Winsen/Buchholz. Am 12. September werden Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte gewählt und Bürgermeistersessel neu besetzt. Abendblatt startet Wahlserie
Jetzt stehen wieder überall die Wahlplakate. An Zäunen, Laternenpfählen, Bäumen und auf großflächigen Aufstellern machen die unterschiedlichen Parteien derzeit überall Werbung für sich. Mediale Aufmerksamkeit hat dabei vor allem die Bundestagswahl am 26. September mit der Frage, wer Langzeit-Regierungschefin Angela Merkel ins Kanzleramt folgt. Gern ist auch von einer Richtungswahl die Rede.
Weniger Aufmerksamkeit haben die Kommunalwahlen in Niedersachsen am 12. September und die Wahlen, bei denen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in zahlreichen Städten und Gemeinden neu bestimmt werden. Dabei sind diese Wahlen für das tägliche Leben und Miteinander in den Kommunen im Grunde viel wichtiger.
Es geht um die Zukunft im eigenen Umfeld
Am 12. September werden die Menschen gewählt, die anschließend fünf Jahre lang darüber beraten und entscheiden, wie sich das unmittelbare Lebensumfeld im Landkreis, in der eigenen Stadt oder Gemeinde entwickeln wird. Häufig wird den Menschen, die in der Kommunalpolitik aktiv sind, unterstellt, sie dürften ohnehin nichts entscheiden. Das ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall.
Wo neue Baugebiete entstehen, entscheiden die Stadt- und Gemeinderäte. Wo eine neue Buslinie eröffnet wird und wie oft sie fährt, verhandelt eine Stadt- oder Landkreisverwaltung. In welchem Zustand die Schulgebäude sind, hängt davon ab, wie eine Kommune dafür Sorge trägt. Eine ausreichende Zahl von Kita-Plätzen liegt ebenso im Entscheidungsbereich der Städte und Gemeinden sowie die Frage, wo Altenheime entstehen und auch, wo Flüchtende untergebracht werden.
Naturschutz, wo es grünt und blüht, Baumschutzsatzungen, innerörtlicher Verkehr, Radwegeplanung und Umsetzung, ja – wo Windkraftanlagen oder Gewerbegebiete entstehen: All diese Entscheidungen fallen nicht im Kanzleramt oder in der Staatskanzlei in Hannover, sondern in den Rathäusern und den Kreistagen der Landkreise Harburg, Lüneburg und Stade.
Kreistag, Stadtrat, Gemeinderat und Ortsrat
Am 12. September entscheiden die Wählerinnen und Wähler in den Landkreisen Niedersachsens über die Zusammensetzung des Kreistags, der Stadt- und Gemeinderäte sowie der Ortsräte in einigen Gemeinden. Im Kreistag fallen die für den Landkreis Harburg wichtigen Entscheidungen für das gesamte Kreisgebiet. Dazu gehören sehr viele Themen aus dem Bereich Infrastruktur, Straßen- und Radwegebau, Schulen und der wichtige Bereich Naturschutz. Auch die beiden Krankenhäuser in Winsen und Buchholz sind auf dieser Ebene angesiedelt.
Die Stadt- und Gemeinderäte sind zuständig für Bereiche wie Kanalbau, Fußgängerzonen, Tempo-30-Zonen, Kindergärten und Schulgebäude und den wichtigen Bereich der Bauleitplanung, also wo ein neues Baugebiet entsteht und wie es aussehen soll. Auch die Frage, ob eine Stadt oder Gemeinde Grundstücke aufkaufen soll, damit die Baulandpreise nicht durch die Decke gehen, wird im Gemeinderat entschieden.
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Die Ortsräte haben weniger Einfluss. Sie beraten die Angelegenheiten in ihren Dörfern, können Beschlüsse fassen, die allerdings nur eine Empfehlung sind. Formal entschieden werden die Themen dann im jeweils zuständigen Gemeinderat. Die Ortsräte haben auch keine eigene Hoheit über einen Etat. Weil Mitglieder in den Ortsräten nicht selten auch einen Sitz im Gemeinderat haben, gibt es aber sehr wohl Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen.
