Kreis Harburg. Landesbausparkasse vergleicht Angebote in Niedersachsen. Im Kreis Harburg sind Wohnungen teurer als Häuser und die Nachfrage wächst.

Der Trend ist eindeutig – er geht weiter nach oben. Die Preise für Wohnungen im Landkreis Harburg sind von 2018 bis zum ersten Quartal 2021 jährlich um zwölf Prozent gestiegen. Das geht aus dem Kaufpreisspiegel hervor, den die LBS Norddeutsche Landesbausparkasse Berlin – Hannover (LBS Nord) jetzt vorgelegt hat.

Für Niedersachsen hat das Berliner Institut empirica die Angebote für gebrauchte Eigentumswohnungen in Tageszeitungen und Online-Portalen des Bundeslandes ausgewertet. Die Volksbank Lüneburger Heide und die Sparkasse Harburg-Buxtehude bestätigen die Auswertung. Gleichzeitig fehlen im Landkreis Harburg laut dem hannoveraner Pestel-Institut derzeit 7200 Mietwohnungen für Senioren, die zumindest barrierearm ausgestattet sind. „Dieser Mangel wird in den kommenden Jahren noch zunehmen“, ist Instituts-Leiter Matthias Günther überzeugt.

Im Landkreis Harburg kostet ein Quadratmeter Wohnraum um die 3000 Euro

Der Preisauftrieb für Eigentumswohnungen ist auch im Landkreis Harburg ungebremst. „Für einen Quadratmeter Wohnraum in mittleren Lagen müssen inzwischen um die 3000 Euro bezahlt werden. Damit sind Wohnungen teurer als Häuser“, sagt Martin Tischendorf, Vertriebsleiter Immobilien bei der Sparkasse. Das Angebot sei knapp, Interessenten würden aufgrund der niedrigen Zinsen mehr bezahlen. Denn zehnjährige Finanzierungen kosten nur um die 1,5 Prozent. „Die steigenden Mieten sind ein weiteres Argument für Käufer“, so der Chef eines 20-köpfigen Teams, das sich bei der Sparkasse um Immobilien kümmert. Tischendorf erwartet weiter steigende Preise und empfiehlt trotz allem bei Immobilien zuzugreifen: „Sie sind die nachhaltigste Investition.“

Doch einen Zuschlag zu erhalten, wird zusehends schwieriger. „Das größte Problem ist derzeit, an Objekte heran zu kommen“, sagt Frank Krause, der Geschäftsführer der Immo-Konzepte GmbH, einer Tochter der Volksbank. Zum einen orientierten sich viele Hamburger in Richtung Landkreis, weil sie sich nach der Erfahrung der Corona-Pandemie nach mehr Platz sehnten und die Digitalisierung das Home-Office erleichtere. „Viele Objekte kommen aber gar nicht mehr auf den Markt, weil Freunde oder Bekannte von den Verkaufsabsichten hören und zugreifen“, weiß Krause. Allerdings warnt der Geschäftsführer vor Direktverkäufen ohne Makler: „Sie bergen erhebliche Risiken in sich, was die Marktwerteinschätzung sowie die Vertragsabwicklung betrifft.“

Martin Tischendorf, Vertreibsleiter Immobilien bei der Sparkasse Harburg-Buxtehude
Martin Tischendorf, Vertreibsleiter Immobilien bei der Sparkasse Harburg-Buxtehude © Sparkasse Harburg-Buxtehude | Sparkasse Harburg-Buxtehude

„Auch auf dem Land steigen die Preise wegen der höheren Nachfrage“, ist das Fazit von Jan Putfarken, Vorstandsvorsitzender der LBS Nord. So werden die höchsten Wohnungspreise niedersachsenweit außerhalb von Hannover im Landkreis Aurich verlangt. Der Standardpreis liegt hier bei 3320 Euro pro Quadratmeter, die Spitzenpreise erreichen mindestens 5900 Euro. Allerdings gilt für den Kreis eine Sondersituation. Die Objekte auf Norderney und Juist treiben den Durchschnitt in die Höhe. Standardpreise über 3000 Euro pro Quadratmeter bezahlen Wohnungsinteressenten auch in den Kreisen Wittmund (3278 Euro) und Ammerland (3101 Euro).

