Hollern-Twielenfleth. Nahe dem Twielenflether Elbstrand plant die Kette Upstalsboom ein Haus mit 100 Betten. Rolle des Bürgermeisters stößt dabei auf Kritik.

Mit der Fähre fahren Ausflügler vom Fischmarkt ins Alte Land, gönnen sich dann ein Wellness-Wochenende ganz in der Nähe vom schönen Elbstrand in Twielenfleth bei Stade – und schippern am Sonntag mit dem Schiff wieder zurück in die Stadt: So in etwa stellen sich die Planer eines neuen Hotel-Projekts eine ihrer „Gastzielgruppen“ vor.

Die Hotelkette Upstalsboom plant dazu in Hollern-Twielenfleth auf einem heutigen Obstbaumgelände gleich am Deich ein Gebäude-Ensemble im Altländer Stil mit 80 bis 100 Zimmern. Dazu ein Restaurant, ein Bistro, ein Garten-café, Sauna- und Fitnessbereich. Ein Hotel-Vorhaben, das es in dieser Form und Größe laut Stader Tourismusverband bisher nicht in dem Obstanbaugebiet zwischen Hamburg und Stade gibt. „Elbufer Resort Altes Land“, so lautet der Projektname, dessen erste Details – wie berichtet – im Frühjahr bekannt wurden.

Online-Petition gegen Hotel im Alten Land bei Hamburg

Inzwischen gab es eine erste Präsentation vor Ort, am Donnerstagabend will der zuständige örtliche Gemeinderat den dazu nötigen Bebauungsplan auf den Weg bringen. Doch das Vorhaben findet mittlerweile nicht nur Zuspruch, sondern vor Ort auch reichlich Protest: Das werde alles zu groß, so der Tenor der Befürchtungen. Ob es grünes Licht für das neue Hotel gibt, ist daher längst noch nicht ausgemacht.

So gibt es seit Juni bereits eine Online-Petition gegen das Vorhaben. Rund 350 Bürger haben unterzeichnet, davon kommen rund 160 Unterschriften offenbar direkt aus Hollern-Twielenfleth. Die Bewohner des Ortes litten heute schon sehr durch den Verkehr, die Parksituation und den Müll am Strand, heißt es in einem Kommentar einer Unterzeichnerin. Ein großes Hotel würde die Situation nur verschlimmern.

Claus-Harry Eckhoff und sein Sohn Niklas auf ihren Obsthof in Hollern-Twielenfleth. Unmittelbar daneben, wo heute noch Apfelbäume stehen, soll die neue Hotel-Anlage gebaut werden.
Claus-Harry Eckhoff und sein Sohn Niklas auf ihren Obsthof in Hollern-Twielenfleth. Unmittelbar daneben, wo heute noch Apfelbäume stehen, soll die neue Hotel-Anlage gebaut werden. © AT | Axel Tiedemann

Auch Claus-Harry Eckhoff und sein Sohn Niklas lehnen das Hotel strikt ab, das direkt neben ihrem Obsthof entstehen würde. Seit gut 150 Jahren wird er schon von der Familie bewirtschaftet. Claus-Harry Eckhoff hat in den vergangenen 30 Jahren massiv investiert und erweitert. Sein Sohn Niklas ist inzwischen Meister im Obstanbau und will ebenfalls die Tradition fortsetzen. „Wir denken hier in Generationen, nicht für kurzfristige wirtschaftliche Gewinne“, sagt er.

Lesen Sie auch:

Die Befürchtungen der beiden: Durch Hotelgäste und -Betreiber könnte es zu Beschwerden und am Ende Beschränkungen kommen, etwa wenn frühmorgens um vier Uhr Lkw beladen werden müssen. Oder wenn nachts Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, um am Tag Bienen nicht zu gefährden. Versprechungen, die ihnen gemacht werden, sehen sie eher misstrauisch. „Wir wollen uns auch noch künftig weiterentwickeln können, das verträgt sich hier nicht mit einem großen Hotel“, sagt Eckhoff.

