Berlin. Wissenschaftler haben gigantische Viren in Grönlands dunklem Eis entdeckt. Sie könnten im Kampf gegen den Klimawandel nützlich sein.

Ein Virus, das den Klimawandel stoppen kann? Was zunächst utopisch klingt, könnte zumindest in Grönland bald ein kleiner Hoffnungsschimmer im Kampf gegen die Erderwärmung sein. Wissenschaftler haben Viren entdeckt, die das Wachstum bestimmter Algen regulieren könnten, die zum Abschmelzen des Eises beitragen.

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Die Viren, die im Kampf gegen den Klimawandel nützen könnten, fallen aber noch aus einem anderen Grund auf: Sie sind außergewöhnlich groß – zumindest im Vergleich. Viren sind normalerweise deutlich kleiner als Bakterien. Herkömmliche Viren messen 20-200 Nanometer (1 Nanometer = 0,000001 mm), während ein typisches Bakterium 2-3 Mikrometer (1 Mikrometer = 0,001 Millimeter) groß ist. Das bedeutet, ein normales Virus ist etwa 1000 Mal kleiner als ein Bakterium. Bei Riesenviren ist das jedoch anders: Diese können bis zu 2,5 Mikrometer groß werden und sind damit größer als die meisten Bakterien – eine echte Seltenheit.

Riesenviren könnten Abschmelzen des dunklen Eises verhindern

Das sogenannte dunkle Eis von Grönland verdankt seinen Namen den tausenden winzigen Mikroorganismen, den Eisalgen. Diese bedecken die Eisschilde und lassen sie dunkler erscheinen. Das Problem dabei ist, dass die Verfärbung dazu führt, dass das Eis weniger Sonnenlicht reflektiert und schneller schmilzt. Hier kommen die Riesenviren ins Spiel – Forscher vermuten, dass diese Viren die Eisalgen befallen und als natürlicher Kontrollmechanismus auf die Algenblüten wirken könnten.

„Wir wissen nicht viel über die Viren, aber ich denke, sie könnten nützlich sein, um das durch Algenblüten verursachte Schmelzen des Eises zu verlangsamen. Wie spezifisch sie sind und wie effizient sie wären, wissen wir noch nicht. Aber durch weitere Untersuchungen hoffen wir, einige dieser Fragen beantworten zu können“, berichtet Laura Perini von der Aarhus Universität aus Dänemark in einer Pressemitteilung.

Riesenviren keine Neuheit und sogar im menschlichen Körper nachgewiesen

Die sogenannten Riesenviren wurden erstmals 1981 von Forschern im Ozean entdeckt. Die Viren hatten sich damals auf die Infektion von Grünalgen im Meer spezialisiert. Später wurden die Riesenviren dann auch im Boden und sogar im menschlichen Körper nachgewiesen.  Nun wurden sie erstmals auf Eis- und Schneeflächen nachgewiesen, die von Mikroalgen dominiert werden.

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„Wir analysierten Proben aus dunklem Eis, rotem Schnee und Schmelzwasserlöchern (Kryokonit). Sowohl im dunklen Eis als auch im roten Schnee fanden wir Spuren aktiver Riesenviren. Dies ist das erste Mal, dass sie auf Eis- und Schneeflächen entdeckt wurden, die eine hohe Anzahl pigmentierter Mikroalgen enthalten,“ erläutert Perini.

Noch vor wenigen Jahren galt diese Region als karg und leblos. Heute ist bekannt, dass dort zahlreiche Mikroorganismen leben, einschließlich der Riesenviren. „Es gibt ein ganzes Ökosystem rund um die Algen. Neben Bakterien, fadenförmigen Pilzen und Hefen gibt es Protisten, die die Algen fressen, verschiedene Pilzarten, die sie parasitieren, und die Riesenviren, die sie infizieren,“ fügt sie hinzu. Um die biologischen Kontrollmechanismen, die auf die Algenblüten wirken, zu verstehen, müssen diese drei Gruppen genauer untersucht werden.