Berlin. Eigentlich hatten die Retter erst am Abend oder Donnerstagfrüh gerechnet, Ottavia Piana aus der Höhle zu tragen. Nun ging alles schneller.

Die verunglückte Höhlenforscherin Ottavia Piana ist gerettet worden. Dick eingepackt und fest verschnürt auf einer Trage liegend hievten mehrere Retter Piana durch die engen und rutschigen Gänge der Höhle Abisso Bueno Fonteno in Norditalien. Zentimeter für Zentimeter tasteten sie sich im Licht der Stirnlampen vor. Am frühen Mittwochmorgen konnten sie dann mit Piana den Ausgang der Höhle erreichen.

Um 2.59 Uhr atmete die 32-Jährige wieder frische Luft. Im Freien wartete in der Luft stehend ein Helikopter, der sie über eine Seilwinde heraufzog, um sie anschließend in ein Krankenhaus zu bringen. Bei ihrem Absturz am Wochenende hatte sich die Frau schwer verletzt. Nach Angaben der Retter zog sie sich dabei Wirbel- und Rippenverletzungen und auch Verletzungen im Gesicht zu.

Am Ende ging es schneller als gedacht: Eigentlich war der Aufstieg zum Ausgang der Höhle am späten Mittwochabend oder sogar erst am Donnerstagmorgen erwartet worden. Überraschend gelang es den Rettern jedoch, den letzten Abschnitt des Labyrinths schneller als ursprünglich geplant zurückzulegen. Die Rettungsmission dauerte insgesamt rund 75 Stunden.

Seit Samstag lief in dem Höhlenlabyrinth am Nordufer des Iseo-Sees zwischen den italienischen Städten Bergamo und Brescia die aufwendige Aktion. Die Forscherin war mit mehreren weiteren Begleitern in der weitläufigen Höhle unterwegs, um den bislang unbekannten Teil zu erforschen. Beim Abstieg in einen engen Tunnel verlor sie offenbar den Halt und rutschte mehrere Meter in die Tiefe.

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Unklar wie schwer Piana verletzt ist

Mehr als 150 spezialisierte Berg- und Höhlenretter auch aus anderen Regionen beteiligten sich an der Bergung. Diese gestaltete sich äußerst schwierig. Die riesige Höhle wurde erst 2006 entdeckt. Dabei handelt es sich um ein enormes Labyrinth an unterirdischen Gängen, Wasserfällen und Seen mit einer Gesamtlänge von 50 Kilometern. Nicht einmal die Hälfte davon ist erforscht. 

Retter und Mediziner erreichten Piana bereits am Wochenende und richteten ein beheiztes Basislager ein. Um aus der Tiefe mit der Außenwelt kommunizieren zu können, wurde eine Telefonleitung von der Oberfläche zur Unglücksstelle verlegt. Danach begann auch schon die Rettungsmission: Piana wurde fest auf einer Trage verschnürt und durch die Gänge getragen.

Während des gesamten Einsatzes war die Forscherin in einem stabilen Zustand. Wie schwer ihre Verletzungen jedoch sind, ist noch unklar. Der Transport musste daher besonders schonend erfolgen. Piana durfte etwa nur in waagerechter Lage getragen werden.

Piana zieht Konsequenzen aus zweitem Unglück

Ein Retter berichtete der Zeitung „Corriere della Sera“, wie kompliziert der Einsatz war: „In einigen Gebieten der Höhle kann man gehen und die Trage liegt auf den Schultern, in anderen Gegenden wird sie von einer Hand zu Hand gereicht, insbesondere in den engsten Schluchten. In diesen Gebieten arbeiten die Retter auch im Sitzen, indem sie die Trage über ihre Knie führen.“

Piana war bereits im Juli 2023 in derselben Höhle verunglückt. Sie brach sich damals bei einem Absturz den Fuß und musste in einer schwierigen Rettungsmission aus der Höhle ins Freie gebracht werden. Damals konnte sie nach zwei Tagen gerettet und ins Krankenhaus gebracht werden. Zurück in eine Höhle will Piana jedoch nach dem jüngsten Absturz nicht mehr. Ei­nem am Einsatz beteiligten Arzt vertraute sie bereits an, nie wieder eine Höhle zu betreten und die Höhlenforschung aufgeben zu wollen.