Winsen. Laut Medienberichten dürfen am Standort Winsen nur OP-Masken getragen werden. Wie das Unternehmen die Regel begründet.

Der Vorwurf wiegt schwer: Laut Politmagazin Panorama soll das Unternehmen Amazon seinen Mitarbeitern am Standort Winsen das Tragen von FFP2-Masken verboten haben. Per Aushang, wie eine ehemalige Mitarbeiterin bezeugt. Ausschließlich medizinische Masken seien erlaubt. Warum? Grund dafür sollen Arbeitsschutzrichtlinien sein, die bei FFP2-Masken mehr Pausen vorschreiben, weil sie das Atmen erschweren. Pausen bedeuten Einbußen: Das wolle sich der Corona-Gewinner nicht leisten, so Panorama weiter.

Andere Unternehmen verteilen dagegen gerade diese Masken an ihre Mitarbeiter, weil sie eben als der derzeit beste Schutz gegen das Virus gelten. Denn sie können nicht nur die eigenen ausgeatmeten Partikel abhalten, sondern schützen den Träger auch vor denen anderer Menschen in ihrer Umgebung. Deshalb gibt wohl auch der Staat bundesweit diese Masken an ältere Menschen gegen Berechtigungsschein aus.

Amazon bestätigt Maskenverbot auf Abendblatt-Anfrage

In Winsen sollen FFP-2-Masken aber Hausverbot haben. Auf Abendblatt-Nachfrage, ob ein solches Verbot besteht, sagt Amazon-Pressesprecher Michael Schneider am Freitag: „Es gibt eine Anweisung zum Tragen von medizinischen Masken. Ausnahmen müssen mit dem Vorgesetzten besprochen werden.“

Mit Blick auf den aktuellen Medienbericht stellt er aber klar: „Diese Darstellung ist bewusst irreführend.“ Die Gesundheit der MitarbeiterInnen habe allerhöchste Priorität. „Der Abstand zwischen den Arbeitsplätzen ist ausreichend und eine medizinische Maske bietet den KollegInnen zusätzlichen Schutz. Dies wurde von Gesundheitsbehörden wiederholt bestätigt“, so der Sprecher.

Bei Amazon in Winsen arbeiten 2000 Mitarbeiter

In Winsen arbeiten rund 2000 Mitarbeiter im Schichtdienst für den Konzern auf einer Fläche von 64.000 Quadratmetern. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden an diesem Standort laut Schneider zahlreiche Maßnahmen ergriffen. Darunter: Temperaturmessung im Eingangsbereich, Einbahnstraßenregelung, Zwei-Meter-Abstand zwischen den Arbeitsplätzen, Maskenpflicht auch in den eigens eingesetzten Shuttlebussen vom Bahnhof bis zum Winsener Standort, Plexiglas sogar zwischen den Waschbecken auf den Toiletten.

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„Wir stellen für alle MitarbeiterInnen kostenlose medizinische Masken bereit. Dadurch stellen wir sicher, dass alle genutzten Masken zertifiziert sowie von hoher Qualität sind“, zählt Schneider weiter auf. Zudem würde den Mitarbeitern PCR-Tests angeboten. „Wir gehen damit weiter als die meisten Arbeitgeber. Etwas anderes zu behaupten, ist also schlichtweg falsch.”

Betriebsratsvorsitzende von Amazon beschwichtigt

Auch die Betriebsratsvorsitzende aus Winsen Iris Körner bezieht deutlich Stellung: „Ich kann die Aufregung nicht nachvollziehen. Der Arbeitgeber hat alle erforderlichen Schutzmaßnahmen gut umgesetzt. Hier am Standort gibt es ausreichend Abstand, kostenlose freiwillige Tests und die medizinischen Masken bieten einen zusätzlichen Schutz.“

Von einer Übererfüllung der Schutzmaßnahmen kann aus Sicht von Detlev Schulz-Hendel keine Rede sein. „Und schon wieder Amazon, Winsen“, sagt der grüne Landtagsabgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecher in Niedersachsen. „Als Gewinner der Pandemie täte der Online Händler gut daran gerade den Arbeitsschutz seiner MitarbeiterInnen auf einem hohen Niveau zu halten. Allerdings scheint Amazon dies wenig zu interessieren.“ Und er kritisiert weiter: „Anders ist es nicht zu verstehen, dass man im Werk Winsen das Tragen von FFP2-Masken untersagt hat und damit erneut negative Schlagzeilen macht.“

Kreis führe Kontrollen bei Amazon in Winsen durch

Das jetzige Beispiel zeige erneut, wie wichtig wasserdichte Regelungen für den Infektionsschutz am Arbeitsplatz seien. Gleichzeitig würde der Fall, so Schulz-Hendel, zeigen, dass kein effektives Kontrollsystem für den Arbeitsschutz besteht. „Die Landesregierung muss endlich die Gewerbeaufsichtsämter personell aufstocken und sie in die Lage versetzen auch in der Pandemie sichere und unangekündigte Kontrollen durchführen zu können“, fordert er. Das Nichthandeln der Landesregierung für eine umfassende, engmaschige Kontrolle durch die Gewerbeaufsichtsämter erschwere die Umsetzung des Infektionsschutzes am Arbeitsplatz.

Die Aufsichtsbehörde sitzt in diesem Fall ebenfalls in Winsen. Und zwar handelt es sich um die Kreisverwaltung. Auf Abendblatt-Anfrage hieß es von dort am Freitag, dass es sehr wohl Kontrollbesuche bei Amazon in Winsen gegeben habe. Wie viele und wann, dazu möchte die Kreisverwaltung noch konkrete Zahlen nachliefern. Das Hygienekonzept sei aber mit der Aufsichtsbehörde abgestimmt. Gesetzlich gibt es auch keine Vorschrift, die Unternehmen dazu zwingt, das Tragen von FFP2-Masken ihren Mitarbeitern in Pandemiezeiten vorzuschreiben.