Neu Wulmstorf. Anwohner klagen über mangelnde Transparenz. Gemeinde bei Hamburg sieht islamischen Bauherrn in der Pflicht. Wie es vor Ort aussieht.
- Die Stadt Neu Wulmstorf liegt direkt an der Hamburger Landesgrenze und bezeichnet sich selbst als „Gemeinde, die alles hat“
- Das stimmt allerdings nicht ganz: Eine Moschee gibt es hier bislang noch nicht
- Das soll sich bald ändern – doch das Projekt sorgt bei den Anwohnern für Unruhe
Ein einfacher Holzständer, vier Reißzwecken und ein in Klarsichtfolie gehülltes DIN-A4-Papier überbringen die Nachricht: „Erweiterung eines Wohn-/ Gewerbehauses sowie Nutzungsänderung zu einer Moschee“ steht auf dem unscheinbaren Bauschild, das den Grundstückseingang der Liliencronstraße 33 in Neu Wulmstorf ziert. Aufgestellt hat es der Eigentümer und gleichzeitige Bauherr namens EMUG e.V. Was hier entsteht, ist ein absolutes Novum: Die erste Moschee der Gemeinde Neu Wulmstorf bei Hamburg.
Moschee in Neu Wulmstorf bei Hamburg: Verein will muslimisches Leben in Europa fördern
Hierfür stellte EMUG e.V. im April 2023 einen Bauantrag beim Landkreis Harburg. EMUG steht für: Europäische Moscheebau- und Unterstützungsgemeinschaft e.V. – eine Organisation, deren Name nun auch in der niedersächsischen Gemeinde Programm ist.
Nachdem die Gemeinde Neu Wulmstorf eine baufachliche Bewertung abgegeben hatte, folgte im März 2024 die Einwilligung durch die Baugenehmigungsbehörde des Landkreises. Für welche Glaubensrichtung die religiöse Anlage errichtet wird, spielt bei der Entscheidung per Gesetz keine Rolle.
Neu Wulmstorfer Muslime kommen künftig auf ihre Kosten
Es ist nicht die erste islamische Religionsstätte, die EMUG e.V. finanziert. Bereits in der Vergangenheit ist der Verein als Investor bei kleinen islamischen Gemeinden aufgetreten, die eigenständig kleine Gebets- oder Sozialräume errichten können. Das gleichbleibende Ziel: muslimisches Leben in Europa fördern.
So entsteht nun auch für Muslime in und um Neu Wulmstorf ein Raum, in dem sie ihre Religion praktizieren können. Die verfügbare Grundstücksfläche von rund 1.000 Quadratmetern soll den Gebetsraum selbst, eine Jugend- sowie eine Frauenabteilung umfassen. Dort sei es Gemeindemitgliedern möglich, religiösen und sozialen Bedürfnissen nachzugehen, heißt es auf der EMUG-Homepage.
Empörung in der Nachbarschaft nach Errichtung des Bauschilds
Wer aber die Inhalte der Vereinswebsite verpasst, bekommt davon nicht unbedingt etwas mit. So lautet zumindest der Vorwurf einer Anwohnerin der Liliencronstraße, die sich empört an das Abendblatt wendet. Nur zufällig habe sie im Gespräch mit Nachbarn von der geplanten Moschee erfahren und anschließend das Bauschild gelesen. Einer der Vorwürfe: mangelnde Transparenz und Kommunikation seitens der Gemeinde.
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Auch Bürgermeister Tobias Handtke (SPD) haben ähnliche Anfragen erreicht, nachdem das Bauschild auf dem Grundstück aufgetaucht war. Unmut über die Kommunikation könne er prinzipiell verstehen. Gleichzeitig betont er: „Es ist immer unser Interesse, die Einwohnerschaft aktiv zu informieren. Doch für die Vereine können wir als Gemeinde keine Öffentlichkeitsarbeit unternehmen.“
Bürgermeister: Islamische Gemeinde in der Verantwortung
Die Verantwortung sieht Handkte daher bei der Ende 2022 gegründeten Islamischen Gemeinde Neu Wulmstorf, die die Moschee ehrenamtlich betreiben wird und dem Dachverband Bündnis der islamischen Gemeinden in Norddeutschland e.V. (BIG e.V.) angehört. Dahinter steckt wiederum ein Zusammenschluss aus über 20 Moscheegemeinden in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Handtke: „Hierzu gehören unter anderem die Moschee und Gemeinde in Buxtehude sowie Stade. Auch in Buchholz und Seevetal sind ähnliche Vereine aktiv.“
Die umliegenden Kommunen hätten bislang keine schlechten Erfahrungen mit den Vereinen gemacht. Verbindungen zu negativ behafteten Institutionen seien ebenso wenig bekannt, sagt Handkte. Im Gegenteil: „Die Vereine verhalten sich stets vorbildlich, beteiligen sich an Spendenaktionen und am öffentlichen Leben. So die Aussagen der Nachbarkommunen.“
Persönliche Gespräche statt Instagram & Co.?
Umso mehr hofft Handkte, dass von den entsprechenden Vereinen in Neu Wulmstorf „noch mehr getan wird, als sich nur über digitale soziale Medien vorzustellen“. Auf Instagram existiert zwar ein eigener Account der geplanten Moschee, dem jedoch nicht viele Informationen zu entlocken sind. Ohnehin, so die Kritik des Bürgermeisters, finde in sozialen Medien zu wenig Interaktion statt. „Das persönliche Gespräch ist durch nichts zu ersetzen.“ Nur auf diese Weise sei es nachhaltig möglich, das gewünschte Vertrauen zu erwerben.
Daher habe Handkte der Islamischen Gemeinde Neu Wulmstorf empfohlen, die Öffentlichkeitsarbeit zu intensivieren. Der Verein solle sich in Neu Wulmstorf präsentieren und ansprechbar sein, etwa mit einem Tag der Offenen Tür. Diesen Hinweis hätten die Verantwortlichen konstruktiv entgegengenommen, sagt Handkte, wenngleich noch kein konkreter Termin feststeht. Ein erstes Informations- und Kennenlerngespräch mit Vertretern der Gemeinde und des Dachverbandes gab es bereits.
Neu Wulmstorf bei Hamburg: Wann mit der Eröffnung der Moschee zu rechnen ist
Für Öffentlichkeitsarbeit bleibt den ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern vermutlich noch etwas Zeit. Denn mit der Fertigstellung der Moschee ist vor 2025 wohl nicht zu rechnen. Auch ein Blick auf die Baustelle zeigt, dass die Arbeiten bereits in Gange, aber noch nicht weit fortgeschritten sind.
Informationen zum aktuellen Stand des Bauvorgangs sind ansonsten jedoch Mangelware. Auch, weil vonseiten der Islamischen Gemeinde zurzeit keine konkreten Angaben vorliegen. Das möchte der Verein in einem baldigen Gespräch mit dem Abendblatt allerdings ändern.