Die USA wollen Antworten im Fall Bin Laden. Pakistans Ministerpräsident weist Vorwürfe zurück. Innenminister beschuldigt Opposition.
Islamabad. Der meistgesuchte Terroristenführer der Welt, Osama Bin Laden, ist tot. Man sollte denken, dies wäre auch ein Erfolg der Partner Pakistan und USA. Doch seit nunmehr einer Woche ist das Verhältnis bei der Länder so brüchig wie nie. Der pakistanische Ministerpräsident Yousuf Raza Gilani hat nun Vorwürfe zurückgewiesen, Behörden seines Landes, der pakistanische Geheimdienst ISI und das Militär hätten den Al-Qaida-Chef unterstützt. Gilani sagte am Montag in einer Rede vor dem Parlament, Bin Laden sei in Pakistan kein Unterschlupf gewährt worden. Auch den Vorwurf der Inkompetenz wies er zurück. Den Tod Bin Ladens bezeichnete Gilani als angemessen. Pakistans Innenminister Rehman Malik beschuldigte im Parlament die Oppositionspartei "Pakistan Muslim-Liga Nawaz", dem Terroristenführergeholfen zu haben, so die Online-Ausgabe der pakistanischen Tageszeitung "Dawn".
„Es ist unredlich, Pakistan oder seinen staatlichen Institutionen, seinem Geheimdienst und seinen Streitkräften vorzuwerfen, mit Al-Qaida unter einer Decke zu stecken“, sagte Gilani. „Mit der Ausschaltung Osama bin Ladens, der einen Terroranschlag nach dem anderen gegen unschuldige Pakistanis verüben ließ, wurde der Gerechtigkeit genüge getan.“
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Gilani räumte ein, dass sein Land dabei versagt habe, bin Laden aufzuspüren. Gleichzeitig erklärte er jedoch, dass es nicht nur ein Versäumnis Pakistans gewesen sei, sondern eines „aller Geheimdienste der Welt“.
Pakistans Innenminister Rehman Malik fand einen anderen Schuldigen im Spiel um Bin Laden. Er beschuldigte die pakistanische Muslim-Liga (PML-N), Bin Laden mit ärztlicher Versorgung und Medikamenten geholfen zu haben. Im Gegenzug hätte Osama Bin Laden der Partei finanzielle Zuschüsse gegeben. Er behauptete weiter, die Partei wäre verantwortlich dafür, dass Bin Laden von Ägypten nach Pakistan gelangt wäre.
Gilani warnt vor weiteren unilateralen Einsätzen in Pakistan
Gilani kündigte eine Untersuchung dazu an, wie der Terrorchef sich so lange im Land verstecken konnte. Der pakistanische Ministerpräsident warnte außerdem vor weiteren unilateralen Einsätzen auf pakistanischem Boden. „Pakistan behält sich das Recht vor, mit voller Kraft zurückzuschlagen“, sagte er. So habe das pakistanische Militär Kampfjets und Truppen zu bin Ladens Anwesen in Abbottabad entsandt, als sie von der US-Kommandoaktion erfahren hätten. Gleichzeitig betonte er, die Beziehung zu den Vereinigten Staaten sei weiterhin stark.
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Bin Laden wurde vor einer Woche von einer amerikanischen Spezialeinheit in der pakistanischen Garnisonsstadt Abbottabad aufgespürt und getötet. Daraufhin waren Vermutungen aufgekommen, die pakistanischen Streitkräfte oder der Geheimdienst könnten dem am meisten gesuchten Terroristen der Welt geholfen haben.
US-Präsident Barack Obama hatte in einem am Sonntag im US-Fernsehsender CBS ausgestrahlten Interview erklärt, Bin Laden müsse in Pakistan eine Art Netzwerk gehabt haben, das ihn unterstützt habe. Andernfalls hätte er nicht über Jahre in Abbottabad leben können – einer Stadt mit zahlreichen Militäreinrichtungen. Ob unter den Unterstützern Personen innerhalb oder außerhalb der Regierung gewesen seien, wisse er nicht, sagte Obama. Die USA wollten dazu weiter ermitteln, „und, was noch wichtiger ist, die pakistanische Regierung muss ermitteln“.
Washington: Tod Bin Ladens hat keinen Einfluss auf Guantanamo-Pläne
Nach der Tötung von El-Kaida-Chef Osama Bin Laden hält die Regierung von US-Präsident Barack Obama an der geplanten Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantanamo fest. Dies sei weiter die „Absicht“ der Regierung, sagte US-Justizminister Eric Holder am Montag in Paris. Er glaube nicht, dass der Tod Bin Ladens in irgendeiner Form den Zeitpunkt der Schließung beeinflussen werde. Aus den Reihen der Republikaner waren Forderungen laut geworden, Terrorverdächtige weiter in dem Gefangenenlager auf Kuba zu inhaftieren, weil Informationen aus Verhören in Guantanamo zu der erfolgreichen Fahndung nach dem El-Kaida-Chef beigetragen haben sollen.
Das Gefangenenlager Guantanamo und die dortigen Sondertribunale, die den Angeklagten nur eingeschränkte Rechte gewähren, gelten als Sinnbild für die Exzesse der Anti-Terror-Politik unter dem früheren Präsidenten George W. Bush. Obama war bei den Präsidentschaftswahlen 2008 mit dem Versprechen angetreten, das Lager binnen eines Jahres zu schließen und legte nach seinem Amtsantritt Anfang 2009 die Prozesse vor den Militärtribunalen auf Eis.
Angesichts innenpolitischer Widerstände machte er Anfang März aber eine Kehrtwende und billigte neue Militärprozesse in Guantanamo. Seine Regierung erklärte, fünf mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 in Guantanamo vor Gericht stellen zu wollen. Auch dem Hauptverdächtigen des Anschlags auf das US-Kriegsschiff „USS Cole“ im Jahr 2000 soll dort der Prozess gemacht werden. Offiziell gibt Obama die Schließung des Gefängnisses allerdings weiter als Ziel aus.
(Mit Material von dapd/afp)