Hamburg. Weil es in seinem Atelier Wasser leckte, holte ein Künstler den Handwerker. Hinter dem Wandputz verbarg sich ein uraltes Geheimnis.
Die Laudatio Turiae ist eine der bekanntesten römischen Grabinschriften und ein beeindruckendes Zeugnis von Ehe, Tugend und Loyalität in der Antike. Die Inschrift, die vermutlich aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. stammt, wurde von einem römischen Ehemann verfasst, der seiner verstorbenen Frau Turia ein bewegendes Denkmal setzte. Der Text erstreckte sich ursprünglich über eine große Marmorplatte und zählt mit über 180 Zeilen zu den längsten bekannten römischen Grabinschriften.
In Frankreich verdankten Archäologen nun einem Wasserschaden die Entdeckung einer fast 2000 Jahre alten bemerkenswerten Inschrift aus der römischen Antike.
Weil es in seiner zu einem Atelier umgebauten Kapelle Wasser leckte, beauftragte der französische Künstler Jean Charles Blais einen Handwerker mit der Reparatur. Dabei kam unter dem Putz der Wand ein Stein zum Vorschein, auf dem eine römische Inschrift aus dem ersten oder zweiten Jahrhundert eingraviert ist. Das Atelier steht in der Gemeinde Vence an der Côte d’Azur, wo einst die römische Kolonie Vinitium existierte.
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Grabinschrift: Forscher rätseln um Bedeutung
Auf dem Stein steht in lateinischer Sprache: „CONIVGI ET VALERIAE APRONIAE”. Wie die Kunstplattform „Artnet“ berichtet, soll es sich dabei um das Fragment einer Grabinschrift handeln. Das ermittelte der emeritierte Professor für späte römische Geschichte an der Universität Oxford, Roger Tomlin. Die Inschrift nimmt Bezug auf Valeria Apronia, die die Tochter des oder der Verstorbenen gewesen sein könnte.
„Der Name Valeria ist in der weströmischen Welt sehr verbreitet und kommt insbesondere in der antiken Provinz der Seealpen vor, in der die Stadt Vence (und früher Vintium) liegt“, sagte Morabito. Der Begriff „CONIVGI“ ist geschlechtsneutral und bezieht sich auf einen Ehemann oder eine Ehefrau.
Im Laufe der Jahrhunderte seien in diesem Bereich von Vence etwa zehn Inschriften oder Fragmente von Inschriften gefunden worden, in denen häufig die Gens (Familie im weiteren Sinne) der Valerii (Valerius/Valeria) erwähnt wird. Spitznamen wie Apronia ermöglichten es, verschiedene Menschen voneinander zu unterscheiden.
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Archäologen wollen nach weiteren Funden in der Gegend suchen
„Ich arbeite mit Schichten gedruckter Bilder, die im Laufe der Zeit übereinander gelegt werden und sich auf die Bilder und Texte verschiedener Kampagnen beziehen“, sagte der Künstler Blais, der in seinen Werken oft Schichten aus Werbepostern verarbeitet. „Mein Prozess besteht darin, Papierschichten zu malen und zu entfernen, um das Verborgene freizulegen und zu transformieren, wodurch eine Verbindung zu antiken Gesten hergestellt wird – ein Zufall, der sowohl erstaunlich als auch vertraut ist.“
Grabinschriften im Römischen Reich waren in Stein gemeißelt und enthielten persönliche Informationen über die Verstorbenen, wie ihren Namen, ihr Alter, ihre Herkunft und manchmal ihren Beruf oder besondere Leistungen. Zudem richteten sich viele Inschriften direkt an die Götter oder die Nachwelt. Die Inschriften sind deshalb für Archäologen und Historiker bedeutende Quellen, um römische Begräbnisrituale und soziale Strukturen besser zu verstehen.
Experten haben wohl nicht vor, den Stein von der Wand zu entfernen. Allerdings werden sie die Gegend nach ähnlichen archäologischen Funden absuchen.
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