Steigende Preise und kaum Angebote sind nicht allein das Problem

Gleich darauf, an vierter Stelle in Niedersachsen, folgt der Landkreis Harburg mit 2986 Euro. Lüneburg und Stade liegen mit 2818 und 2746 auf Platz acht und neun. Zum Vergleich: Mit durchschnittlich 3477 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche in einer gebrauchte Eigentumswohnung werden in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover die höchsten Wohnungspreise unter den zehn größten Städten in Niedersachsen aufgerufen.

Steigende Preise und kaum Angebote sind aber nicht das einzige Problem. Auch Senioren geraten unter Druck. „Viele von ihnen würden ihre größeren Immobilien gern verkaufen und sie damit für Familien frei machen“, weiß Sparkassen-Vertriebsleiter Tischendorf. „Doch es gibt auf dem Markt für Wohnungen eben keine Alternativen.“ Dazu kommt: Für ältere Menschen reicht oft die Rente nicht für die Miete und viele Wohnungen seien zudem nicht seniorengerecht. Darauf hat jetzt das Pestel-Institut hingewiesen, das sich seit 15 Jahren mit sozialem Wohnen befasst.

Frank Krause, Geschäftsführer der Immo-Konzepte GmbH, einer Tochter der Volksbank Lüneburger Heide
Frank Krause, Geschäftsführer der Immo-Konzepte GmbH, einer Tochter der Volksbank Lüneburger Heide © Volksbank Lüneburger Heide | Volksbank Lüneburger Heide

Um Mieter auf Vermieter aufmerksam zu machen, bei denen nicht der Profit, sondern sozial kalkulierte Mieten und eine gute Wohnqualität im Fokus stehen, hat das Institut Ende Mai das Label „Mein Fair-Mieter“ eingeführt. Dafür gelten strikte Kriterien. Allen voran eine bezahlbare Miete: „Für den Kreis Harburg bedeutet dies, dass die durchschnittliche Nettokaltmiete in Buchholz 8,50 Euro, in Neu Wulmstorf, Seevetal und Stelle 8,00 Euro pro Quadratmeter im Monat betragen darf. In Rosengarten und Winsen liegt die Obergrenze bei 7,50 Euro und in den übrigen Kommunen bei 7,00 Euro,“ sagt Pestel-Chef Günther.

Wichtig für die Label-Vergabe für Vermieter sei auch die Zahl ihrer Wohnungen, die keine oder möglichst wenige Barrieren haben. Maximal 3000 davon gebe es im Landkreis Harburg, schätzt das Institut. „Doch nur in rund der Hälfte von ihnen leben tatsächlich ältere Menschen. Altersgerechte Wohnungen ohne Schwellen und mit breiten Türen sind attraktiv für Familien, weil sie auch für Kinderwagen geeignet sind“, sagt Günther. Er geht für den Kreis Harburg von rund 8700 Haushalten aus, in denen Senioren leben, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Da nur 1500 von ihnen in geeigneten Räumen wohnten, fehlten etwa 7200 Seniorenwohnungen.

Pestel-Institut entwickelt Gütesiegel für seniorengerechte Wohnungen

Der Mangel an solchen Wohnungen wird nach Berechnungen des Pestel-Instituts in den kommenden Jahren steigen. Hintergrund: Die Babyboomer, die in den 1960er Jahren geboren wurden, kommen bald ins Rentenalter. So soll es im Jahr 2035 im Kreis Harburg bereits 11.500 Haushalte mit Menschen geben, die sich allenfalls mit Anstrengung und Hilfen bewegen können – ein Plus um 32 Prozent.

„Vor allem gemeinnützige Gesellschaften warten seit langen auf ein Gütesiegel“, ist Günther überzeugt. Das Institut hat jetzt darauf reagiert und empfiehlt im Zuge von Sanierungen immer einen Teil der Wohnungen seniorengerecht umzubauen.

Was wohnen kostet:

  • Im Landkreis Harburg kostete ein Quadratmeter Wohnraum in einer gebrauchten Eigentumswohnung 2018 noch 2108 Euro. Zu Beginn diesen Jahres waren es schon 2986 Euro. Das hat das Institut empirica für die Landesbausparkasse Nord ermittelt.
  • In den Kreisen Lüneburg und Stade gab es eine ähnlich Entwicklung. Im gleichen Zeitraum stiegen die Werte für Lüneburg von 2093 auf 2818 und für Stade von 1912 auf 2746.
  • Am günstigsten in Niedersachsen ist es in Salzgitter. Dort finden sich Angebote von 1350 Euro für einen Quadratmeter Wohnraum.