Elstorf. Yoga-Lehrerin aus Elstorf plant touristisches Angebot mit innovativem Konzept und Tiny Houses – Umsetzung verzögert sich
Stella Benecke ist Yoga-Lehrerin und Akrobatin. Sie ist beweglich und verfügt über Ausdauer. Bei dem Großprojekt, das die 32-Jährige seit etwa fünf Jahren verfolgt, benötigt sie diese Eigenschaften derzeit nicht nur bei der Ausübung ihres körperbetonten Berufes. Auch im übertragenen Sinn sind sie gefragt. Denn Stella Benecke möchte ein neues touristisches Konzept nach Elstorf bringen und auf diese Weise den Hof ihrer Familie in die Zukunft führen. Doch die allgemeine Teuerung und die langsamen Mühlen der Bürokratie zwingen sie dazu, ihre Pläne zu überdenken.
Was die junge Frau vorhat, dürfte im Hamburger Süden einmalig sein: Wie berichtet, möchte Stella Benecke die alte Scheune auf dem Familienhof umbauen und dort unter dem Projektnamen „Haferdiele“ künftig eine Art Kombination aus Tourismus, Wellness, Bewegung und Naturerlebnis anbieten. Geplant sind Doppelzimmer in der „Haferdiele“ sowie Stellplätze für Wohnmobile und Hütten und Tiny Houses auf den weitläufigen Wiesen, die den Hof der Familie umgeben. Touristen können dort einfach nur übernachten, aber auch an Seminaren für Yoga und Akrobatik teilnehmen. Bewegung und Naturgenuss stehen im Zentrum des „Haferdielen“-Konzepts. So plant Stella Benecke auch, andere Sportarten, wie etwa Rennradfahren anzubieten, die externe Seminarleiter leiten würden.
Lesungen, Vorträge, Privatfeiern und Tagungen und Sport sind in Elstorf geplant
Lesungen, Vorträge, Privatfeiern und kleine Tagungen seien in den beiden in der „Haferdiele“ geplanten Sälen ebenfalls vorstellbar. Eine Gemeinschaftsküche ist geplant, in der Koch- oder Einmach-Kurse angeboten werden sollen – mit Gemüse und Obst aus dem eigenen „Haferdielen“-Garten, der nach der Idee der „Permakultur“ angelegt wird.
Den Grundstein dafür hat Stella Benecke bereits gelegt. Auch schaffte sie bereits Hühner an, eine Nachbarin betreibt auf einer der Wiesen Bienenstöcke. Ein Gerüst für Luftakrobatik steht ebenfalls schon bereit, weil Stella Benecke bereits entsprechende Workshops angeboten hat. Die hohe Scheune umfasst rund 450 Quadratmeter, in ihren Backsteinmauern könnten auf mehreren Ebenen etwa 1500 Quadratmeter Nutzfläche entstehen. Mit den Wiesen, auf denen die Hütten und Tiny Houses stehen werden sowie ein Saunahaus und ein Schwimmteich geplant sind, stehen insgesamt rund 10 000 Quadratmeter zur Realisierung der Pläne zur Verfügung.
32-Jährige wollte schon viel weiter sein
Allerdings wollte die 32-Jährige schon viel weiter sein, Baustart sollte 2021 sein. Die Fertigstellung war bereits für dieses Jahr geplant. „Wir müssen aber gerade alles neu sortieren“, sagt sie. „Die Baugenehmigung durch den Landkreis hat lange auf sich warten lassen. Jetzt haben wir sie zwar erhalten, aber in der Zwischenzeit sind die Preise für die Sanierung und den Umbau der Scheune so stark angestiegen, dass wir die Pläne zusammen mit dem Architekten noch einmal hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit überprüfen müssen.“
Inzwischen sind zugesagte Förderungen flöten, neue Förderquellen müssen aufgetan werden. Und vor allem auch die Energieversorgung erfordere ein Denken in alle möglichen Richtungen – mit einem gewissen Zeitdruck: „Bis 2024 müssen wir zumindest angefangen haben, sonst verfällt die Baugenehmigung wieder“, sagt Stella Benecke. An ein Scheitern ihres ehrgeizigen Vorhabens denkt sie aber nicht: „Wenn eine Idee gut ist, findet man auch eine Lösung.“
Die Familie, die generationsübergreifend in dem großen Wohnhaus auf dem Hof lebt, steht weiterhin geschlossen hinter den Plänen. Stella Benecke möchte den Hof, der in einer der letzten grünen Oasen im Ortskern von Elstorf liegt, gern erhalten. Ihre Mutter betreibt dort eine Tierarzt-Praxis, die Scheune mit dem großen Hafersilo, das dem Projekt seinen Namen gab, ist noch zur Unterbringung von landwirtschaftlichen Geräten verpachtet. Stella Benecke ist bewusst, dass es andere, wahrscheinlich deutlich lukrativere Möglichkeiten zur „Verwertung“ des stolzen Familienbesitzes gibt, etwa die Umwandlung der Grünflächen in Baugrundstücke.
Diesen Weg sind ja nicht nur in Elstorf viele Landwirte und Grundeigentümer gegangen – und haben stark davon profitiert. „Ich bin manchmal etwas utopisch unterwegs“, sagt die Jungunternehmerin, die vor einem Jahr das „Soultide“, ein Studio in Hammerbrook für Yoga, Poledance und Luftakrobatik, übernommen hat. „Aber man muss auch mal andere, vielleicht etwas ungewöhnliche Wege durchdenken“, ist sie überzeugt.
„Mehr Lebensqualität ist für die Gemeinschaft wichtiger“
Wirtschaftliches Wachstum solle öfter qualitativ ausgelegt werden, findet Stella Benecke. „Mehr Lebensqualität ist für die Gemeinschaft wichtiger, als nur an Standortvorteile oder neuen Wohnraum zu denken“, sagt sie. An ihren Plänen bastelt Stella Benecke bereits seit 2018. Sie spürt eine Verantwortung für die alte Hofstelle, die bereits von ihren Urgroßeltern bewirtschaftet wurde. „Wenn ich alte Briefe lese oder alte Fotos sehe, dann empfinde ich eine große Wertschätzung und Ehrfurcht davor, was meine Vorfahren hier aufgebaut haben“, sagt sie.
So brannte einst der Dachstuhl und der Hof musste 1929 nach dem Durchzug eines Wirbelsturms neu aufgebaut werden. Früher lebten im Haus Auszubildende gemeinsam mit der Familie und Hausmädchen wurden im Gemüseanbau unterrichtet. Auch diese Tradition führt Stella Benecke fort: Sie hat auf einer Wiese der Familie mit Elstorfer Grundschülern einen Schulgarten angelegt, der von den Schülern regelmäßig besucht wird. Mit Projekten dieser Art will Stella Benecke, die für die SPD im Neu Wulmstorfer Gemeinderat sitzt, die Zukunft gestalten – für sich, für ihre Familie, den traditionsreichen Hof und den Ort, in dem sie aufwuchs.
Im Großraum Hamburg könnte es für ihre unkonventionellen Ideen ein großes Kundenpotenzial geben, ist sie überzeugt.