Hamburg. Wer massakrierte sich im Tollensetal vor 3250 Jahren? Bei der ersten Schlacht Europas könnten fremde Mächte mitgewirkt haben.
Das Tal der Tollense wurde vor 3250 Jahren Schauplatz einer grausamen Schlacht, die Archäologen bis heute beschäftigt. Kein anderes bisher gefundenes Schlachtfeld ist älter als die Spuren im Flussbett des Flüsschens in Mecklenburg-Vorpommern. Hier sollen einst Hunderte Kämpfer aufeinander getroffen sein, bisher wurden mehr als 12.000 Knochen aus der Schlacht gefunden, dazu Schwerter, Äxte, Keulen – und Pfeilspitzen.
Diese sind wiederum einer der wichtigsten Hinweise darauf, wer sich hier in der Bronzezeit so leidenschaftlich bekriegte. Aufzeichnungen aus dieser Zeit sind nicht erhalten, Pfeilspitzen umso wertvoller. Ihre unterschiedlichen Merkmale helfen den Forschern herauszufinden, woher die Kämpfer kamen.
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Forscher erstaunt: Was Pfeilspitzen mit Widerhaken über die Schlacht verraten
Laut einer neuen Studie stammen nicht alle Teilnehmer der Schlacht aus der Umgebung des Tollensetals. Der Konflikt war überregional, schreibt ein Forschungsteam der Universität Göttingen in der Fachzeitschrift „Antiquity“. In ihrer Untersuchung verglichen sie 4700 Pfeilspitzen aus ganz Europa mit den insgesamt 64 Pfeilspitzen von der Tollense, der größten Ansammlung von Bronzezeitpfeilspitzen in Norddeutschland.
„Einige Pfeilspitzentypen, besonders solche mit Widerhaken, stammen hauptsächlich aus einem Gebiet zwischen dem heutigen Bayern und Mähren in Tschechien“, zitiert eine Pressemitteilung den Erstautoren der Studie, Leif Inselmann, der die Waffen an der Uni Göttingen erforschte. Ein Teil der Kämpfer kommen der Studie zufolge eindeutig aus dem südlichen Mitteleuropa.
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Forscher analysieren Mordwaffen der Schlacht
Die Pfeilspitzen seien wie eine abgefeuerte Schusswaffe, zitiert CNN Inselmann. „Genau wie die Mordwaffe in einem Krimi geben sie uns einen Hinweis auf den Täter, die Kämpfer der Schlacht im Tollensetal und woher sie kamen.“ Zuvor hatten Archäologen bereits eine böhmische Bronzeaxt und ein Schwert aus dem Südosten Europas ausgegraben.
„Diese Pfeilspitzentypen kommen nicht in den Gräbern der Region vor, was darauf hindeutet, dass die Pfeilspitzen nicht nur von einheimischen Kämpfern aus dem Süden importiert und selbst verwendet wurden“, erklärt Prof. Dr. Lorenz Rahmstorf im Statement. An der Tollense trafen einheimische Kräfte und Kämpfer aus dem Süden aufeinander, schließt Prof. Dr. Rahmstorf daraus. Das Tollensetal sei damit der früheste Beleg für überregionale Kriegsführung in Mitteleuropa.
Die vielen Pfeilspitzen an der Tollense zeigen auch, wie wichtig Pfeil und Bogen als Waffe zu dieser Zeit gewesen sind. Die Pfeilspitzen lagen über das Schlachtfeld verteilt zwischen den vielen menschlichen Überresten. Allein an der Hauptfundstelle der Tollense-Schlacht, „Weltzin 20“, fanden Archäologen zehn Pfeilspitzen und die Knochen von 90 Individuen. Eine der Pfeilspitzen steckte sogar noch in einem der Schädel, dessen Decke sie komplett durchschlagen hatte.
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Archäologen staunen: Mindestens 150 Skelette liegen entlang des Flussbetts
Rund 150 Skelette liegen entlang des 2,5 Kilometer langen Flussabschnitts verstreut. Die Knochen stammen fast ausschließlich von Männern, die zum Todeszeitpunkt zwischen 20 und 40 Jahren alt waren. Neben Pfeilwunden weisen die Knochen auch Schnitt- und Hiebspuren auf, die von Beilen, Schwertern oder Dolchen stammen könnten.
Eigentlich galt die Bronzezeit vor der Entdeckung des Tollense-Schlachtfelds als friedliche Periode, heißt es in dem Statement der Forscher. Europa sei in der Zeit von 2200 bis 800 v. Chr. durch den intensiven Handel mit Kupfer und Zinn überregional miteinander verbunden gewesen. Doch die Schlacht beweist, dass es auch durchaus zu größeren Konflikten mit Hunderten von Kämpfern kam.
Ein Teil der Fundschicht liegt auf der bronzezeitlichen Oberfläche des Tollensetals, ein Teil im bronzezeitlichen Flussbett. Den guten Zustand der Knochen verdankten Archäologen dem Umstand, dass Wasser und ein Moor die Überreste luftdicht umschlossen haben.
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