Hamburg. Mit einer Sichel fixierten Dorfbewohner eine verstorbene Frau im 17. Jahrhundert. Wahrscheinlich, weil sie sich vor ihr fürchteten.
Im 17. Jahrhundert war der Glaube an Vampire in Osteuropa weit verbreitet und tief in der Volkskultur verwurzelt. In Regionen wie Polen, Ungarn und den heutigen Balkanländern wurden Vampirgeschichten durch Angst und Aberglauben genährt. Man glaubte, dass Vampire untote Seelen seien, die aus ihren Gräbern auferstehen, um den Lebenden das Blut auszusaugen und dadurch Krankheiten, Tod und Unheil verbreiten. Besonders häufig wurden Verstorbene als „Verdächtige“ betrachtet, wenn sie unnatürlich schnell gestorben waren oder als Außenseiter galten.
Eine dieser Verdächtigten wurde vor zwei Jahren in Polen ausgegraben. Archäologen entdeckten das Skelett der Verstorbenen in einem Friedhof aus dem 17. Jahrhundert in dem polnischen Dorf Pień. Die Art und Weise wie die Frau bestattet wurde, ließ die Forscher stutzen: Eine Sichel nagelte ihre Kehle am Boden fest und um ihren Zeh war ihr ein Vorhängeschloss gewickelt worden.
Archäologen finden Vorhängeschloss an Zeh der vermeintlichen „Vampirin“
Laut Archäologen der Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń (UMK) wurde das Werkzeug von abergläubigen Polen verwendet, um eine als Vampir verdächtigte Verstorbene an der Wiederkehr zu hindern. Die Sichel wurde nicht flach hingelegt, sondern so auf den Hals gelegt, dass der Kopf abgeschnitten oder verletzt worden wäre, wenn die Verstorbene versucht hätte aufzustehen, sagte der an der Auswertung des Funds beteiligte UMK-Professor Dariusz Poliński gegenüber der „Daily Mail“.
Und auch das dreieckige Vorhängeschloss um den Zeh sollte wohl die Unmöglichkeit der Wiederauferstehung der „Vampirin“ symbolisieren. Doch wer war die Frau, die die Menschen vor Hunderten Jahren so vorsichtig bestatteten? Eine neue Gesichtsrekonstruktion lässt die Frau aus Pień doch noch wieder lebendig werden.
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Archäologe erstellt erstaunliches Modell der Frau
Der schwedische Bildhauer und Archäologe Oscar Nilsson bildete das Gesicht in Hunderten Stunden anhand des Schädels und einer DNA-Analyse nach. „Die Darstellung der Form der Ohren und der Nasenspitze ist das problematischste und fragwürdigste Problem. Wenn mir keine Ergebnisse von DNA-Tests vorliegen, ist die gesamte Pigmentierung einschließlich der Augen-, Haar- und Hautfarbe höchst spekulativ“, zitiert ein Statement den Künstler.
Der Künstler nutzte ein 3D-gedrucktes Modell des Schädels der sogenannten „Vampirfrau“ und brachte darauf Stifte in verschiedenen Längen an, um die Gewebedicke in unterschiedlichen Gesichtspartien darzustellen. Anschließend modellierte er die Gesichtsmuskeln aus einer speziellen Tonart und fügte danach Augäpfel sowie weitere Gewebe- und Hautschichten hinzu.
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War die „Vampirin“ eine Ausgegrenzte im Dorf?
Dabei achtete er sorgfältig auf Falten, Hautporen, individuelle Gesichtszüge und Verletzungsnarben. Im letzten Schritt wurde das Gesicht in Silikon getaucht und mit Haaren, Wimpern sowie Augenbrauen versehen. In wenigen Wochen wird das rekonstruierte Gesicht der „Vampirfrau“ in Polen präsentiert.
Der Forschungsleiter Poliński will allerdings prinzipiell lieber nicht von keinem Vampir. „Ich würde diese Praktiken lieber als Aktivitäten zum Schutz der Lebenden vor den Toten betrachten, die traditionell als Anti-Vampir-Verfahren gelten“, erklärt der Forschungsleiter in dem Statement. „Die Frau könnte möglicherweise eine körperliche Beeinträchtigung oder eine psychische Störung gehabt haben und wurde daher von ihren Nachbarn misshandelt, die dachten, sie würde sie nach dem Tod erschrecken“, erklärt er die Bestattung.
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