Rom. In einem ausgebrannten Auto in Italien wurden die Überreste einer Leiche gefunden. Dabei könnte es sich um ein Mafia-Verbrechen handeln.

Der Name Strangio weckt düstere Erinnerungen an das Mafia-Massaker von Duisburg, eines der bekanntesten Verbrechen in der Geschichte der organisierten Kriminalität in Deutschland. Am 15. August 2007 wurden sechs Italiener vor einem Restaurant in Duisburg auf der Straße erschossen. Auslöser war eine Fehde zwischen zwei Clans der ´Ndrangheta, der gefährlichsten Mafia-Organisation Italiens. Der Haupttäter Giovanni Strangio wurde 2011 zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Morde zählen zu den aufsehenerregendsten Mafia-Taten in Deutschland.

Nun sorgt der Clan Strangio erneut für Schlagzeilen in Italien. Die Polizei ermittelt im Fall um das rätselhafte Verschwinden von Antonio Strangio, dem 42-jährigen Sohn des Nndrangheta-Bosses Giuseppe Strangio.

Italiens Polizei ging von Kadaver eines Schafs aus – Irrtum mit Folgen

Die Ermittlungen wurden aufgenommen, nachdem in der Gemeinde San Luca, einer Hochburg der ́Ndrangheta in Kalabrien, das ausgebrannte Auto Strangios entdeckt wurde. Dort arbeitete er als Landwirt. Den Beamten bot sich ein dramatisches Bild: Im Auto wurden verkohlte Knochenfragmente, einige Zähne und eine Halskette gefunden. Anfangs dachten die Ermittler, es handle sich um den Kadaver eines Schafes. Erst später stellte sich heraus, dass es sich um menschliche Überreste handelt.

Italiens Strangio-Clan: Umsatz von mehr als 100 Milliarden Euro jährlich

Die Ermittler prüfen jetzt, ob es sich bei den Überresten um jene Antonio Strangios handeln könnte. Alle Hypothesen sind offen, auch Mord wird nicht ausgeschlossen. Die Familie hatte erst Vermisstenanzeige erstattet, als das verkohlte Auto entdeckt wurde. Antonio Strangio, Vater von vier Kindern, ist zwar nicht vorbestraft, sein Vater war jedoch ein bekannter ́Ndrangheta-Boss. Giuseppe Strangio wurde 1974 wegen Mordes zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt.

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Dem Senior wurde außerdem die Entführung des Unternehmersohns Cesare Casella im Jahr 1988 zur Last gelegt, der mehr als zwei Jahre lang in der Hand seiner Entführer verblieb. Jahrelang sorgte die ‘Ndrangheta mit Personenentführungen in Italien für Schlagzeilen. Kidnapping wurde oft als Mittel genutzt, um große Summen Geld zu erpressen. Opfer waren häufig wohlhabende Geschäftsleute, Unternehmer oder deren Angehörige.

Zehn Jahre nach Duisburg-Morden: Flüchtiger Mafia-Boss gefasst
´Ndrangheta-Massaker in Duisburg: Am 15. August 2007 wurden sechs Italiener vor einem Restaurant in Duisburg auf offener Straße erschossen. © picture alliance / Oliver Berg/dpa | Oliver Berg

Die Strangio-Familie ist vor allem wegen ihrer Rolle im internationalen Drogenhandel und ihrer Verstrickung in kriminelle Netzwerke bekannt, die von Süditalien bis hin zu anderen europäischen und internationalen Märkten reichen. Der Clan gilt als ein Eckpfeiler in der Organisation der ’Ndrangheta, deren „Umsatz“ von Experten auf mehr als 100 Milliarden Euro jährlich geschätzt wird, was vor allem auf Rauschgifthandel zurückzuführen ist.

Allein in Kalabrien gibt es rund 160 Clans mit schätzungsweise 6000 Mitgliedern. Der Begriff ‘Ndrangheta stammt aus dem Griechischen und bedeutet etwa Mut oder Treue. Die Mafia-Organisation soll sich in den 1860er Jahren etabliert haben, als eine Gruppe Sizilianer von der italienischen Regierung von der Insel verbannt wurde und nach Kalabrien zog.

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Die ‘Ndrangheta ist seit den 1990er Jahren auch in Deutschland zunehmend aktiv und sorgte 2017 für Angst und Schrecken: Am 15. August trafen sich mehrere Mitglieder der ‘Ndrangheta-Familien in einem Restaurant namens „Da Bruno“, einem italienischen Lokal in Duisburg. Nicht nur die Opfer der Fehde stammten aus dem Dorf San Luca, sondern auch die Täter. 

Mafia-Massaker in Duisburg: Horrtat in Pizzeria aus Rache

Hintergrund des Massakers war die Feindschaft zwischen den ‚Ndrangheta-Familien Nirta-Strangio und Pelle-Vottari-Romeo. Als Motiv wird Rache vermutet: Die 33-jährige Maria Strangio, Ehefrau eines Strangio-Clan-Chefs, war zu Weihnachten 2006 in San Luca ermordet worden – hinter der Tat stand angeblich die Pelle-Vottari-Seite.

In Duisburg warteten die Schützen am frühen Morgen des 15. August vor der Pizzeria auf ihre Opfer. Als die sechs Männer im Alter von 16 bis 38 Jahren in zwei Autos gestiegen waren, gaben die Täter aus Schnellfeuerpistolen viele tödliche Schüsse ab. Die Polizei bildete eine Mordkommission, in der zeitweise 120 Beamte mitarbeiteten.

Nach und nach wurden die Tatverdächtigen gefasst. Als Haupttäter und Drahtzieher gilt Giovanni Strangio, zur Tatzeit 28 Jahre alt. Er wurde 2011 zu lebenslanger Haft verurteilt. Als Todesschützen galten zunächst auch Giuseppe und Sebastiano Nirta. Mord konnten die Ankläger den beiden am Ende aber nicht nachweisen. Wegen Zugehörigkeit zur Mafia wurden sie schließlich zu zwölf Jahren Haft verurteilt.