Winsen/Stade/Lüneburg. Quer durch Deutschland mit einem günstigen Schülerticket reisen – was für Hamburger schon geht, kommt in Niedersachsen vielleicht nie.
Mit dem Schülerticketkostenlos oder stark vergünstigt im Regionalverkehr durch die ganze Bundesrepublik reisen – das ist bereits oder wird bald für viele Schüler in Hamburg und der ganzen Metropolregion Realität. Für Kinder und Jugendliche mit Wohnort in Niedersachsen gilt das allerdings nicht.
Deutschlandticket für Schüler: Viele reisen bald gratis durchs Land
Während alle Hamburger Schüler ab jetzt ein Deutschlandticket (49-Euro-Ticket) für 19 Euro erwerben können und in den nördlichen Randkreisen (Schleswig-Holstein) vielerorts die bisherigen kostenlosen Schülertickets automatisch auf die deutschlandweit gültige Zeitkarte umgestellt werden, gehen Schüler im Landkreis Harburg, im Landkreis Stade und im Landkreis Lüneburg bis auf Weiteres leer aus.
Warum ist das so? Die hiesigen Verwaltungen verzichten geschlossen darauf, kurzfristig Geld für ein gesondertes Schüler-Ticket in die Hand zu nehmen. Eine Zwischenlösung, bei der alle HVV-Schülerfahrkarten auf das Deutschlandticket umgestellt werden, sei „aus finanziellen Gründen verworfen“ worden, heißt es vom Landkreis Harburg.
Lediglich ein kleiner Personenkreis (zum Beispiel Azubis in vollschulischer Ausbildung) erhält das Deutschlandticket mit Rabatt.
Der Grund: Die Kommunen müssten entstehende Verluste aktuell aus eigener Tasche bezahlen. Die Lösung: „Es wird auf ein landesweites Niedersachsen-Ticket gewartet und dieses dann einheitlich eingeführt“, teilte ein Sprecher des Landkreises Stade dem Abendblatt mit.
Nur im Bundesland? Das sind die Pläne für ein niedersächsisches Schülerticket
Auch in Niedersachsen wird also eine vergünstigte Monatskarte in Anlehnung an das Deutschlandticket kommen – aber es dauert. Frühestens ab 2024 will das Land ein Rabattmodell für Schüler einführen, heißt es vom Landesverkehrsministerium.
Einschränkungen könnte es für niedersächsische Schüler dennoch geben. Zuletzt war unklar, ob das Ticket ebenfalls bundesweit gültig sein soll – oder lediglich im eigenen Bundesland. Auf eine Abendblatt-Nachfrage zum Stand der Planung reagierte das niedersächsische Verkehrsministerium nicht.
Der Landkreis Harburg geht auf Abendblatt-Nachfrage davon aus, dass ein „landesweites Schülerticket“ zum 1. Mai 2024 eingeführt wird. Die Verwaltung plane, dieses Angebot mit Beginn des Schuljahres 2024/2025 in die bestehenden Schülerfahrkarten zu überführen.
Schülerfahrkarten: Nur wer schon jetzt Anspruch hat, profitiert wohl in Zukunft
Ein vergünstigtes Ticket für alle – wie in Hamburg für 19-Euro – wäre damit aus dem Spiel.
Wichtig zu wissen: Die Ausgangslage in den Landkreisen Harburg, Stade und Lüneburg eine andere als in Hamburg. In Hamburg zahlten Schüler bisher generell 30 Euro für eine Monatskarte im Stadtgebiet. Die niedersächsischen Kommunen übernehmen dagegen in vielen Fällen die Kosten für den Weg zur Schule per ÖPNV vollständig – sofern die Kriterien der „Schülerbeförderungssatzung“ erfüllt sind.
Dabei spielt insbesondere Länge des Schulwegs eine Rolle. So ist es auch in den Kreisen nördlich von Hamburg.
