Hamburg. Wahl-Spezial im Podcast: Heute mit der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und Spitzenkandidat Marcus Weinberg.
Sie ist CDU-Vorsitzende und Bundesverteidigungsministerin, er Bundestagsabgeordneter und Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl. Annegret Kramp-Karrenbauer und Marcus Weinberg sprechen in einem Wahl-Spezial der Reihe „Entscheider treffen Haider“ mit Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider über ihre Ideen für Hamburg, Angela Merkel und Olaf Scholz – und über den größten politischen Gegner. Das sagen die beiden CDU-Politiker über ...
... Hamburg:
Kramp-Karrenbauer: „Hamburg ist eine sehr schöne Stadt mit sehr netten Menschen, an die ich auch mit Blick auf den eigenen CDU-Parteitag vor einem Jahr nur gute Erinnerungen habe. Aber natürlich könnte die Stadt noch besser regiert werden. Hamburg ist eine Stadt, deren Erfolg allein schon wegen des Hafens stark von der Mobilität abhängt, da muss man aufpassen, dass die Weichen jetzt nicht falsch gestellt werden. Und in Zeiten, in denen es darum geht, Mobilität klimafreundlich zu gestalten, kann man unheimlich viel falsch machen. Hamburg braucht in der Regierung jetzt wirtschaftliche Vernunft.“
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Weinberg: „Hamburg geht es gut, noch gut, aber es gibt erste Eintrübungen. Und auf die muss man sich einstellen. Wir müssen jetzt etwas für Wirtschaft und Wachstum in Hamburg tun.“
... klare Koalitionsaussagen:
Weinberg: „Unsere Präferenz für Hamburg ist eine sogenannte Deutschland-Koalition aus SPD, CDU und FDP. Die grüne Spitzenkandidatin Katharina Fegebank und ich haben persönlich ein gutes Verhältnis, aber das nützt nichts, wenn die Grünen grundsätzliche Funktionen der Stadt bei Sicherheit, wirtschaftlicher Entwicklung und Infrastrukturprojekten infrage stellen. Ich selbst war früher im Bezirk Altona ein Befürworter und Unterstützer von Schwarz-Grün. Doch man muss natürlich darauf reagieren, wenn sich ein Partner anders positioniert. Und das ist bei den Grünen mit Blick auf das Wahlprogramm und Äußerungen zu Themen wie Sicherheit und Infrastrukturprojekten der Fall.“
Entscheider treffen Haider: Die Wahl-Spezials:
- Robert Habeck: "Die Grünen sind die vielleicht bürgerlichste Partei des Landes"
- Christian Lindner: "Man kann die Erderwärmung nur mit kühlem Kopf bekämpfen"
- Bernd Riexinger: "In Hamburg gibt es eine große soziale Spaltung"
AKK: „Unser Ziel muss es immer sein, als CDU so stark wie möglich zu werden. Dabei konkurrieren wir auch stärker mit den Grünen, die etwa bei der Umsetzung des Klimaschutzes ganz andere Vorstellungen als wir haben und viel mit Verboten arbeiten. Am Ende muss man nach Wahlen immer schauen, ob man eine Regierung zustande bekommt, die für das jeweilige Bundesland gut ist. Und bei der SPD kenne ich zum Glück immer noch viele, die eher den Vorstellungen eines Helmut Schmidt als jenen des neuen Führungsduos anhängen.“
... Umfragen, in denen die CDU nur noch drittstärkste Partei ist:
Weinberg: „Hamburg ist historisch mit Blick auf die Milieus eher eine sozialdemokratisch orientierte Stadt. Deshalb liegt die CDU bei Bürgerschaftswahlen traditionell in Hamburg immer acht bis zehn Punkte hinter den Ergebnissen, die sie im Bund erzielt.“
AKK: „In Hamburg geht es nicht nur um die Frage, wer Bürgermeisterin oder Bürgermeister wird. Es geht darum, ob die richtige Politik gemacht wird, und da ist eine rot-grüne Regierung für Hamburg nicht die beste Kombination.“
