Seevetal. Auf 2,5 Hektar Fläche hat der Verein Wassermühle Karoxbostel einen Kultur- und Mitmachgarten angelegt. Er steht allen offen.

Es ist der Moment, auf den Hein Benjes seit vier Jahren hingefiebert hat. Seit dem Tag, als der ehemalige Schulleiter und Gärtner zum ersten Mal auf der großen grünen Wiese an der Karoxbosteler Mühle stand und eine Idee hatte. Die Idee von einem Garten, der nicht nur die Geschichte der historischen Mühle und der Seeveregion widerspiegelt, sondern auch Groß und Klein zum Mitmachen einlädt – und damit Generationen verbindet.

Jetzt sitzt der 85-Jährige auf der Bank inmitten des blühenden Mühlengartens, während die dreijährige Lene gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester Nora barfuß über das Gehölz balanciert. Genau so hatte es sich der 85-Jährige vorgestellt, als er 2017 den Mühlenfreunden einen Plan für die Umgestaltung der Wiese zum Kultur- und Mitmachgarten in die Hand drückte und sagte: „Macht was draus!“ Die Mühlenfreunde des Vereins Karoxbosteler Wassermühle haben etwas daraus gemacht.

Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast weihte den Garten ein

Sie haben Fördergelder akquiriert, Landschaftsgärtner ins Boot geholt und selbst zu Schaufel und Spaten gegriffen. Gemeinsam schufen sie „Doras Garten“. Jetzt wurde der Kultur- und Mitmachgarten eingeweiht. Und zwar von Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast. Diese nutzte ihre Sommertour durchs Land dazu, das rote Band am schmiedeeisernen Eingangsbogen des Gartens zu zerschneiden und betonte den Wert und Wichtigkeit erfolgreicher Regionalentwicklung. „Was für ein schöner Ort“, schwärmte die Ministerin. „Hier geht einem das Herz auf.“

Sie sei froh zu sehen, dass die Gelder, die das Land Niedersachsen den Kommunen zur Dorfentwicklung zur Verfügung stelle, gut angelegt seien. „Wir unterstützen gerne die Pläne mit finanziellen Mitteln“, so die Ministerin. Entscheidend seien aber die Menschen vor Ort, damit aus einem geförderten Projekt ein Erfolg werde.

Die Mühlenfreunde rund um die Vereinsvorsitzende Emily Weede also, die auf dem zweieinhalb Hektar großen Gelände gegenüber dem historischen Mühlengebäude für 280.000 Euro einen Garten angelegt haben, der die einstmals so vielfältige Kulturlandschaft der Winsener Elbmarsch abbildet und alle Sinne ansprechen soll. „Auf dem Gelände sollen die Besucher erleben, wie die Landschaft in unserer Heimatregion ursprünglich ausgesehen hat“, sagt Emily Weede, die mit ihrem Engagement rund um die historische Wassermühle dazu beitragen möchte, die Identifikation der Menschen mit der Region zu stärken.

Erleben der Natur, Vermittlung alter Techniken in natürlicher Umgebung

Dies soll nicht nur durch das Kennenlernen der einstmals so vielfältigen Kulturlandschaft ermöglicht werden, sondern auch durch das Erleben der Natur sowie das Vermitteln alter Techniken in natürlicher Umgebung. In dem Nutzgarten – benannt nach der letzten Karoxbosteler Müllerin Dora – gedeihen nun Kartoffeln, Radieschen, Kohlrabi, Kürbisse, Spinat, Bohnen, Schwarzwurzeln und Erbsen. In Schaubeeten und einem Obstgarten lebt das alte Gartenland der Mühle wieder auf. In der Mitte einer großen Blühwiese steht ein Storchenpfahl, der bereits bezogen wurde.

Heinrich Benjes, ehemaliger Schulleiter und Gärtner hatte die Idee für den Kultur- und Mitmachgarten.
Heinrich Benjes, ehemaliger Schulleiter und Gärtner hatte die Idee für den Kultur- und Mitmachgarten. © HA | Hanna Kastendieck

Ein Tümpel, Marschwiesen und Trockenmauern schaffen neue Lebensräume für Pflanzen und Tiere. An den verschlungenen Wegen stehen Holzskulpturen und unzählige Schilder informieren über die verschiedenen Lebensräume. Der Garten ist barrierefrei gestaltet, so dass die einzelnen Kleinbiotope auch von Besuchern mit körperlichen Einschränkungen aus der Nähe betrachtet werden können. Und wer gut zu Fuß ist, kann auf dem Barfußparcours die Vielfalt natürlichen Bodens erkunden.

Eine Verlockung, der auch die Ministerin und die prominente Gästeschar nicht widerstehen konnten. So entledigten sich der Erste Kreisrat Kai Uffelmann, Karsten Behr von der Bingo-Stiftung und Seevetals Bürgermeisterin Martina Oertzen ihrer Schuhe und bestritten den Weg durch Doras Garten barfuß. Genauso wie die jüngsten Gäste, die dreijährige Lene und ihre ein Jahr alte Schwester Nora, die mit ihrem Vater Martin Primeßnig den Garten erkunden.

Kooperation zwischen Gymnasium Meckelfeld und Wassermühle

Dieser ist Lehrer, unterrichtet am Gymnasium Meckelfeld und wird ab dem kommenden Schuljahr in einer AG das Projekt „Wassermühle Karoxbostel – Natur erleben“ anbieten. Dafür haben Mühle und Gymnasium einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. „Wir wollen Nistkästen, Insektenhotels und Igelunterschlupfe konstruieren“, sagt Martin Primaßnig. „Außerdem wollen wir in Doras Garten Gemüse und Obst anbauen. Die Ernte werden wir dann auf dem Hof zubereiten. Wenn möglich, so wie früher – ohne Strom.“

Genau das können auch alle anderen Besucher tun, die den Garten rund um die Uhr, an jedem Tag der Woche und kostenlos erkunden und nutzen können. „Jeder, der kommt, kann sich hier informieren – oder gleich mitmachen“, sagt Emily Weede. „Kräuter und Gemüse können probiert oder mit nach Hause genommen werden. Doras Garten ist soziale Natur – Natur für alle.“