Paris. Top-Sportler, die in die Pornoindustrie wechseln – für Sportverbände ein PR-Debakel. Dabei bringen die Athleten beste Voraussetzungen mit.
Miku Kojima könnte dieser Tage den Höhepunkt ihrer athletischen Karriere erreichen. 2018 holte die Schwimmerin bei den Jugendolympischen Spielen von Buenos Aires zweimal Bronze im Freistil für Japan. Jetzt, mit 24, wäre sie im optimalen Alter für eine olympische Medaille. Aber auf der Teilnehmerinnenliste für die Spiele von Paris sucht man ihren Namen vergeblich.
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Miku Kojima dürfte heute ein größeres Publikum haben, als sie es in ihrem Sport je erreicht hätte. Unter dem Namen Saki Shinkai hat sie vor zwei Jahren eine Karriere als Pornodarstellerin begonnen. „Ich war neugierig und wollte es ausprobieren“, erklärte Kojima damals gegenüber Medien. Doch der Athletin war damit auch klar: Die Rolle der Schwimmerin würde sie fortan höchstens in erotischen Filmen spielen. Wettkämpfe auf hohem Niveau würde es für sie keine mehr geben.
Porno-Produzentin: „Die Pornobranche ist ein Sektor wie jeder andere auch“
Im Elitensport ist es ein Muster, das immer mal wieder auftaucht: Sportlerinnen oder Sportler erscheinen in einem Porno oder verdingen sich mit anderer Sexarbeit. In der Regel bedeutet dieser Schritt das sofortige Ende einer Sportkarriere. Das Pornogeschäft sei anrüchig, erklären Vertreter von Sportverbänden hinter vorgehaltener Hand – aus PR-Sicht ein Desaster, wenn ein Sportler plötzlich Pornos mache.
Paulita Pappel, Produzentin von Pornos und Autorin des Buchs „Pornopositiv“ (Ullstein, 2023), findet das ungerecht: „Die Pornobranche ist ein Sektor wie jeder andere auch“, sagt sie. Zudem sei es bei Pornos – im Gegensatz zu Produktionen anderer Filme – schon lange üblich, mit Intimitätskoordinatorinnen zu arbeiten, die etwa individuelle Grenzen besprechen.
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Dennoch werden Darstellende von Pornos oft diskriminiert – und dies nicht nur im Sport. „Es scheint mir das Gleiche zu sein wie in den meisten Branchen, vor allem der Unterhaltungsbranche“, berichtet Pappel. „Wenn Schauspielende oder Personen aus der Musik mal Pornos gemacht haben, fallen ihre Branchen danach oft diskriminierend auf. Schauspielende erhalten zum Beispiel keine Rollen mehr, oder nur noch solche mit Nacktheit, und werden nicht mehr ernst genommen.“
Ex-Turnerin war „der beweglichste Pornostar der Branche“
Mancher könnte das seltsam finden, denn: Wer Geld mit Pornos verdienen kann, wirkt offenbar auf ein großes Publikum attraktiv. Und obwohl die Stigmatisierung von Pornodarstellern abzunehmen scheint, müssen sich gerade Athletinnen und Athleten bisher oft entscheiden: Kapitalisieren sie ihre Körper für Sport oder für Sex? Beides zur gleichen Zeit scheint kaum möglich.
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Eine Athletin, die die Pornoindustrie als Ausweg aus dem Sport für sich nutzte, ist Lea Lexis. Die heute 36-Jährige war als Teenagerin fünfmal rumänische Meisterin im Turnen, erlitt dann aber eine schwere Verletzung. Die US-Produktionsfirma AVN beschreibt sie heute so: „Sie war ein Naturtalent und schaffte es schnell an die Spitze der europäischen Branche, drehte in mehreren Ländern und gewann unzählige Fans.“
Das hänge auch mit Lexis‘ athletischer Ausbildung zusammen: „Sie wurde als der beweglichste Pornostar der Branche bekannt und konnte dank ihres professionellen Gymnastiktrainings gewagte und aufregende Szenen drehen.“ Aber auch für Lea Lexis war mit dem Sprung in die Pornobranche die Sportkarriere praktisch automatisch beendet.
Rennfahrerin über Pornogeschäft: „Ich konnte mir davon ein Haus kaufen“
Zumindest in einer Hinsicht kann sich der Branchenwechsel gerade für Frauen durchaus lohnen: Während im Sport Frauen meist deutlich weniger Geld einnehmen als Männer, gilt im Pornogeschäft das Gegenteil. So erklärte die australische Autorennfahrerin Renee Gracie, die durch ihren Account auf der Erotik-Plattform OnlyFans zuerst in Bedrängnis kam, zu ihrer zweiten Karriere: „Ich konnte mir davon ein Haus kaufen. Einen Kredit für 30 Jahre werde ich wohl binnen zwölf Monaten abbezahlen.“
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Gracies Karriere tat der Wechsel ins Erotikgeschäft keinen Abbruch. OnlyFans ist mittlerweile ihr Sponsor – der blaue Schriftzug der Plattform prangt auf dem Spoiler ihres neuen Rennwagens. Damit schreibt sie Geschichte: Frauen sind im chauvinistisch geprägten Autosport längst nicht mehr nur „Boxenluder“, sie sitzen auch am Steuer.
Vom Baseball in die Pornoindustrie: „Ich war jung und brauchte Geld“
Auch eine klassischere Sportart wie Baseball hat schon eine Ausnahme erlebt. Als 2004 herauskam, dass der Japaner Kazuhito Tadano in einem Porno aufgetreten war, berief sein damaliger US-amerikanischer Arbeitgeber Cleveland Indians (heute Cleveland Guardians) eine Pressekonferenz ein. Tadano beteuerte: „Ich war jung, spielte Baseball, ging zur Uni und meine Teamkollegen und ich brauchten Geld.“ In der oft homophoben Welt des Sports fühlte sich Tadano auch genötigt zu erklären, dass er nicht schwul sei.
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Die weitere Karriere von Tadano, der bis dahin als vielversprechender Pitcher gegolten hatte, verlief holprig. Aber immerhin war sie nicht gleich beendet. Aus Cleveland wechselte er später zunächst in untere Ligen Japans, ehe er noch zu einem späten Debüt in der Topliga Nippon Professional Baseball gelangte. Im Anschluss an seine aktive Karriere nahm Tadano eine Rolle im Trainerstab des Klubs Nippon Ham Fighters aus Sapporo an. Das Comeback vom Porno zum Sport? Es kann gelingen.
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