Hamburg/Osnabrück. Osnabrücks Trainer Marco Grote spricht über das Duell gegen seinen Vorgänger Daniel Thioune und seine Rückkehr nach Hamburg.

Marco Grote saß gerade auf dem Sofa und guckte Tatort, als er von dem neuesten Gerücht hörte. „Wird Daniel Thioune neuer Trainer beim HSV?“ Es war Sonntag der 5. Juli und aus dem Gerücht wurde schon am Montagmorgen ein Fakt. Grote hatte sofort einen Gedanken und musste auch nicht lange warten, ehe dieser Gedanke genauso schnell zum Fakt wurde wie das Thioune-Gerücht.

„Noch am Montagabend hat mich Benjamin Schmedes angerufen“, erzählt der 48-Jährige ein halbes Jahr später im Abendblatt-Podcast „HSV – wir müssen reden“. Der Sportdirektor des VfL Osnabrück fragte Grote, ob er sich vorstellen könne, Nachfolger von Daniel Thioune als Trainer des VfL Osnabrück zu werden. Grote konnte es sich gut vorstellen.

HSV gegen Osnabrück: ein besonders Trainerduell

An diesem Montag (20.30 Uhr/Sky) trifft er im Volksparkstadion mit Osnabrück auf seinen Vorgänger, der seit einem halben Jahr den HSV trainiert. Es ist ein in doppelter Hinsicht besonderes Trainerduell. Während Thioune als Trainer erstmals auf seine alte Liebe Osnabrück trifft, kehrt Grote als Chefcoach zu seinem Ex-Club zurück.

Durchsetzungsstark: Marco Grote (M.) im März 2003 als HSV-Kapitän im Regionalligaspiel bei Dynamo Dresden (0:0).
Durchsetzungsstark: Marco Grote (M.) im März 2003 als HSV-Kapitän im Regionalligaspiel bei Dynamo Dresden (0:0). © Imago/Dehlis

Was viele womöglich nicht wissen: Der gebürtige Bremer war auch mal ein Hamburger. Von 2000 bis 2004 spielte Grote für den HSV. Allerdings nicht für die Profis, sondern die zweite Mannschaft in der Regionalliga Nord. Der damalige HSV-II-Trainer Stefan Böger sprach den früheren Innenverteidiger nach einem Spiel im Dezember 1999 gegen den VfB Oldenburg an und überzeugte ihn, nach Hamburg zur U23 des HSV zu kommen.

Fast hätte Grote für den HSV in der Bundesliga gespielt

Zu diesem Zeitpunkt war Grote schon 27 Jahre alt. Böger suchte einen Führungsspieler für seine junge Truppe. Und fand ihn mit Grote, der später auch lange Kapitän werden sollte. Für eine Profikarriere war es zu diesem Zeitpunkt aber schon zu spät. Und Grote gibt auch ehrlich zu, dass ihm für eine größere Karriere ein wenig Talent fehlte. „Ich war nicht gerade ein Edeltechniker. Für einen dauerhaften Bundesligaspieler waren meine Fähigkeiten zu eingeschränkt.“

Trotzdem hätte es für den Mentalitätsverteidiger fast zu einem Bundesligaspiel gereicht. Unter Frank Pagelsdorf schaffte es Grote mehrfach in den Bundesligakader. Zum Einsatz kam er aber erst auf der Saisonabschlussfahrt der Profis in Chicago.

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Beim 1:5 gegen die Chicago Fire musste er gegen den früheren Weltklassestürmer Hristo Stoichkov spielen – und sah nicht sonderlich gut aus. „Stoitchkov hatte Bock“, sagt Grote 20 Jahre später und lacht. Fortan blieb er beim HSV II, ehe er unter Thomas Doll 2004 seine aktive Karriere beendete und Stefan Böger als Co-Trainer zum VfB Lübeck folgte. „Es hätte als Spieler besser laufen können, aber ich habe das nie bedauert“, sagt er heute.

Das größte Spiel in Grotes Trainerkarriere

Grote sitzt im Medienraum des VfL Osnabrück an der Bremer Brücke und freut sich auf sein bislang wohl größtes Spiel seiner Trainerkarriere. Nach zwölf Jahren als Nachwuchscoach bei Werder Bremen wagte der Fußballlehrer im vergangenen Sommer den Sprung in den Profifußball.

An der Seite seines Co-Trainers und früheren HSV-Zimmerpartners Deniz Dogan hätte das erste Halbjahr kaum besser laufen können – trotz der enttäuschenden 2:3-Heimniederlage zuletzt gegen den Tabellenletzten Würzburger Kickers. Der vor der Saison als Abstiegskandidat gehandelte VfL holte bereits 22 Punkte und liegt nach 15 Spielen auf einem guten neunten Platz. So eine Ausbeute hätten den Osnabrückern nach dem Abgang von Aufstiegstrainer Daniel Thioune nicht viele Experten zugetraut.

Grote über Thioune: "Daniel ist ein feiner Kerl"

„Vielleicht ist es auch ein leichtes Erbe, weil Daniel es so gut gemacht hat“, sagt Grote und deutet an, dass der heutige HSV-Trainer in Osnabrück gute Strukturen hinterlassen hat. Grote scheute sich auch nicht, seinen Vorgänger einige Wochen nach dem Amtsantritt anzurufen. „Daniel zu kontaktieren machte für mich Sinn. Es gab kein spezielles Thema. Für mich gehörte sich das einfach, mal mit ihm zu schnacken. Er ist ein feiner Kerl.“

Thiounes Nummer hatte Grote schon länger gespeichert. In ihren Zeiten als Nachwuchstrainer in Bremen (Grote) und Osnabrück (Thioune) waren sie sich zuvor schon oft begegnet. „Bei den Duellen hatte er immer das Schwert – und wir sind mit einem Taschenmesser angetreten“, sagte Thioune am Freitag in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung. Besser lief es für Thioune in seiner Zeit als Spieler. Mit Osnabrück erzielte er in allen drei Spielen gegen Gegenspieler Grote und den VfB Oldenburg ein Tor. „Vielleicht habe ich ihn deswegen noch in Erinnerung“, sagt Grote und muss schmunzeln.

Grote: "Der HSV gehört in die Erste Liga"

Am Montag treffen sie sich nun erstmals als Profitrainer. „Ich erwarte ein temporeiches Spiel. Wir haben einen fußballerischen Ansatz, an dem ich festhalte. Der HSV ist der Favorit. Er hat nun mal den besten Kader in dieser Liga. Aber wir werden ein unbequemer Gegner sein und unsere Chance suchen“, sagt Grote angriffslustig.

Nach dem Spiel wünscht er seinem Ex-Club aber alles Gute. „Ich würde mich für den HSV und Daniel freuen, wenn der Aufstieg gelingt. Es wird Zeit. Der HSV gehört in die Erste Liga.“