Was die Verwaltungen in Winsen, Stade und Lüneburg wohl für das Schuljahr 2024/25 planen, setzen beispielsweise die Kreise Pinneberg und Bad Segeberg unmittelbar um: „Anspruchsberechtigte“ Schüler erhalten künftig das Deutschlandticket frei Haus. Wer bisher keine Schülerfahrkarte bekommt, hat keinen Vorteil durch die Regelung.
So viele Schüler im Landkreis Harburg würden das neue Ticket erhalten
Die Landkreise Harburg, Lüneburg und Stade haben in ihren Schülerbeförderungssatzungen unterschiedliche Kriterien definiert.
Im Landkreis Harburg würde ausgehend von den aktuellen Zahlen rund ein Drittel der Schülerschaft von einer Aufstockung zu einem niedersachsen- oder bundesweit gültigen Ticket profitieren. Aktuell erhalten circa 11.000 von insgesamt rund 33.500 Schülern eine kostenlose Fahrkarte.
Eingeschlossen sind Schüler bis einschließlich zur zehnten Klasse. Ab der elften Klasse belaufen sich die aktuellen HVV-Schülerkartenpreise für Niedersachsen auf 34 Euro bis 54,20 Euro.
Schülerfahrkarten im Landkreis Stade: Aktuell sind 8500 anspruchsberechtigt
Ähnlich ist das Verhältnis im Stader Verwaltungsgebiet. Bei kreisweit knapp 22.800 Schülern (Stand: 2021/22) gibt der Landkreis Stade nach eigenen Angaben derzeit knapp 8.500 Schülerfahrkarten heraus.
Auch hier erhalten Schüler ab der elften Klasse keine kostenlosen Schülerfahrkarten.
Sonderfall Lüneburg: HVV-Cards für 15 Euro für alle Schüler
Im Landkreis Lüneburg sind derzeit fast 9200 Gratis-Schülerfahrtkarten im Umlauf – bei knapp 26.700 Schülern insgesamt. Eine Besonderheit: Schüler ab der 11. Klasse (Oberstufen und Berufsschulen) erhalten für vergünstigte 15 Euro HVV-Tickets für ihren jeweiligen Geltungsbereich. In dem meisten Fällen je nach Wohnort für die Stadt oder den Landkreis Lüneburg.
Im Zuge der Lüneburger Sonderregelung weist der Landkreis auf Einzelfälle hin, in denen Schüler bereits jetzt von der bundesweiten Zeitkarte profitieren: Das sei bei Inhabern von HVV-Cards der Fall, die in einem anderen Landkreis oder in Hamburg zur Schule gehen und daher Tickets für das Gesamtgebiet des HVV (fünf Ringe) besitzen.
„Dies betrifft meist Berufsschülerinnen und -schüler. Diese erhalten automatisch auch das deutschlandweit gültige 49-Euro-Ticket“, so eine Sprecherin.
Bereits beschlossenes Schülerticket landet in der Tonne – keine Übergangslösung
Die lokale Debatte um vergünstigte Bus- und Bahnkarten für Schüler und Auszubildende ist nicht neu. So sollte es in den Landkreisen Harburg und Stade eigentlich ab Sommer 2022 beziehungsweise ab Jahresstart 2022 ein sogenanntes „regionales Schülerticket“ für maximal 30 Euro geben.
Nach Start des 9-Euro-Tickets (ab Juni 2022) verschob die Kreisverwaltung in Winsen die Pläne zunächst auf den 1. Januar 2023 und stampfte die politisch beschlossene Maßnahme dann ein, wie der Landkreis Harburg bestätigt.
Niedersachsen stellt Kommunen seit 2022 Finanzmittel für ein solches „regionales Schüler- und Azubi-Ticket“ bereit. Es gilt lediglich in der jeweiligen Stadt oder im Kreisgebiet und steht allen Schülern und Azubis zur Verfügung – sofern die Kommunen es einführen. Auf seiner Website führt das Niedersächsische Verkehrsministerium dieses Ticket offiziell als Übergangslösung an, bis das neue Schülerticket 2024 kommt.
Eine Option, die Schülern und Azubis vor Ort nicht zur Verfügung steht.