Weinberg: „Hamburg braucht eine Geschichte für die nächsten Jahre, die fehlt mir bei der SPD, bei den Grünen ist sie sehr ideologisch gedacht. Ich vermisse gerade bei den Grünen in der Verkehrspolitik eine gewisse Verlässlichkeit. Ich finde es bedenklich, dass die Grünen nach den Erfahrungen, die wir in Hamburg bei G 20 gemacht haben, das Vermummungsverbot lockern wollen. Angesichts solcher Pläne gibt es in Hamburg zurzeit keinen gemeinsamen Geist zwischen den Grünen und der CDU.“
... Hamburgs größtes Problem:
Weinberg: „Wir hinken der Entwicklung anderer Metropolen wie Kopenhagen oder München hinterher und nutzen unsere wirtschaftliche Potenziale nur unzureichend. In den vergangenen Jahren ging es uns überall in Deutschland gut. Aber nun wird es gesamtwirtschaftlich schwieriger. Jetzt müssen sich Metropolen wie Hamburg dem Wettbewerb stellen, und da konkurrieren wir nicht nur mit Kopenhagen oder München, sondern auch mit London und Paris.“
AKK: „Wenn man sich außerhalb von Deutschland bewegt, merkt man, mit welcher Dynamik sich gerade die Welt verändert. Es entstehen neue Regionen, die wirklich Power haben. Und ich habe manchmal das Gefühl, dass wir hier in Deutschland noch ein wenig im Dornröschenschlaf sind. Deswegen ist die entscheidende Frage, was in der Zukunft passiert. Dafür müssen erfolgreiche Politiker die Menschen begeistern. Das ist das Momentum, das Hamburg braucht.“
... autofreie Innenstädte und das 365-Euro-Ticket für den ÖPNV:
AKK: „Man braucht in einer modernen Verkehrspolitik ein Konzept, das mit allen verhandelt wird und nicht allein die Autofahrer zu Sündenböcken macht. Das tut einer Stadt nicht gut.“
Weinberg: „Wir wollen nicht verbieten, wir wollen eine Partnerschaft der verschiedenen Verkehrsteilnehmer. Ich will Mobilität so gestalten, dass sie bequem, zuverlässig und günstig ist. Hamburg hat im ÖPNV mit die höchsten Ticketpreise in Deutschland, viele Menschen können sich das nicht leisten. Deshalb schlagen wir ein 365-Euro-Jahresticket vor, das in der ersten Stufe Schüler, Studenten und Senioren nutzen können. In der zweite Stufe soll das Ticket dann für alle Hamburger gelten. Wer für die Nutzung des ÖPNV nur einen Euro pro Tag zahlen muss, wird eine ganz andere Motivation haben, aufs Auto zu verzichten.“
... steigende Mieten:
AKK: „Dagegen hilft nur, dass man mehr Wohnraum schafft, und zwar zu Preisen, die sich auch Menschen leisten können, die nicht so gut verdienen. Im Moment haben wir in Städten das Problem, dass die Grundstückspreise so hoch sind, dass selbst Genossenschaften relativ hohe Mieten nehmen müssen, weil sie den Bau ihrer Häuser sonst nicht refinanziert kriegen.“
Weinberg: „Wir müssen das Baurecht verändern, damit Investoren schneller und günstiger bauen können. Wir brauchen auch wieder mehr Werkswohnungen und günstige Wohnungen für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. Und wir müssen das Thema Wohnen nicht nur als Hamburger, sondern als norddeutsches Thema sehen, müssen in unsere Planungen also die Landkreise und Städte, die an Hamburg grenzen, einbeziehen – zumal man von dort mit dem ÖPNV oft schneller in der City ist als etwa von Sasel. Mir ist angesichts der vielen Wohnungen, die neu entstehen, noch etwas anderes wichtig: Wir sollten nachhaltig und mit Umsicht bauen und aufpassen, dass wir die gewachsene Seele Hamburgs nicht kaputtmachen. Wir müssen genau schauen, wo wir verdichten können, und wo wir das besser sein lassen.“
... den Klimaschutz:
AKK: „Klimaschutz steht auf der Tagesordnung und ist ein Gedanke, der sehr tief in der CDU verwurzelt ist. Wir haben im vergangenen Sommer ein tolles Klimaschutzprogramm entwickelt, das auch ordnungspolitisch die richtigen Akzente setzt. Es stellt sich nicht die Frage, ob Hamburg in ein paar Jahren eine wirtschaftlich starke oder eine klimafreundliche Stadt ist. Die Frage lautet, ob Hamburg es schafft, klimafreundlich und wirtschaftlich stark zu sein. Das ist die Kombination der Zukunft.“
Weinberg: „Wir haben in Hamburg die große Chance, dass wir im Bereich Klimaschutz Treiber werden. Im Bereich der erneuerbaren Energien könnten wir weltweit eine Vorreiterrolle übernehmen, wir müssen entsprechende Unternehmen ansiedeln.“
... die Bedeutung der Hamburg-Wahl für Deutschland:
AKK: „Natürlich spielt die Hamburg-Wahl auch eine Rolle für die Bundespolitik. Hamburg ist das Tor zur Welt, Deutschlands wichtigster Hafen, und wir als Exportnation sind darauf angewiesen, dass die Logistik hier funktioniert. Deshalb hat die Frage, ob es Hamburg gut geht, auch für den Rest des Landes eine Bedeutung.“
... Olaf Scholz’ Vorhersage, dass die CDU unter zehn Prozent landet:
AKK: „Olaf Scholz hat ja auch mit anderen Dingen gerechnet, was beispielsweise den SPD-Vorsitz angeht. Wir wollen in Hamburg so stark werden, wie es irgendwie geht. Und wo wir als Bundespolitiker helfen können, werden wir das tun, gern auch vor Ort.“
... die Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Wahlkampf:
Weinberg: „Die Bundeskanzlerin hatte selbst die Idee, nach Hamburg zu kommen. Wir hatten auch schon zwei sehr spannende Termine, die aber leider wegen internationaler Verpflichtungen abgesagt werden mussten. Im Moment gibt es keinen weiteren Termin.“
AKK: „Im Moment ist international so viel los, dass der Bundeskanzlerin dafür einfach die Zeit fehlt. Deshalb haben wir alle in der CDU auch Verständnis dafür, dass sie etwa in der Libyen-Krise ihre Autorität und Kraft einsetzt, um dort etwas zu bewegen.“
... die Frage, ob ein Frau oder ein Mann Bürgermeister/in wird:
AKK: „Eigentlich leben wir heute in Zeiten, in denen es keine Rolle spielen sollte, ob der Bürgermeister ein Mann oder eine Frau ist. Wenn es um entscheidende Weichen geht, die man für eine Stadt wie Hamburg stellt, ist die Schlagzeile, dass diese Stadt von einer Frau regiert wird, nur eine Schlagzeile für einen Tag. Wenn diese Bürgermeisterkandidatin aber für den Posten problematische politische Vorstellungen hat, lebt man mit den Folgen sehr viel länger. Das müssen sich die Hamburger gut überlegen.“
Weinberg: „Bei uns spielt das Geschlecht keine Rolle, sondern die Kompetenz und die Leistungsfähigkeit.“
... die Frage, ob es am Ende nicht doch bei Rot-Grün bleibt:
Weinberg: „Wenn es wieder zu einer Koalition zwischen SPD und Grünen kommt, werden die Grünen deutlich stärker sein als vor fünf Jahren. Damit werden die Ansprüche auch andere sein, dann wird Umweltsenator Jens Kerstan nicht nur vier Punkte im Koalitionsvertrag einfordern, sondern sieben. Bürgermeister Peter Tschentscher muss sagen, wie viel er den Grünen bereit ist zu geben. SPD und Grüne haben übrigens, obwohl sie sich streiten wie Kesselflicker, eine Präferenz, weiter gemeinsam zu regieren. Und ob das die Geschichte der Zukunft für Hamburg ist, ist äußerst zweifelhaft. Viele Hamburger sagen ja, dass sie auf keinen Fall eine grüne Bürgermeisterin wollen. Aber Rot-Grün in neuer Formation, mit einem deutlich gestiegenen Einfluss der Grünen, würde das Gesicht der Stadt ebenso verändern. Das wäre für Hamburg nicht gut.“