Bürgermeister suchte nach Hotel-Betreiber im Alten Land

Einer, der sich hingegen von Anfang an für das Hotel starkgemacht hat und sogar aktiv nach einem Betreiber gesucht hat, ist der umtriebige Gemeindebürgermeister Timo Gerke. Mit dem Bebauungsplan werde das Verhältnis zur Nachbarschaft genau geregelt, verspricht er. Auch eine Umwandlung in Eigentumswohnungen, wie im Ort vielfach als Möglichkeit kolportiert wird, könne es dann nicht geben, weil genau die Hotel-Nutzung festgelegt werde. „Dazu haben wir extra ein Planungsbüro beauftragt“, sagt Gerke

Tatsächlich sieht der Bebauungsplanentwurf beispielsweise vor, dass zum Obsthof der Familie Eckhoff die Parkplätze des Hotels und eine Bepflanzung angelegt werden. Gerke rechnet nach eigenen Angaben trotz der Proteste am heutigen Donnerstagabend mit einer Mehrheit im Rat für das weitere Verfahren. „Gut, es gibt viele Unterschriften, im Dorf leben aber 3620 Menschen“, sagt er.

Zuviel Protest käme für ihn zudem zur Unzeit. Noch ist Gerke Gemeindebürgermeister, der parteilose Schornsteinfegermeister kandidiert aber derzeit auch für den Posten des Samtgemeindebürgermeisters. „Um ein paar mehr Stimmen zu bekommen, hätte ich das Projekt verschieben müssen – aber dann könnte ich nicht mehr in den Spiegel schauen“, so Gerke.

Tourismusverband befürwortet Hotel bei Hamburg

Unterstützung in seiner Argumentation bekommt er unterdessen vom Tourismusverband im Landkreis Stade. „Wir sehen das sehr positiv“, sagt Geschäftsführerin Monika Rulle. Ein solches Hotellerie-Angebot fehle bisher im Alten Land. „Wir müssen bei Anfragen, oft Absagen erteilen“, sagt sie und verweist ebenfalls darauf, dass bei der Planung Rücksicht auf örtliche Gegebenheiten genommen werde. Beispielsweise habe man den Architekten die „Altländer Baufibel“ in die Hand gedrückt, um sich beim Baustil daran zu orientieren. Auch mit dem künftigen Betreiber Upstallsboom habe man eine gute Auswahl getroffen. Rulle sagt: „In der Branche hört man darüber nur Gutes.“

Selbst wenn der Protest das Hotel am Ende dann doch nicht verhindert, bewirkt hat er möglicherweise etwas. Ursprünglich gab es auch Pläne für eine eigene Strandbar des Hotels. Doch davon ist man offensichtlich wieder abgerückt: Am Elbufer selbst sei „keine direkte Nutzung“ vorgesehen, heißt es jetzt.

Über das Unternehmen Upstalsboom:

  • Das 1976 gegründete Unternehmen Upstalsboom ist ein Hotelbetreiber mit derzeit 18 Standorten an Nord- und Ostsee zwischen Emden und Usedom. Dazu zählen Firmenangaben zufolge 70 Hotels, Aparthotels sowie Anlagen mit Ferienwohnungen. Das Unternehmen Upstalsboom beschäftigt rund 700 Mitarbeiter.
  • Der Name Upstalsboom geht auf die Bezeichnung eines „Aufstall-Baums“ zurück, also einer friesischen Thingstätte, wo Zusammenkünfte und Feierlichkeiten abgehalten wurden.
  • Zu den Zielgruppen von Upstalsboom bei dem Altländer Hotel-Projekt gehören laut Beschreibung Radtouristen, Familien aus dem „urbanen Umfeld“ und Naturliebhaber mit besonderem Interesse für die Kulturlandschaft an der Elbe. Aber auch Kurzurlauber und Nebensaisongäste sollen angesprochen werden – gerade mit Wellnessangeboten und  Gastro-Events.