Berlin. In Neuseeland fehlt seit fast drei Jahren von drei Kindern jede Spur. Manche hatten die Hoffnung schon aufgegeben. Bis jetzt.

Seit fast drei Jahren sucht eine neuseeländische Familie nach ihren Kindern Ember (8), Maverick (9) und Jayda (11). Zwischenzeitlich hatte die Polizei sogar eine hohe Belohnung für Hinweise zu ihrem Aufenthaltsort ausgeschrieben – bisher alles vergeblich. Manche hatten die Hoffnung bereits aufgegeben, die Kinder nochmals lebend zu sehen.

Doch nun, nach 1000 qualvollen Tagen: ein Lebenszeichen. Eine Gruppe Teenager, die in einem Wald an der Westküste der neuseeländischen Nordinsel unterwegs war, um Wildschweine zu jagen, stieß auf die drei Kinder. Sie waren alle in Tarnkleidung gekleidet und mit ihrem Vater Tom P. unterwegs, dem vorgeworfen wird, die Kinder entführt zu haben. P. hat kein Sorgerecht für sie.

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Doch was war passiert? P. war kurz vor Weihnachten 2021 nach einem Streit mit der Mutter der Kinder mit diesen in die Wildnis geflüchtet. Die Polizei glaubt, dass sich der Flüchtige immer wieder mal zurück in der Zivilisation gezeigt hat. Letzten November soll er angeblich ein Quad Bike von einem ländlichen Grundstück gestohlen haben und in ein Geschäft eingebrochen sein. CCTV-Aufnahmen zeigten zwei Gestalten auf einer Straße, bei denen es sich vermutlich um ihn und eines der Kinder handelte.

Entführungsfall erschüttert Neuseeland: Mutter erkannte Kinder sofort

Die bisherigen Hinweise, dass die Kinder noch am Leben sein könnten, waren jedoch eher vage. Umso größer die Sensation, als diese Woche Aufnahmen ans Tageslicht kamen, die die Teenager vergangene Woche in der Region Waikato gemacht hatten. Dort stießen sie auf den Vater, der anscheinend einen langen Bart und eine Waffe trug, und seine drei Kinder. Der Mann habe von den Teenagern wissen wollen, wer sie seien, was sie hier machten und ob noch jemand anderes wisse, wo sie seien. Daraufhin zogen die Teenager schnell weiter – nicht aber, ohne beim Weggehen ihre Telefone zu zücken und die Familie zu filmen.

Das Material der Flüchtigen strahlte nun der neuseeländische Fernsehsender 1News aus. In dem Video ist ein Mann mit einem Rucksack zu erkennen. Begleitet wird er von drei Kindern, die ebenfalls Rucksäcke tragen und in dunklen Farben gekleidet sind.

Wie die lokale Tageszeitung „New Zealand Herald“ berichtete, soll die Mutter der Kinder sie sofort erkannt haben, obwohl ihre Gesichter verdeckt waren. „Ich bin so erleichtert, alle drei meiner Babys zu sehen“, sagte sie. Auch die Großmutter der Kinder, die Mutter von P., brachte ihre Freude darüber zum Ausdruck, die drei „gesund und munter“ zu sehen. Sie habe immer geglaubt, dass sie es wären, „aber man weiß ja nie“. Julia P. betonte gegenüber dem neuseeländischen Medium zudem, dass sie sich alle freuen würden, „wenn sie nach Hause kämen“.

Militärhubschrauber mit Nachtsichtgerät im Einsatz

Vonseiten der neuseeländischen Polizei hieß es ebenfalls, die Sichtung sei „glaubwürdig“. Die Beamten haben die Suche nach den Kindern noch am selben Abend aufgenommen, an dem die Teenager mit dem Material zurückgekommen sind. Noch in der Nacht seien zwei Hubschrauber, darunter ein Militärhubschrauber mit Nachtsichtgerät, aufgebrochen. Am nächsten Morgen habe die Polizei zudem eine Suchaktion am Boden gestartet.

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Trotzdem konnten seitdem keine weiteren Erfolge gemeldet werden. Polizeiinspektor Andrew Saunders betonte, dass die Beamten über Ressourcen verfügen würden, um schnell auf Sichtungen zu reagieren. In einigen lokalen Medien waren Vorwürfe aufgekommen, dass die Polizei zu lange gebraucht habe, um auf das Video zu reagieren.

Kinder wurden schon einmal entführt

Das Familiendrama, das in Neuseeland immer wieder in den Nachrichten ist und über das die meisten der etwas über fünf Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des Landes Bescheid wissen, nahm im September 2021 seinen Lauf. Damals waren P. und die Kinder zum ersten Mal als vermisst gemeldet worden. Nachdem sein Boot damals verlassen aufgefunden worden war, suchten die Behörden in einer großangelegten Aktion zunächst zu Land und zu Wasser nach den Vermissten.

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Knapp drei Wochen später spazierten die Kinder und P. dann jedoch wieder in das Bauernhaus seiner Eltern. P. behauptete, er habe seine Kinder auf einen längeren Campingausflug mitgenommen. Einige Monate später verschwand der Vater dann aber erneut mit ihnen. Als er auch zu einem Gerichtstermin nicht erschien, wurde ein Haftbefehl gegen ihn erlassen.

Verdacht auf Komplizen

Die Polizei betonte während der aufwändigen, bisher aber stets erfolglosen Suchaktionen immer wieder, dass sie davon ausgehe, dass jemand P. und den Kindern helfe. An den mutmaßlichen Komplizen appellierten sie stets, er oder sie solle „das Richtige tun und der Polizei sagen, was sie wissen“.

Anfang des Jahres veröffentlichte die Mutter der Kinder außerdem eine emotionale Videobotschaft, in der sie jeden mit Informationen dazu aufforderte, sich zu melden. „Ich stehe heute hier vor Ihnen und flehe Sie um Ihre Hilfe an, um meine Babys nach Hause zu bringen“, sagte sie. Sie seien einfach „unschuldige Kinder“, sie hätten es nicht verdient, so behandelt zu werden. „Sie verdienen das Leben, das ihnen jetzt geboten wird, nicht.“

Kurz darauf veröffentlichte sie einen Brief, den P. ihr einige Monate nach seinem Verschwinden geschickt hatte und in dem er schrieb, dass er „ein gutes Herz hat und es gut meint“. Und weiter: „Ich weiß nicht, was ich sagen oder tun soll, um dir zu helfen, mir zu vergeben.“