Berlin. Eine Wanderin in Italien hat einen mysteriösen wie einzigartigen Fund gemacht. Nun haben Forscher ihn geborgen – mit einem heiklen Manöver.
Dieser Fund lässt Archäologen-Herzen höher schlagen: Im Naturpark Orobie Valtellinesi im Norden Italiens sind uralte Fußabdrücke von Amphibien und Reptilie entdeckt worden. Die Forscher konnten außerdem Pflanzen, Samen, Hautabdrücke und Abdrücke von Regentropfen finden. Bei dieser Entdeckung handelt es sich de facto um ein versteinertes prähistorisches Ökosystem, das sich in Sandstein verewigt hat.
Es ist eine fast schon vergesse Welt, die da in den Bergen des Valtellina-Tals auftauchte, einem renommierten Skigebiet in der nördlichen Lombardei. Die Spuren sind etwa 280 Millionen Jahre alt. Die ersten Funde wurden jetzt im Rahmen einer spektakulären, von einem Hubschrauber unterstützten Aktion in 3.000 Metern Höhe geborgen und im Anschluss im Naturhistorischen Museum in Mailand vorgestellt
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Beim Wandern: Frau macht spektakulären Fund
Die Fossilienfundstelle wurde zufällig von einer Wanderin entdeckt, als sie im Tal Val d‘Ambria unterwegs war. Dabei stieß sie auf einige mysteriöse Spuren an den nahegelegenen Felswänden. Sie erzählte einem befreundeten Naturfotografen von ihrem Fund. Der machte daraufhin in der Umgebung einige Fotos und schickte sie an den Paläontologen Cristiano Dal Sasso vom Naturhistorischen Museum in Mailand.
Dieser wandte sich wiederum an zwei Fachkollegen, mit denen er die Funde genauer untersuchte. Im Sommer 2023 fotografierten und kartierten die Forscher Hunderte von fossilen Spuren, die in einer Höhe von fast 3.000 Metern an den senkrechten Wänden einiger der umliegenden Bergspitzen des Valtellina-Tals ans Licht kamen. Die Experten entdeckten mehrere Abdrücke von sogenannten Tetrapoden (Reptilien und Amphibien, Anm. d. Red.) und Insekten, die in der letzten Periode des Paläozoikums lebten, also etwa 280 Millionen Jahre vor unserer Zeit.
Damals hatte sich das Leben endgültig auf dem Festland etabliert. Unter den Wirbeltieren lösten die Reptilien die Amphibien ab. Sie waren nun für ihre Fortpflanzung nicht mehr auf Wasser angewiesen und konnten sich auch abseits der Küsten auf dem Land ausbreiten. Im Laufe der Zeit entwickelten sie immer mehr säugetierartige Züge.
„Zu dieser Zeit gab es noch keine Dinosaurier. Die Reptilien, die diese Fußabdrücke hinterlassen haben, müssen von beachtlicher Größe gewesen sein – und zwar bis zu drei Meter lang“, erklärte der Paläontologe Dal Sasso bei der Vorstellung der Funde in Mailand.
Natürliche Schutzschicht präservierte die Funde
Die Natur selbst sorgte dafür, dass die Spuren bis heute noch erhalten sind. Dal Sasso: „Die Abdrücke entstanden an den Rändern von Flüssen und Seen. Die Sonne trocknete diese Stellen im Sommer aus und verhärtete sie so sehr, dass das zurückkehrende Wasser die Fußabdrücke nicht auslöschte, sondern sie im Gegenteil mit neuem Lehm bedeckte und so eine Schutzschicht bildete.“
So blieben die beeindruckenden Details erhalten. Darunter sind die Fußabdrücke und die Bauchhaut einiger Tiere. Form und Größe der Spuren weisen auf eine bemerkenswerte und Biodiversität im Tal hin. Funde in diesem Ausmaß wurden bisher in Italien wohl noch nicht gemacht, schätzen die Forscher.
Drohne im Einsatz zur Sicherung der Funde
Die Forscher benötigen Drohnen und andere geeignete Instrumente, um die Fossilien an den senkrechten Wänden zu kartieren. Einige der Funde wurden aus der Wand gelöst und nach Mailand transportiert. Der Transport von Felsblöcken aus größeren Höhen ins Tal ist ansonsten unmöglich, meinen Experten. Dank vorsichtiger und millimetergenauer Arbeit gelang es jedoch.
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„Die Studien stehen erst am Anfang, und viele Probleme, auch logistischer Art, müssen noch gelöst werden. Der Park ist sich der Bedeutung der Entdeckung bewusst. Es handelt sich um ein ehrgeiziges Forschungsprojekt, das viel Engagement und Zusammenarbeit erfordert. Wir glauben jedoch daran und haben sofort eine erste Tranche an Geldmitteln zugesichert, damit die Forschungstätigkeit beginnen kann“, meint Doriano Codega, Präsident des Parks Orobie Valtellinesi.