Wahlalter, viele Listenund bis zu neun Stimmen
Die Kommunalwahl ist eine sehr gute Möglichkeit für jungen Menschen, sich politisch einzubringen. Wählen dürfen alle deutschen Staatsbürger oder eines anderen EU-Landes, die 16 Jahre und älter sind. Wer mindestens 18 Jahre alt ist, darf auch zur Wahl aufgestellt werden. Am 12. September bekommen die Wahlberechtigten eine Liste mit Kandidaten für die Kreistagswahl, eine für Stadt- oder Gemeinderat und eventuell eine für die Ortsratswahl. In einer Gemeinde wie Seevetal also drei Listen. Für jede Liste hat jeder Wahlberechtigte drei Stimmen. Die können beliebig auf die Kandidatinnen und Kandidaten verteilt werden, also alle drei Stimmen für eine Person, oder jeweils nur eine für drei Personen. Diese Stimmen können auch der gesamten Vorschlagsliste einer Partei gegeben werden. Eine Sperrklausel wie eine Fünf-Prozent-Hürde gibt es nicht.
Bürgermeister sind die Chefs der Kommunalverwaltung
In vielen Städten und Gemeinden gibt es am 12. September noch einen vierten Wahlzettel. Dort wird ein neuer Bürgermeister gewählt. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind die Chefs ihrer jeweiligen Stadt- oder Gemeindeverwaltung. Darüber hinaus haben sie im Rat Stimmrecht und sind nicht selten das berühmte Zünglein an der Waage. Aufgrund ihrer herausgehobenen Position werden sie direkt von den Wahlberechtigten gewählt. Dafür gibt es nur eine Stimme, die einer Person auf dem Wahlzettel gegeben werden kann.
Dabei stehen in einigen Kommunen durchaus Richtungswechsel an, die dem in der Bundespolitik in nichts nachstehen. So gilt es in Lüneburg, eine Nachfolge für Oberbürgermeister Ulrich Mädge zu finden, der seit mehr als 30 Jahren im Amt ist. Im Landkreis Harburg steht die Neuwahl der Verwaltungsspitze unter anderem in Buchholz, Seevetal, Tostedt, Neu Wulmstorf, Rosengarten, der Elbmarsch oder Hollenstedt an.
Es ist absehbar, dass bei etlichen Bürgermeisterentscheidungen mit mehreren Kandidaten niemand im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit von mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen erreichen wird. Dann kommt es zur Stichwahl am 26. September zwischen den beiden Kandidaten mit den größten Stimmanteilen.
Buntes Parteienspektrum, lebhafte Diskussionen
Wer in Kreistag, Stadt- und Gemeinderat gewählt wird, arbeitet ehrenamtlich, setzt also seine Freizeit in erheblichem Maß dafür ein, sich mit den vielfältigen Fragen des Alltags in einer Gemeinde zu beschäftigen.
Die Kommunen in der südlichen Metropolregion haben sich in den vergangenen Jahren zu Hochburgen des politischen Engagements jenseits der traditionellen Parteien entwickelt. Vor allem Wählergemeinschaften haben für neues Leben und eine intensive Diskussionskultur in den Räten gesorgt. Sie sind ein deutliches Zeichen für die moderne Beschäftigung mit Politik, die sich eher aus konkreten Projekten als tradierten Programmen speist. Ein weiterer Grund, die anstehenden Kommunalwahlen als wichtigen Baustein der Demokratie einzuschätzen. Wahlberechtigt sind rund 210.000 Menschen im Landkreis Harburg. Vor fünf Jahren haben allerdings gerade einmal 57 Prozent von ihnen ihre Stimmen abgegeben.
Zur Wahlserie im Regionalteil des Hamburger Abendblattes
Die Regionalausgabe Harburg des Hamburger Abendblatts wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, in den kommenden Wochen in Form einer Serie Menschen präsentieren, die sich in Zukunft in der Kommunalpolitik engagieren wollen und sich deshalb zur Wahl stellen. Sie kommen aus unterschiedlichen Kommunen und unterschiedlichen Parteien, sie gehören verschiedenen Altersgruppen an. Doch eines haben sie alle gemeinsam: Sie treten zum ersten Mal an und sind voller Engagement.