Karoxbostel. Mit dem Bau lernen die Auszubildenden, wie traditionelle Handwerkskunst funktioniert - und: Sie wollen etwas Bleibendes schaffen

Wenn Max und Stefan Mironow, Lion Versemann, Johanna-Sophie Schoof und Hubert Kornas im Unterricht an den Berufsbildenden Schulen Buchholz (BBS) etwas mauern oder zimmern, sind ihre Erfolge meist nur von kurzer Dauer. Ist die Aufgabe erledigt, wird das Erschaffene zurückgebaut. Das Material wird gereinigt – und am Ende des Tages bleibt: Nichts!

Doch diesmal ist das anders. Die Jugendlichen haben einen echten Auftrag zu erledigen – angefangen vom Fundament bis hin zum Dachstuhl sollen sie ein echtes Gebäude bauen. Ihr Auftraggeber, der Verein Wassermühle Karoxbostel, will auf dem Mühlengelände in unmittelbarer Nähe zur alten Sägerei eine historische Hofschmiede errichten lassen. Und die Bauarbeiten übernehmen die BBS-Schüler.

Nach Corona kann es nun endlich auf der Baustelle weitergehen

Diese haben bereits im Dezember 2019 Maße genommen und das Fundament gegossen. Doch dann kam Corona – und der Betrieb stand über Monate still. Um so mehr freuen sich die Jugendlichen und ihre Ausbilder, Maurermeister Christian Lühmann und Zimmerer Uwe Ostermann darüber, dass es nun endlich auf der Baustelle weitergehen kann und ein Abschluss der Bauarbeiten in Sicht ist. „Wir haben jetzt den Sockel gemauert, die Zimmerer das Fachwerk errichtet“, sagt Christian Lühmann. „In Kürze soll der Dachstuhl aufgesetzt werden, sodass wir hoffentlich im Juli Richtfest feiern können.“

Schmiedemeister Arnold Kahnenbley wird in der historischen Schmiede Kurse geben.
Schmiedemeister Arnold Kahnenbley wird in der historischen Schmiede Kurse geben. © HA | Hanna Kastendieck

Die Idee, den Bau der historischen Schmiede in die Hand der BBS-Schüler zu geben, hatte die Mühlenvereinsvorsitzende Emily Weede. „Wir wollten den Auszubildenden die Möglichkeit geben, etwas Bleibendes zu schaffen. Ein Gebäude, auf das sie stolz sein können“, sagt Weede. „Hinzu kommt, dass wir als Mühlenverein daran interessiert sind, traditionelle Handwerkskunst zu erhalten. Bei dem Bau der Schmiede wurde zum Beispiel mit Holznägeln gearbeitet, es gibt keine Stahlverbindungen.“

Die Schüler können in praktischer Arbeit ihr Wissen aus der Schule umsetzen

Für BBS-Schüler Maximilian Mironov und seine Mitschülerin Johanna-Sophie Schoof ist der Unterricht im Freien und am realen Projekt eine „spannende Herausforderung“. „So etwas macht viel mehr Spaß, als in der Schulwerkstatt etwas zu bauen und es anschließend wieder zurückzubauen“, sagt Maximilian Mironov. Seine Mitschülerin ergänzt: „Ein Gebäude, das stehen bleibt und dauerhaft genutzt wird, ist schon etwas Besonderes. Das motiviert.“

Auch Ausbilder Christian Lühmann ist von der Möglichkeit ein reales, dauerhaftes Gebäude mit seinen Schülern zu errichten, begeistert. „Die Schüler können durch die praktische Arbeit das Erlernte umsetzen. Gleichzeitig unterstützen wir mit unserem Engagement den Mühlenverein.“

10.000 Euro lässt sich dieser den Bau der historischen Schmiede kosten. „Wir stellen außerdem Material und Fläche, die Schule liefert die Arbeitskräfte“, so Emily Weede. „Auf diese Weise profitieren alle Seiten von dem Projekt. Die Schüler bekommen die Möglichkeit zu bauen und etwas Bleibendes zu schaffen, der Verein ein Gebäude für die Schmiede und die Mühlenfreunde und Besucher eine weitere Möglichkeit, eine traditionelle Handwerkstechnik zu erlernen.“

Wassermühle Karoxbostel ist seit 2017 als außerschulischer Lernort anerkannt

Seit 2017 ist die Wassermühle Karoxbostel als außerschulischer Lernstandort für ein praxisorientiertes Lernen anerkannt. Aktuell kooperiert der Verein mit der IGS Seevetal und künftig auch mit dem Gymnasium Meckelfeld. Außerdem arbeitet er projektbezogen mit den Grundschulen in der Region zusammen.

Darüber hinaus werden in regelmäßigen Abständen für Mitglieder Kurse in alten Handwerkstechniken angeboten. In der mit Wasserkraft betriebenen Sägerei veredeln sie Holz aus dem benachbarten Mühlenwald, im Müllerkurs lernen sie, wie ökologisch angebautes Getreide zu Vollkornschrot gemahlen wird und in der Brauerei die Techniken alter Bierbraukunst.

Die BBS-Schüler Tobias Rechlin, Mazen Daabo, Johannes Brinkman, Nick Kramer und Thies Meyer (v.l.) sowie Landschaftsgärtner Kim Koppermann (hinten) sind Teil des Teams, die die historische Schmiede für den Mühlenverein bauen.
Die BBS-Schüler Tobias Rechlin, Mazen Daabo, Johannes Brinkman, Nick Kramer und Thies Meyer (v.l.) sowie Landschaftsgärtner Kim Koppermann (hinten) sind Teil des Teams, die die historische Schmiede für den Mühlenverein bauen. © HA | Hanna Kastendieck

Mit der historischen Schmiede soll nun Ende des Jahres ein weiteres Angebot hinzukommen. Die Ausstattung der Werkstatt mit Esse, Ambossen, Hämmern und Zangen – ein Geschenk der früher in Altenwerder ansässigen Schmiedfamilie Bersuch – ist bereits vor Ort eingelagert und wird, sobald der Fachwerkbau fertig ist, unter Aufsicht des Buchholzer Schmiedemeisters Arnold Kahnenbley, in das neue Gebäude einziehen. Dieser engagiert sich seit Jahren für den Erhalt der traditionellen Handwerkskunst, gibt im Museumsdorf Seppensen Vorführungen für Schulklassen und Interessierte und möchte künftig auch auf dem Karoxbosteler Mühlenhof Schmiedekurse anbieten.

Der Mühlenverein ist für sein Engagement vielfach ausgezeichnet worden

Mit dem jüngsten Projekt, der historischen Schmiede, unterstreicht der Verein Wassermühle Karoxbostel e.V. einmal mehr sein Engagement für den Erhalt des historischen Handwerks. Im vergangenen Jahr erhielt der Verein dafür den Sonderpreis des Bundespreises des Handwerks in der Denkmalpflege. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zeichnen damit die herausragende Qualität der denkmalgerechten handwerklichen Leistungen bei der Restaurierung des Denkmal-Ensembles Wassermühle Karoxbostel aus.

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