Berlin. Der manövrierunfähige Tanker in der Ostsee mit 99.000 Tonnen Öl an Board wird abgeschleppt. Sturmböen machen den Rettern das Leben schwer.
Der manövrierunfähige Öltanker „Eventin“ in der Ostsee wird von drei Schleppern knapp 25 Kilometer Richtung Osten gezogen. Der Schleppverband sei mit ein bis zwei Knoten (1,85 - 3,7 km/h) sehr langsam unterwegs, erklärte der Sprecher des Havariekommandos. Das Manöver werde deshalb voraussichtlich acht Stunden dauern.
Die Verlagerung des Tankers nach Osten sei aus Sicherheitsgründen notwendig. Man habe dann in Richtung Süden etwas mehr freies Seegebiet, falls etwas Unvorhergesehenes passiere, sagte der Sprecher. Für die Nacht sind den Angaben zufolge starke Winde aus Norden angekündigt. Bislang lag die Insel Rügen direkt südlich des havarierten Tankers.
Öltanker in der Ostsee: „langsam gingen die Batterien aus“
Das Expertenteam, das mit einem Hubschrauber auf die „Eventin“ gebracht wurde, werde von einem Hubschrauber der Bundespolizei wieder abgeholt, hieß es weiter. Die Seeleute seien darauf spezialisiert, die Verbindungen zu den Schleppschiffen herzustellen, hieß es. Sie brachten den Angaben nach Taschenlampen und Funkgeräte mit an Bord, da dort nach einem Stromausfall „langsam die Batterien ausgehen“.
Das mit etwa 99.000 Tonnen Öl beladene Schiff war am Freitagnachmittag unkontrolliert durch die Ostsee getrieben. An Bord war der Strom ausgefallen, sodass auch die Maschinen nicht laufen konnten. Nach Angaben des Tracking-Dienstes Vesselfinder war der Tanker auf dem Weg von Ust-Luga (Russland) nach Port Said (Ägypten). Das Schiff sei dicht, für die Umwelt bestehe keine Gefahr, hatte eine Sprecherin des Havariekommandos der Deutschen Presse-Agentur am Nachmittag gesagt. Auch die 24-köpfige Besatzung sei ungefährdet und bleibe vorerst an Bord, so die Sprecherin.
Sturm erschwert die Rettung
Allerdings verschlechterte sich die Wetterlage in der Ostsee am späten Abend. Dem Havariekommando zufolge gab es Böen der Stärke sieben und zweieinhalb Meter hohe Wellen. Aufgrund des Sturms wurden zusätzliche Schiffe und ein Expertenteam zu dem havarierten Tanker beordert. Sie sollten sicherstellen, dass das 274 Meter lange Schiff mit 24 Mann Besatzung an Bord zuverlässig an seiner Position bleibt.
Der Sturm soll nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am Samstagmorgen Böen bis zur Stärke 9 erreichen. Die Böen sollen demnach bis Sonntag mit Stärke 7 anhalten. Ob, wann und auf welche Weise der Tanker in einen Hafen geschleppt werden kann, war zunächst unklar. Ein Sensorflugzeug überflog am Freitag das Gebiet. Öl-Verschmutzungen seien dabei nicht festgestellt worden, hieß es.
Öltanker treibt in der Ostsee – Baerbock kritisiert Putin
Die unter der Flagge von Panama fahrende „Eventin“ ist Baujahr 2006 und steht auf einer Liste der Umweltorganisation Greenpeace mit Schiffen der sogenannten russischen Schattenflotte. Mit solchen Schiffen wird russisches Öl exportiert. Sie sind oft überaltert. „Die ‚Eventin‘ ist nur das jüngste Beispiel dafür, wie die Schiffe der russischen Schattenflotte tagtäglich die Ostseeküste bedrohen“, kommentierte Thilo Maack, Meeresbiologe bei Greenpeace. Der „Eventin“-Vorfall könne sich jederzeit wiederholen, warnt er.
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Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warf Russland vor, mit seiner Schattenflotte schwere Umweltschäden in Kauf zu nehmen und zugleich den Tourismus zu gefährden. „Mit dem ruchlosen Einsatz einer Flotte von rostigen Tankern umgeht Putin nicht nur die Sanktionen, sondern nimmt auch billigend in Kauf, dass der Tourismus an der Ostsee zum Erliegen kommt - sei es im Baltikum, in Polen oder bei uns.“ Russland gefährde die europäische Sicherheit „nicht nur mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine, sondern auch mit durchtrennten Kabeln, verschobenen Grenzbojen, Desinformationskampagnen, GPS-Störsendern und eben auch mit maroden Öltankern.“
Erst Mitte Oktober hatte es einen Zwischenfall mit einem Tanker vor Mecklenburg-Vorpommerns Küste gegeben. Das kleine Öltankschiff „Annika“ brannte auf der Ostsee in Sichtweite Küste. Das Schiff war auf dem Weg von Rostock nach Travemünde, als am 11. Oktober rund 4,5 Kilometer vor dem Ostseebad Heiligendamm an Bord Feuer ausbrach. Nach ersten Löscharbeiten auf See war das 73 Meter lange und 12 Meter breite Schiff von Schleppern in den Rostocker Überseehafen bugsiert worden. Öl trat bei dem Zwischenfall nicht aus.
daw/mein/dpa