Berlin. Die Bahn erregt mit Ausfällen und Verspätungen immer wieder die Gemüter. Ein bizarrer Grund dafür: nächtliche Leerfahrten durch Berlin.
Mitten in der Nacht rollen leere ICE-Züge durch Berlin. Der Grund für die „Geisterzüge“: Es fehlen Abstellgleise, um die Züge sicher unterzubringen. Stattdessen müssen sie ihre Runden drehen, was nicht nur Kosten verursacht, sondern auch den Tagesbetrieb der Deutschen Bahn belastet. Zugausfälle und Dienstplanlücken sind die Folge.
Wie der „Tagesspiegel“ unter Berufung auf einen Insider berichtet, rollen in der Regel fünf bis sechs ICE-Züge ohne Fahrgäste durch die Nacht. Ein Bahnsprecher bezeichnete diese Überführungsfahrten gegenüber der Zeitung als „einen ganz normalen betrieblichen Vorgang“, betont jedoch, dass die begrenzten Abstellmöglichkeiten in Berlin die Situation kompliziert mache. Oft bleibe den Zügen keine andere Wahl, als auf dem Außenring zu kreisen oder zeitweise stillzustehen, um die Zeit bis zum nächsten Einsatz zu überbrücken.
Die Lokführer dieser nächtlichen Leerfahrten verbringen mehrere Stunden im Einsatz, wodurch sie für den Tagesbetrieb fehlen können. Der Bau neuer Abstellgleise, der diese Probleme langfristig lösen könnte, sei jedoch eine Herausforderung. Pläne für ein großes ICE-Werk in Stahnsdorf im Süden Berlins wurden aufgrund von Anwohnerprotesten und veränderten Planungen der Bahn aufgegeben, berichtet die Zeitung weiter.
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Alternativ entsteht nun auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Schönholz im Berliner Norden eine Abstell- und Serviceanlage. Dort sollen ab 2028 acht 400 Meter lange Gleise zur Verfügung stehen. Die „ICE-Boxenstopp“-Anlage soll nicht nur Abstellplatz bieten, sondern auch für Reinigung, Wasserversorgung und kleinere Reparaturen genutzt werden können. Die Kosten hierfür: ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag.
Die angespannte Situation wird derzeit durch Bauarbeiten zusätzlich belastet. Am Bahnhof Nöldnerplatz in Lichtenberg wird eine Brücke neu gebaut, was die direkte Verbindung zwischen Gesundbrunnen und dem Betriebswerk Rummelsburg unterbricht. Die ICE-Züge müssen nun über Ostkreuz und Schöneweide auf den östlichen Außenring ausweichen, was die Fahrtzeiten und damit die Kosten erhöht.
Auch die Direktverbindung zwischen Berlin und Hamburg ist von Bauarbeiten betroffen. Statt der Schnellstrecke über Wittenberge müssen die Züge über Stendal und Lüneburg fahren, was die Reisezeit um knapp eine Stunde verlängert. Diese Umleitung soll Mitte Dezember enden, doch ab 2025 droht eine erneute monatelange Sperrung der Strecke.