Hollenstedt. In Hollenstedt kommt es bei der Wahl am 12. September zum internen Rathaus-Duell: Fachbereichsleiterin fordert Amtsinhaber heraus
Sie arbeiten beide im selben Haus, nur durch einen Flur getrennt. Bürgermeister Heiner Albers und die Fachbereichsleiterin Bürgerservice im Rathaus, Kerstin Markus, wollen nach der Wahl am 12. September die Samtgemeinde Hollenstedt im Landkreis Harburg mit ihren 12.425 Einwohnern als Bürgermeister für fünf Jahre führen.
Sie kämpfen um die Mehrheit unter den 10.061 Stimmberechtigten. Die parteilose Markus hat die Unterstützung von Grünen, CDU und SPD, Albers die der Wählergemeinschaft Hollenstedt (WGH), der er seit 20 Jahren angehört. Ein Fingerzeig? Glaubt der Bürgermeister nicht. „Wahlen werden von den Bürgern, nicht von Parteien entschieden.“
Erste Frau, die solch hohe Führungsposition innehat
Kerstin Markus kommt aus der Nähe von Bremerhaven und lebt mit ihrem Mann Jürgen seit 1998 in Hollenstedt. Sie haben zusammen fünf Töchter. Die Verwaltungsfachangestellte und Versicherungsfachfrau arbeitet seit 2001 für die Samtgemeindeverwaltung. „Die Stelle habe ich nach einer Initiativbewerbung innerhalb einer Woche bekommen.“ Danach ist sie kontinuierlich aufgestiegen und heute als Fachbereichsleiterin Bürgerservice die erste Frau in der Hollenstedt Verwaltung, die eine solche Führungsposition innehat.
Die 58-Jährige denkt vor allem langfristig, hat Gebührensatzungen und Bedarfspläne für Feuerwehr und Friedhof aufgestellt und dafür gesorgt, dass ausreichend Plätze in Kitas und Krippen bereitstehen. „Wir können jetzt allen Kindern einen Platz anbieten. Damit stehen wir richtig gut da“, freut sich Markus.
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Vor zwei Jahren hatten sie die SPD im Ort erstmals angesprochen, ob sie sich eine Nachfolge von Albers vorstellen könne. Ein Jahr hat sie sich für ihre Entscheidung Zeit gelassen. Ja, aus ihrer Führungsposition heraus kann sie sich den Sprung an die Spitze vorstellen. Im Februar hat sie ihrem Chef ihre Kandidatur mitgeteilt. Egal wie die Wahl ausgeht: Sie haben vereinbart, weiter loyal zusammen zu arbeiten so wie sie es bisher tun.
Bürgermeister wollte keinen zu frühen Wahlkampf in der Pandemie
Bürgermeister Albers hatte sich zum damaligen Zeitpunkt für seinen Entschluss noch „bedeckt gehalten. Ich wollte keinen zu frühen Wahlkampf mitten in der Corona-Pandemie.“ Zudem war ihm das Votum der Generalversammlung der Wählergemeinschaft wichtig. Die sprach sich Anfang Juli deutlich für seine neue Kandidatur aus. Der 56-Jährige, eine Tochter, ist Seiteneinsteiger, ausgebildeter Garten- und Landschaftsgärtner und Sozialpädagoge mit Abschluss an der damaligen Fachhochschule Lüneburg. Vor seinem Antritt als Bürgermeister zum 1. Januar 2014 arbeitete er in Leitungsfunktionen für behinderte Menschen, zuletzt als Geschäftsführer in der Neu Wulmstorfer Elterninitiative LeA.
Der Samtgemeindebürgermeister „durch und durch“ wohnt in seinem Elternhaus und legt großen Wert darauf, neben den regelmäßigen Sprechstunden auch beim Einkaufen, in den sozialen Medien oder beim Spaziergang von den Bürgern ansprechbar zu sein. Dass er Verwaltung nicht gelernt hat, hält er für keinen Nachteil. „Das sind alte Zöpfe. Ich bin Hollenstedter und habe mir während meiner Amtszeit großes, zusätzliches Wissen erworben“, so Albers. Zudem habe er Themen gesetzt. Er rechnet vor: In seinen siebeneinhalb Jahren an der Spitze der Samtgemeinde kamen 1097 Vorlagen von der Verwaltung. Dagegen stehen gerade zwölf Anträge und zehn Anfragen der Parteien.
Bei den wichtigen Projekten sind sich Konkurrenten einig
Bei den wichtigen Projekten für die Samtgemeinde sind sich Markus und Albers weitgehend einig. Mit im Vordergrund steht ein neues Rathaus, dass das alte, abgängige von 1965 ersetzen soll. Ein Projekt für vier bis sechs Millionen Euro, das schon beim Vorgänger von Albers diskutiert wurde. Ein Grundstück, auf dem eine Gärtnerei stand, hat die Samtgemeinde inzwischen von der Gemeinde bekommen. Beide Kandidaten rechnen mit einem Baustart 2023.
Für die Kinder in der weiter wachsenden Samtgemeinde werden in Appel, Halvesbostel und Moisburg die Kitas ausgebaut. „In Moisburg wollen wir die kleinere Grundschule aufwerten, ihren Einzugsbereich vergrößern und damit die Grundschule in Hollenstedt entlasten“, sagt Albers. Dafür ist in Moisburg ebenfalls ein Ausbau geplant.
Bürgermeister hat „keinen Plan B“ für den Fall der Niederlage
Einig sind sich der Bürgermeister und Markus ebenfalls über die Zukunft der Oberschule, die gerade einen Anbau erhalten hat. Sie soll zur Integrierten Gesamtschule (IGS) werden, möglichst mit Oberstufe. Dann könnten Schüler künftig in Hollenstedt auch Abitur machen.
Für die Zukunft will Markus einen Plan bis 2030 aufstellen. „Dafür würde ich gern mit Politik und Bürgern zusammenarbeiten und Themen wie Finanzen, Bildung, Mobilität, Demografie, Arbeit und Wirtschaft in Einklang bringen.“ Albers blickt auf den Haushalt der Samtgemeinde und fordert, dass Land und Landkreis künftig die Finanzierung der Kinderbetreuung übernehmen.
Die Chancen? Der Bürgermeister hat „keinen Plan B“ für den Fall, dass er unterliegt. Markus würde ihre Aufgaben im Rathaus weiter erfüllen. Sowohl die Fachbereichsleiterin als auch Albers haben schon Applaus erhalten. Sie in Ratssitzungen, Albers von der Wählergemeinschaft, als er die zweite Kandidatur ankündigte. Es dürfte spannend werden.