Florenz. Zum ersten Mal seit Jahren öffnet Florenz den „Corridoio Vasariano“ für Touristen. Der Geheimgang hatte einst eine besondere Funktion.
Florenz ist eine der beliebtesten Städte Italiens mit jährlich mehreren Millionen Besuchern. Zu den vielen faszinierenden Bauten in Florenz ist nun ein weiteres Highlight hinzugekommen: Ab Samstag, 21. Dezember, kann die Öffentlichkeit durch einen berühmten Korridor spazieren, der nun nach langjährigen Bauarbeiten offiziell eröffnet wurde.
Der „Corridoio Vasariano“ oder „Vasari-Corridor“ ist ein historischer Geheimgang, der vom Architekten Giorgio Vasari im Jahr 1565 auf Anweisung von Großherzog Cosimo I. de‘ Medici gebaut wurde. Anlass war die Hochzeit seines Sohnes Francesco mit Johanna von Österreich. Das Ehepaar sollte über den Vasari-Korridor ungestört seine Paläste erreichen können. Und auch die anderen Mitglieder der Medici-Familie nutzten den Gang, um sich unauffällig und sicher durch die Stadt zu bewegen.
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Der traditionsreiche Gang verbindet den Palazzo Vecchio, Sitz des Florentiner Rathauses, mit dem Palazzo Pitti, dem Medici-Palast am anderen Ende der Stadt. Aber nicht nur die Medici waren hier unterwegs. Auch von Spionen wurde der Gang im 16. Jahrhundert oft genutzt.
Italiens alter Geheimgang sollte Medici-Familie vor Gefahren schützen
Der „Corridoio Vasariano“ erstreckt sich über eine beeindruckende Länge von etwa einem Kilometer und führt über den Ponte Vecchio, eine der bekanntesten Brücken von Florenz über den Fluss Arno. Auf dieser Brücke, so heißt es, wurden in der Vergangenheit auch Geschäfte und Werkstätten betrieben. Der Gang war ursprünglich von Kunstwerken gesäumt, die die Macht und den Reichtum der toskanischen Herrscherfamilie Medici widerspiegelten. Diese Kunstsammlung umfasste Werke von berühmten Künstlern wie Leonardo da Vinci, Raffael und Caravaggio, die entlang des Ganges ausgestellt wurden. Von seinen Fenstern aus bietet sich ein einzigartiger Blick auf Florenz.
Wer einmal bei strömendem Regen von den Uffizien zum Palazzo Pitti gegangen ist, weiß, warum die Idee eines überdachten Laufgangs trotz der Länge faszinierte. Schließlich wollte Herzog Cosimo von den Büros der Staatsverwaltung aus den Hauspalast trockenen Fußes erreichen. Außerdem brauchte sich ein feiner Medici-Herzog nicht mit dem gewöhnlichen Volk auf den Gassen gemein zu machen. Der „Korridor“ ist übrigens kein düsterer, enger Fluchtweg, sondern im Durchschnitt vier Meter breit und ebenso hoch.
Der renovierte Korridor wurde behindertengerecht ausgestattet
Der geheime Gang der Medici war seit 2016 geschlossen, weil eine Renovierung nötig wurde. Die Arbeiten, die den italienischen Staat elf Millionen Euro kosteten, begannen 2022 und wurden in den vergangenen Wochen abgeschlossen. Der Korridor ist mit einem System von Plattformen und Aufzügen behindertengerecht gestaltet worden. Er verfügt über LED-Beleuchtung, ist vollständig videoüberwacht und klimatisiert. Auch wurden fünf neue Notausgänge installiert. Das Renovierungsprojekt umfasste auch die Restaurierung der Innenräume: insbesondere Verputz, Fliesen und Terrakottaböden.
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Der Vasari-Korridor kann von Dienstag bis Sonntag von maximal 25 Personen besichtigt werden. Besucher müssen mit einem halbstündigen Fußmarsch rechnen. Bis 2016 konnten nur wenige Tourveranstalter hier Besichtigungen anbieten und damit eine Menge Geld verdienen. „Zum ersten Mal in der Geschichte ist der Medici-Geheimgang jetzt allen Besuchern zugänglich. Dabei handelt es sich um ein Werk von unvergleichbarer Großartigkeit“, kommentierte Uffizien-Chef Simone Verde nach der Einweihung des restaurierten Geheimgangs am Freitag.
Die Medici waren eine einflussreiche Bankiersfamilie aus Florenz, die während der Renaissance eine entscheidende Rolle spielte und zur kulturellen Blüte der Stadt beitrug. Die Familie erlangte im Laufe der Zeit nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische und kulturelle Macht. Zu den wichtigsten Bauwerken im Zusammenhang mit der Familie zählen der Palazzo Medici Riccardi, die Medici-Kapellen und die Uffizien, Italiens meist besuchtes Museum.