“, sagte die Königin bei ihrer einzigen Rede bei einem Staatsbankett im Dubliner Schloss. Dort hatten vor der Unabhängigkeit die britischen Herren residiert. „Ich drücke allen, die durch die Folgen unserer schwierigen Vergangenheit gelitten haben, mein aufrichtiges Gedenken und tiefstes Mitleid aus.“
Doch die 85 Jahre alte Queen blickte vor allem in die Zukunft. „Wir haben zusammen viel zu feiern: Die Bande zwischen unseren Völkern, die geteilten Werte, die wirtschaftlichen, geschäftlichen und kulturellen Verbindungen – sie machen uns zu so viel mehr als Nachbarn, sondern zu engen Freunden und gleichberechtigten Partnern.“
Irlands Präsidentin Mary McAleese, die die Queen eingeladen hatte, konnte ihre Begeisterung über den symbolgeladenen Besuch kaum verbergen. Die Begrüßungsworte in irischer Sprache zu Beginn der Rede der Königin kommentierte sie mit einem spontanen „Wow.“ Die zwei Frauen wirkten entspannt zusammen, sie scheinen sich bestens zu verstehen. „Dieser Besuch ist der Höhepunkt des Erfolges des Friedensprozesses“, sagte McAleese. „Er ist ein Bekenntnis, dass wir die Vergangenheit nicht rückgängig machen können, uns aber dazu entschlossen haben, die Zukunft zu verändern.“ (dpa)